Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)
kümmere mich darum, wenn wir zurück sind.«
»Ganz sicher?«, wagte Matteo noch einmal nachzuhaken, doch damit ging er endgültig zu weit.
»Wer bist du, Matteo Oscuro, dass du an meinem Wort zweifelst und mir einen Schwur abverlangst?«, polterte der Vater, und Nicoletta konnte geradezu sehen, wie Matteo vor seinem Zorn zurückwich.
»Verzeih, Padre , so habe ich das nicht gemeint«, stieß er beschwichtigend hervor.
»Dann ist das Thema also erledigt«, meinte Edoardo, der verdächtig lange geschwiegen hatte. »Gehen wir. Soll ich Nicoletta wecken?«
»Nein, lass sie schlafen«, wehrte ihr Vater ab. »Sie ist noch nicht wieder ganz bei Kräften. Ich möchte sie am Donnerstag mitnehmen. Bis dahin soll sie sich ausruhen.«
Sie ahnte, dass ihr Vater noch nach ihr sehen würde, ehe er das Boot bestieg, daher eilte Nicoletta ins Bett zurück, zog die Decke bis ans Kinn und schloss die Augen. Sie wollte von ihrem Vater nicht beim Lauschen erwischt werden, und noch weniger wollte sie sich seinem forschenden Blick aussetzen, dem es so oft gelang, ihre Gedanken zu durchschauen. Daher war es besser, sich schlafend zu stellen.
Schon vernahm sie seinen leichten Schritt, der vor ihrem Bett verharrte. Sie spürte, wie er auf sie herabsah, doch sie widerstand dem Bedürfnis, die Augen zu öffnen.
Nicoletta wusste nicht, ob es ihr gelungen war, ihn zu täuschen, oder ob er ihren Entschluss einfach akzeptierte. Jedenfalls beugte er sich herab, strich ihr über das Haar und ging dann zur Tür.
»Wir sind vor Anbruch des Tages zurück«, sagte er, ehe er sie hinter sich schloss und die Treppe in den Hof hinunterstieg, wo die anderen ihn vermutlich erwarteten.
***
Viel brachte ihre Suche nach den Spitzeln der Vermummten nicht. Sie konnten überhaupt nur vier von ihnen aufspüren. Vielleicht, weil die Gedanken des Commissarios zu ungenau gewesen waren oder er selbst es nicht besser wusste. Zwei der Männer, die sie im Sestiere Castello aufspürten, schienen nichts über einen großen Coup zu wissen. Weil es ihn nicht gab oder weil die Larvalesti sie nicht eingeweiht hatten? Sie wussten überhaupt sehr wenig. Alisa hatte gehofft, die Lage zumindest eines weiteren Verstecks herauszubekommen, doch in ihren Köpfen war nichts zu finden. Es waren stets die Larvalesti, die mit den Männern Kontakt aufnahmen, um ihnen eine Aufgabe zu übertragen. Überhaupt schien der jüngere der beiden, ein Zimmermann, der im Arsenal, der großen Werft im Osten der Stadt, arbeitete, weniger ein Spitzel der Polizei zu sein denn ein begeisterter Anhänger der Larvalesti, in deren Auftrag er gezielt Nachrichten zur Questura trug, die stets ein Körnchen Wahrheit enthielten, aber noch mehr Angaben, die Polizei zu verwirren und in die Irre zu führen.
Ein anderer Mann, ein alter Fischer, den sich Tammo und Hindrik vornahmen, war vor allem an den Münzen interessiert, die die Polizei ihm für seine Spitzeldienste bezahlte. Er hatte den Larvalesti anscheinend einige Male – gewollt oder ungewollt – sein Boot zur Verfügung gestellt und sie zu einer der umliegenden Inseln transportiert. In ihre Geheimnisse eingeweiht war er ganz sicher nicht. Zumindest konnte Tammo zu seinem Ärger in seinem Geist nichts zutage fördern, was ihnen weitergeholfen hätte.
Luciano war noch frustrierter, nachdem er die beiden Männer, die er aufsuchen sollte, nicht finden konnte. Es schien sie gar nicht zu geben. Zumindest brachten ihn weder seine Fragen noch seine Versuche, in den Gedanken seiner Gegenüber etwas zu erfahren, weiter.
Als Letztes suchten Alisa und Leo am frühen Morgen den Wirt einer kleinen Osteria im Gewirr der Gassen von Castello auf. Schon vor einer Weile hatten sich die letzten Gäste verabschiedet, doch er stand noch immer hinter seiner Theke und wischte über die längst saubere Fläche. Er schien auf etwas zu warten, denn sein Blick huschte immer wieder zur Tür. Alisa und Leo lugten durch das Fenster.
»Was meinst du?«, fragte Alisa leise.
»Ich würde sagen: vielversprechend. Vielleicht haben wir Glück und er bekommt heute Nacht noch maskierten Besuch.«
Alisa nickte. »Das wäre wunderbar.«
Sie beschlossen, erst einmal abzuwarten, ob sich einer der Larvalesti zeigte. Träge floss die Zeit dahin, doch nichts tat sich. Alisa kostete es viel Mühe, untätig dazustehen und nur ab und zu einen Blick durch das Fenster zu werfen. Nun saß der Wirt auf einem Hocker, den Kopf in die Hände gestützt, und döste vor sich hin.
»Wir
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