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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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prächtigen Salons der Beletage zu verlassen und bis zu den Kammern unterm Dach hinaufzusteigen?
    Alisa beschloss, sie ein wenig auszuhorchen. Wenn sie schon dazu verdammt war, hier Ewigkeiten bewegungslos auszuharren, konnte sie wenigstens ihren Geist trainieren.
    Was tat die Dracas da hinter Ivys Rücken? Es gelang Alisa nicht, konkrete Gedanken zu empfangen, doch einige Gefühle konnte sie erfassen. Da waren feste Entschlossenheit, es endlich zu schaffen, aber auch Vorfreude auf einen Triumph, der ihr bald beschieden sein würde.
    Was zum Teufel hatte sie vor? Alisa bohrte ein wenig nachdrücklicher.
    Marie Luise stieß einen Schrei aus und griff sich mit der einen Hand an den Kopf. Mit der anderen verbarg sie etwas hinter ihrem Rücken.
    »Wer wagt es?«, keuchte sie und ließ den Blick durch den Salon huschen. Verwirrung machte sich in ihren Zügen breit. Alisa wandte schnell den Blick ab. Ihr durfte auf keinen Fall der Verdacht kommen, die Vamalia habe etwas mit dem fehlgeschlagenen Angriff auf ihren Geist zu tun. Doch zum Glück war die Dracas von sich und den einzigartigen Fähigkeiten ihrer Familie viel zu überzeugt, um auf diese Idee zu kommen. Marie Luise rauschte hinaus und alle atmeten auf.
    Als Alisa und Ivy ebenfalls fertig waren, scheuchte man sie in den
Ballsaal hinunter. Wieder ergab sich keine Gelegenheit, mit Ivy darüber zu sprechen, was sie Beunruhigendes in der Gruft gewittert hatten. Alisa versuchte die Gerüche noch einmal in ihr Gedächtnis zu rufen. Es waren mehrere Spuren gewesen. Mindestens sieben, acht oder gar mehr, und sie hatte das Gefühl, eine genauer zu kennen, als ihr lieb sein konnte. Aber waren nicht alle ihre Angreifer in Irland beim Kampf um Aughnanure vernichtet worden? Im Geist begann sie die Besiegten zu zählen. Sie war sich nicht ganz sicher. War etwa die Vampirin auf dem Kutschbock entkommen?
    Die Dracas unterbrachen ihre Überlegungen. Im Ballsaal angekommen, eröffnete man ihnen nun offiziell, dass die Dracas für den nächsten Abend zu einer besonderen Soiree geladen hatten, wobei das inzwischen auch dem Dümmsten aufgefallen sein musste. Interessant dabei war, wie viele Menschen der Wiener Gesellschaft geladen waren und dass es eine reich gedeckte Tafel geben würde mit Wein und Champagner. In den festlich geschmückten Salons und im Wintergarten würden namhafte Künstler ihre Kompositionen präsentieren. Eine Sopranistin war ebenso geladen wie ein Tenor, der häufig in der neuen Oper sang. Im Ballsaal dann würde ein Ensemble zum Tanz aufspielen. Zu Alisas Bedauern wurde allerdings nicht der Walzerkönig Strauss erwartet. Doch sie tröstete sich damit, dass sicher trotzdem Walzer gespielt werden würden.
    »Dies ist eure Feuertaufe! Ihr müsst euch wie die Damen und Herren des Wiener Adels benehmen und dürft nicht auffallen. Studiert ihre affektierte Haltung, ihre Konversationen und ihre Umgangsformen. Nicht nur für euch, sondern vor allem für den Clan der Dracas ist es wichtig, dass kein Schatten auf dieses Haus fällt und es nicht mehr Gerede gibt als über jede andere Adelsfamilie hier in Wien. Exzentrisch darf man sein, ja, muss man gar, um ganz oben mitzuspielen, aber immer im richtigen Tonfall und mit der stolzen Haltung derer, die wissen, dass sie auf mindestens acht Generationen hochadeliger Vorfahren zu beiden Seiten zurückblicken können.
    »Ich vermute, das heißt, wir sollen keine der Damen mit ihren üppig leckeren Dekolletés bei Tisch aussaugen«, spottete Fernand. Tammo kicherte bei der Vorstellung hemmungslos. Er verstummte
erst, als die Tanzmeisterin plötzlich vor ihm stand. Sie musterte ihn einige Augenblicke stumm. Im Tanzsaal war es völlig still. Alle sahen auf die Altehrwürdige und auf Tammo. Alisa war sich sicher, dass er nun eine Abreibung bekommen würde, und Fernand vermutlich auch.
    »Ja, wir wären euch sehr verbunden, wenn ihr in unserem Haus nicht durch solche Taten von euch reden machen würdet. Vor allem nicht, wenn es sich bei den Opfern um Damen der Gesellschaft handelt! Ihr müsst lernen, was die Gesellschaft bereit ist zu dulden und was nicht. Ein Mord oder auch mehrere sind nicht der entscheidende Punkt! Es kommt darauf an, wer die Tat ausübt, auf welche Weise sie geschieht und wer die Opfer sind.«
    »Ein Mord ist ein Mord und würde stets geahndet werden, wenn die Polizei davon erfährt«, rief Alisa überzeugt.
    Die Altehrwürdige Konstanze wandte sich an Alisa. »Nein, das stimmt nicht. Zumindest gab es Zeiten, als

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