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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Polizei fällt«, sagte sie. »Ich werde auf den Dächern von Venedig für Ordnung sorgen.« Lässig ging sie auf die Tür zu und verschwand.
    Derweil hatte Alisa bereits den Dachboden mit den berüchtigten Bleikammern erreicht. Die Luke stand noch offen, von den Larvalesti und Tammo war jedoch keine Spur mehr zu sehen.
    Sie bewegten sich für Menschen verdammt schnell!
    Alisa kletterte aufs Dach und sah sich um. Die Mitglieder der Oscuri hatten sich aufgeteilt und liefen in verschiedene Richtungen davon. Sie sah vier der Schemen von der Ponte dei Sospiri zum Dach des neuen Gefängnisses springen. Drei nahmen den Weg über den Piazettaflügel in Richtung Markusdom. Aber wo waren Calvino und Nicoletta und wo Tammo?
    Alisa sah sich hektisch um. Da entdeckte sie die Flüchtenden. Sie sah ihren Bruder über das Dach des Rioflügels laufen. Ein Stück vor ihm erkannte sie eine große und eine recht zierliche Gestalt, deren Mäntel sich in einer Böe aufblähten. Das mussten die beiden sein. Noch folgten sie parallel der Dachkante, doch plötzlich schwenkte Calvino nach rechts auf den Kanal zu. Alisa hörte Nicolettas Schrei. Sie umklammerte den Arm ihres Vaters.
    »Wir können da nicht hinüber!«
    Auch Tammo rief ihnen zu, anzuhalten. Calvinos Kopf fuhr herum. Er sah Tammo schon sehr nah und Alisa, die über die Dachpfannen ebenfalls auf sie zuschlitterte.
    »Dein Mantel wird dich nicht tragen«, hörte sie Nicoletta rufen, doch ihr Vater packte das Mädchen am Arm. Sie war viel zu zierlich, um dem großen, starken Mann etwas entgegenzusetzen.
    »Spring!«, befahl er.
    »Nein!«, riefen Nicoletta und Tammo gleichzeitig, als Calvino die Dachkante erreichte.
    D ER V ERRÄTER
    Der Lärm drüben im Palast verklang, doch die nachfolgende Stille war fast noch schlimmer. Clarissa knetete ihre Hände und starrte über die Mole zu dem Gebäude hinüber, in dem sich vor ihrem Geist grausige Szenen abspielten. Hatte ein Kampf stattgefunden? War er schon vorüber? Wer hatte den Sieg davongetragen? War jemand verletzt oder gar getötet worden? Oder waren sie jetzt alle verhaftet? Noch war keiner der Bewaffneten im Gefolge des Kommissars wieder herausgekommen. Sie hoffte so sehr, dass alle rechtzeitig hatten fliehen können. Aber wo waren sie dann?
    Fast hätte sie ihn nicht gesehen. Er verschmolz mit dem Grau der Wand. Vielleicht auch, weil sie ihn nicht dort oben erwartet hätte. Clarissa blinzelte und sah dem Schemen zu, der sich geschickt vom Dach der Bibliothek herunterhangelte.
    Wie war der Larvalesti dort hingekommen? Vom Dach des Palasts über die Piazetta hinübergeflogen? Trugen ihre Mäntel sie so weit, ohne an Höhe zu verlieren? Clarissa fühlte Zweifel. Außerdem hätte sie ihn dann sehen müssen, oder nicht? Oder hatte er auf den Dächern den ganzen Markusplatz umrundet? Vom Dogenpalast über den Markusdom hinüber zum Uhrenturm und dann die alte Prokuratie entlang, über den Napoleontrakt hin zur neuen Prokuratie und dann auf das Dach der Bibliothek, unter deren Arkaden noch immer die Bewaffneten ausharrten? Clarissa wusste es nicht. Sie hatte keinen von ihnen mehr gesehen.
    Lief der Maskierte geradewegs in eine Falle? In seinen sicheren Tod?
    Er hatte den Fries über den Arkaden erreicht und war im Begriff, zu Boden zu springen, da trat Clarissa einen Schritt vor und hob die Hand, um ihn zu warnen.
    Was tat sie da eigentlich?
    Sie fuhr zurück und ließ ihre Hand wieder sinken, doch der Schemen hatte sie offensichtlich bemerkt. Er bückte sich und lauschte. Dann schob er sich weiter an der schmalen Seite des Gebäudes entlang, weg vom Arkadengang, der zur Piazetta hin zeigte. Noch einmal hielt er inne, dann öffnete er seinen Mantel und schwebte zu Boden. Das Wasser war ein wenig zurückgegangen, doch noch immer musste er wadentief durch die kalte Flut waten, um zum Anleger zu gelangen. Seinen Blick fest auf Clarissa geheftet, kam er auf sie zu.
    Was sollte sie tun? Das Tau lösen und davonrudern? Sie hatte noch nie eine Gondel gesteuert. Sicher würde es ihr nicht auf Anhieb gelingen.
    Sie zögerte noch immer, als er bereits den Steg betrat. Nun war es zu spät.
    Zwei Sprünge später war er an Bord und trat auf sie zu. Er legte den Kopf schief und versuchte unter die tief ins Gesicht gezogene Kapuze zu spähen.
    »Ich glaube, ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet, Signora. Kennen wir uns?«
    Seine Hand griff nach ihrer Kapuze, doch Clarissa wich zurück.
    »Ich fürchte ja, Signore Leone«, sagte sie leise.
    Sie hatte

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