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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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sagte aber nichts, denn beiden war klar, dass dies der Realität keineswegs gerecht wurde. Aber was sollte er tun? Er konnte nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Er betrachtete das tote Mädchen zu seinen Füßen und nickte.
    »In Ordnung. Ich werde mich um sie kümmern. Aber ihr solltet nun schleunigst zum Palais zurückkehren. Ihr werdet bereits gesucht.«
    Luciano fiel es sichtlich schwer, sich von Clarissa zu trennen.
    »Sie kann doch nicht einfach hier auf dem Boden liegen bleiben. Wir müssen ihr zumindest einen Sarg besorgen.«
    »Sie merkt im Augenblick nichts davon«, sagte Hindrik behutsam.
    »Na und? Es ist ihrer einfach unwürdig, sie in einem Lüftungsgang auf dem blanken Boden liegen zu lassen! Außerdem wird sie irgendwann erwachen.«
    »Ob sie es weniger beunruhigend finden wird, in einem Sarg zu liegen als auf dem Boden, ist fraglich«, murmelte Alisa.
    Doch Luciano bestand darauf, seiner Liebsten eine angemessene Ruhestätte zu besorgen.
    »Und wo bekommen wir jetzt einen Sarg her? Oder am besten gleich zwei, damit Hindrik sich hier ebenfalls einquartieren kann?« Ratlos sah sich Alisa um. Wenn man einmal einen Dracas hätte brauchen können, der sich in Wien auskannte, war keiner greifbar.
    »Soweit ich mitbekommen habe, sind die Friedhöfe hier in der Stadt schon über einhundert Jahre nicht mehr in Gebrauch und auch die in den Vorstädten werden nach und nach geschlossen,
seit der riesige Zentralfriedhof im Süden der Stadt eröffnet wurde«, meinte Ivy. »Aber ohne eine Kutsche kommen wir da nicht weiter.«
    »Särge gibt es hier in der Stadt trotzdem«, erinnerte Hindrik. »Nicht die neuesten, aber wenn es ein gebrauchter für die Dame des Herzens sein darf?«
    Luciano schnaubte nur und ging auf den sanften Spott nicht ein.
    »Woran denkst du?«, erkundigte sich Alisa.
    »Als wir vor einigen Wochen auf dem Michaelerplatz warteten, bis eure Vorstellung im Burgtheater zu Ende war, hat mir Matthias von der Gruft unter der Michaelerkirche erzählt. Ich weiß gar nicht mehr, warum. Ach ja, wir sprachen über Leichen, die nicht verwesen und manches Mal fälschlicherweise für Vampire gehalten werden. Jedenfalls stehen dort in den Grüften unter der Kirche jede Menge Särge aus dem vorherigen Jahrhundert, die teilweise natürlich entstandene Mumien beherbergen.«
    Alisa überlegte und schätzte im Geist die Entfernung ab. »Ich glaube, das könnte gehen. Es ist schon recht spät. Zwar scheinen sich viele Mitglieder der Wiener Gesellschaft nachts niemals zur Ruhe zu legen, doch es sind längst nicht mehr so viele Menschen unterwegs, dass wir ihnen nicht ausweichen könnten.«
    »Aber ihr solltet so schnell wie möglich zum Palais Coburg zurückkehren«, erinnerte Hindrik. »Ich komme hier schon zurecht.«
    »Alles zu seiner Zeit«, gab sie zurück. »Jetzt holen wir erst einmal die Särge und Ivy bleibt mit Seymour hier, um auf Clarissa aufzupassen.«
    Die Freunde wussten inzwischen gut genug, dass es Zeitverschwendung war, mit Alisa diskutieren zu wollen, wenn sie sich in dieser Stimmung befand. Nein, da war es einfacher, sich ihrem Willen zu beugen. Und so brachen die beiden Vamalia mit Luciano auf, während Ivy zurückblieb, nachdem sie dem Nosferas hoch und heilig versprochen hatte, Clarissas Körper bis zum letzten Blutstropfen gegen jedwede Gefahr zu verteidigen.
    »Danach können wir dann zum Palais zurückkehren und haben
immer noch genügend Zeit, uns unsere Benimmregeln für das Fest anzuhören oder unsere Kleider noch einen Zoll enger nähen zu lassen, dass sie sich wie eine zweite Haut um den Körper spannen«, fügte Alisa verächtlich hinzu. »Wobei ich mich frage, wie eine Menschenfrau solch ein Kleid tragen kann, wo sie doch gezwungen ist, ständig zu atmen.«
    Hindrik schmunzelte. »Ja, das wird ein ewiges Geheimnis bleiben. Wie gut, dass ihr Vampirinnen nicht durch solch unnütze Dinge gehindert werdet, euch in euren buchstäblich atemberaubenden Kleidern zu präsentieren.«
    »Pah!«, rief Alisa und stürmte allen voraus die Augustinergasse entlang.

SÄRGE AUS DER MICHAELERGRUFT
    »Da kommt jemand.«
    Schon während Málka die Worte aussprach, hatte Aurica selbst bemerkt, dass sich etwas Ungewöhnliches tat. Sie vernahmen ständig Schritte und Hufgeklapper von der Straße oben und vom Michaelerplatz her. Mitglieder des Kaiserhauses und Gäste wurden in den dunkelgrünen Kutschen mit dem goldenen Wappen der Habsburger am Schlag in die Burg hinein- oder herausgefahren, Fiaker und

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