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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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war das? Etwas noch schwärzer als die Nacht. Und kälter als der Sand.
    Da sah er das Loch. Es führte direkt in die Düne hinein, halb von windzerzausten Büschen und Strandgräsern verdeckt. Leo schwebte vorsichtig weiter, als ihn der Schmerz wie ein Schlag traf. Er fiel wie ein Stein zu Boden, überschlug sich ein paar Mal und blieb dann auf dem Rücken liegen. Vorsichtig bewegte er seine Flügel, doch sie fühlten sich seltsam träge an. Alles verschwamm. Er trieb wie in zähem Schlamm oder Treibsand. Sein Blick wechselte zwischen dem der Fledermaus und der normalen Sicht des Vampirs. Da sah er, worauf er lag, und es erfasste ihn ein ungekanntes Grauen. Unter ihm waren die Holzplanken des Stegs, der weit auf die Insel führte. Darauf war sein kleiner Fledermauskörper so hart aufgeschlagen, dass er sich einige Knochen gebrochen hatte. Darunter war eine Schicht Sand, doch die feinen dunklen Körner dazwischen, die wie Ruß aussahen, stellten den wahren Feind dar. Leo stieg die Ahnung von Laudanum in die Nase.
    Oh nein! Das war gar nicht gut.
    Sein Körper begann sich zu winden, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Er fühlte sich so schläfrig. Er sah alles wie durch Nebel, doch es waren nicht die wirbelnden Schwaden der Verwandlung. Leo stöhnte vor Schmerz, als sich ein paar seiner Glieder reckten.
    Leo, Anna Christina? Wo seid ihr? Was ist passiert?, drang Lucianos Stimme durch seine Qual.
    Komm nicht hierher!, rief Leos Geist, doch es war alles in ihm so verwirrt, dass er nicht wusste, ob seine Gedanken Luciano erreichten. Für einen Moment erhaschte er einen Blick auf seine Cousine, die ein Stück weiter unter dem Eingang des Ganges ebenso hilflos zuckend auf dem Bauch lag. Er konnte Arme und Beine sehen. Gefiederte Arme und Beine! Und ein Gesicht, aus dem ein langer, gebogener Schnabel ragte.
    Leo wollte gar nicht wissen, wie er selbst aussah!
    Da vernahm er Schritte. Er hörte sie nicht eigentlich. Er spürte nur das Gewicht auf den Planken. Mühsam drehte er den Kopf.
    »Du siehst schauderhaft aus!«, hörte er Luciano sagen, der sich in seiner normalen Gestalt über ihn beugte. »Und ich fürchte, auch Anna Christinas Zustand ist im Moment nicht dazu angetan, ihre Schönheit zu rühmen.«
    Leo stöhnte. »Quatsch nicht rum. Tu irgendetwas. Ich kann mich nicht vollständig zurückwandeln. Ich stecke fest.«
    »Das ist schmerzhaft, ich weiß«, meinte Luciano, und es klang nicht sehr mitleidig. Für ein paar Augenblicke starrte er nur auf Leo herab und überlegte.
    »Wird das noch was? Oder willst du warten, bis die Sonne aufgeht?« Leo versuchte, sich aufzurichten, aber er war nicht Herr über seine Gliedmaßen, die irgendwo zwischen Vampir und Fledermaus feststeckten.
    »Hier kann ich gar nichts tun«, sagte Luciano und deutete auf den Boden. Er packte Leos verkrüppelte Arme und zog ihn den Steg entlang.
    »Verdammt, was hast du vor?«
    »Vielleicht brauchst du eine kleine Abkühlung?«
    »Was?«
    Luciano gab keine Antwort. Stattdessen spürte Leo, wie er fiel. Wasser spritzte auf, und dann tauchte er zum zweiten Mal in dieser Nacht unter. Luciano umklammerte ihn und zog ihn in die Tiefe.
    Wollte sein Freund ihn ertränken? War das jetzt der Augenblick der Rache für die unzähligen Kränkungen, die der Dracas ihm in den vergangenen Jahren zugefügt hatte?
    Leo wehrte sich.
    Halte still!
    Schon wieder drang ihm Wasser in die Lunge, und sein Brustkorb pumpte. Da verstand er.
    Es war das Pulver gewesen, das seinen Verstand getrübt hatte, redete er sich ein. Nur deshalb war er nicht gleich darauf gekommen, was Luciano vorhatte. Leo öffnete unter Wasser die Augen und sah Lucianos Gesicht dicht vor dem seinen. Er starrte ihn an.
    Wandle dich! Ich versuche, dir zu helfen .
    Leo nickte und konzentrierte sich auf seine Kraft. Der Schmerz und der seltsame Schwindel waren abgeebbt und er konnte die Kraftlinien spüren. Er fühlte auch Lucianos Kraft, die seinen Geist unterstützte.
    Ein Nosferas, der einem Dracas bei der Wandlung helfen musste!
    Schluck deinen Stolz herunter und nimm meine Hilfe an, dann geht es umso einfacher, schlug Luciano ruhig vor.
    Leo nahm die Energie, die ihm angeboten wurde, und vereinte sie mit seinen neu erwachten Kräften. Während die beiden Vampire fest aneinandergeklammert der Oberfläche entgegentrieben, wandelte sich Leos verformter Körper in seine eigene Gestalt zurück. Als sie die Wasseroberfläche durchstießen, fühlte er, dass seine alte Kraft zurückgekehrt

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