Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
Gestalt.
    Drei Möwen tauchten neben den beiden vertäuten Gondeln auf, breiteten die Flügel aus und erhoben sich in die klare Morgenluft.
    Schon als sie aufflogen, war ihnen klar, dass sie nicht weit kommen würden.
    Wir brauchen einen sicheren Unterschlupf, und zwar schnell!
    Leo stieg höher in den Himmel. Er sah den hellen Streifen im Osten. Von Westen her schoben sich düstere Regenwolken heran, doch diese würden den strahlenden Sonnenaufgang, der sich bereits ankündigte, nicht verhindern.
    Fliegen wir nach Norden, schlug er vor. Ich sehe dort mehrere kleine Inseln, die mir nicht bewohnt erscheinen.
    Was nützt uns ein Sandhaufen mit Strandhafer?, wandte Luciano ein.
    Dort drüben sehe ich Gebäude, rief Anna Christina und machte sich schon auf den Weg, so schnell sie ihre Flügel trugen.
    Ruinen, korrigierte Luciano, als sie näher kamen.
    Dann sind sie vermutlich verlassen, was von entscheidendem Vorteil sein kann, meinte Leo.
    Mit jedem Augenblick, den sie näher herankamen, erkannten sie mehr Details, wobei das zunehmende Licht in den Augen schmerzte. Sie hielten den Blick nach Norden gewandt, wussten aber, wie nah die Sonne bereits war.
    Ruinen sind gut, solange sie noch ein Dach haben, stöhnte Luciano, als sie bereits zum Sinkflug übergingen, der eher einem Sturzflug glich.
    Die Anlage war vermutlich eine Einsiedelei von Mönchen gewesen, die aber schon lange verlassen schien, das legten die kleine Kirche mit dem eingestürzten Turm und die drei einfachen Häuser, die um einen mit Unkraut überwucherten Hof angeordnet waren, nahe. Keiner der Häuser hatte mehr ein Dach. Nur noch die Grundmauern ragten auf. Im Innern erkannten sie ein Gewirr aus zerbrochenen Balken, Ziegeln und kleinen Büschen. Nichts, das ihnen Schutz für den Tag bieten würde. Blieb nur noch die Kirche, doch auch ihr Dach war zum größten Teil eingestürzt.
    Uns bleibt keine Wahl, stellte Anna Christina fest, landete und wandelte sich zurück. Leo und Luciano folgten ihr.
    Ausgerechnet eine Kirche, murmelte sie, doch da auch sie bei den Nosferas in Rom gewesen war, konnte das Gebäude ihr keinen Schaden zufügen. Wohl fühlte sie sich in diesen Mauern aber offensichtlich dennoch nicht. Oder lag das nur an dem kläglichen Zustand der Kirche?
    In dem Moment, als sie durch den Torbogen des Portals traten, ging die Sonne auf. Anna Christina stieß einen Seufzer aus, verdrehte die Augen und sackte in sich zusammen. Leo fing sie auf und legte sie auf den von Unkraut bedeckten Boden. Auch Luciano spürte nun den Drang ihrer Natur, doch er erinnerte sich an das, was sie in London geübt hatten, und hielt tapfer die Augen offen.
    »Hier können wir nicht bleiben«, sagte er. Seine Stimme schien von weit her zu kommen. Er deutete nach oben, wo das eingestürzte Dach den grellen Himmel freigab. Im Augenblick standen sie zwar im Schatten der Umfassungsmauern, doch wenn die Sonne im Laufe des Tages aufstieg, würden die Schatten weichen.
    Leo schüttelte den Kopf. Auch seine Worte klangen träge. »Nein, hier ist es nicht gut. Lass uns den Chor untersuchen. Dort ist ein Stück des Dachs erhalten.«
    Sie ließen Anna Christina liegen und machten sich durch das kleine Kirchenschiff zu dem einfachen, halbrunden Chor auf. Leo ließ den Blick schweifen. »Das könnte gehen. Sieh, hier hinter dem Altar wird kein Sonnenlicht eindringen.«
    »Das gefällt mir trotzdem nicht. Es ist viel zu hell und offen«, brummte Luciano.
    »Was anderes kann ich dir nicht bieten.«
    »Gibt es hier keine Grüfte?«, wollte Luciano wissen und suchte den Boden ab, aber auf der flachen Insel hatten die Mönche wie in so vielen Kirchen der Lagunenstadt darauf verzichten müssen, eine Krypta auszuheben. Zu nah war das Wasser im Grund, das auch unter den Häusern den Bau von Kellern unmöglich machte.
    Mit einem Stöhnen ließ sich Luciano hinter dem Altar auf den Boden sinken. »Dann muss es eben dieser Platz sein.«
    Leo zog ihn noch einmal hoch. »Komm, hilf mir, Anna Christina zu holen. Auch ich bin um diese Zeit nicht mehr ganz bei Kräften«, musste er zugeben.
    Gemeinsam trugen sie Anna Christina in den Chor und legten sie hinter dem Altar nieder. Leo zupfte ihr nasses Unterkleid zurecht, dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen die raue Mauer und schloss die Augen. Luciano setzte sich neben ihn. Er nahm sich fest vor, wach zu bleiben, doch noch ehe er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, übermannte ihn der Schlaf, und auch er verfiel in die Todesstarre, die sich

Weitere Kostenlose Bücher