Die Erben der Nacht - Pyras
ist sie deiner Meinung nach hierhergekommen? Alleine aus Rom hergeflogen?«
»Nein, sie kam in einem Sarg«, sagte Alisa. »Mit den Erben von Hamburg nach Paris.«
Franz Leopold sah sie an, als habe sie den Verstand verloren. Dann griff er nach der Maske und wand sie Alisa aus der Hand. Er hielt sie sich unter die Nase.
»Malcolm? Was hat Malcolm mit ihr zu schaffen?«
Alisa seufzte. »Das ist eine lange Geschichte. Sie hat etwas mit einem Mädchen aus Rom zu tun, doch du brauchst mich nicht so anzusehen, ich werde sie dir nicht erzählen. Wie könnte ich Malcolms Vertrauen missbrauchen?«
Franz Leopold grinste, dass sie seine Eckzähne sehen konnte. »Oh, du brauchst mir nichts zu erzählen. Ich kann es auch aus deinen Gedanken lesen.«
»Untersteh dich!«, zischte sie böse, befestigte die Maske wieder so, wie Malcolm sie zurückgelassen hatte, und sprang vom Felsen. Dann beugte sie sich nach vorn und begann, in sich weitenden Kreisen umherzugehen.
Franz Leopold betrachtete sie eine Weile schweigend. »Darf man fragen, was das wird?«
Alisa hielt inne. »Man darf. Ich überprüfe, ob ich eine Witterung aufnehmen kann, die ich kenne. - Aus Rom kenne!«
Franz Leopold ließ sich zu Boden gleiten und kam zu ihr. »Und? Was gefunden?«
Alisa sah ihn an. »Ja, ich fürchte schon. Komm einmal hier herüber. Dort ist die Fährte am deutlichsten. Nun? Sagt sie dir etwas?«
Franz Leopold ließ sich Zeit. Er sog ein paar Mal die Luft ein, dann sah er Alisa gerade ins Gesicht. »Es sind der Vampirjäger und das Mädchen, nicht wahr?«
Alisa nickte. »Ja, sie sind es, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es für uns etwas Gutes bedeutet, sie hier in Paris anzutreffen.«
»Und was schlägst du jetzt vor?«
Alisa hob die Schultern. »Wenn ich das wüsste. Als Erstes sollten wir mit Ivy und Luciano darüber sprechen.«
»Und Malcolm?« Franz Leopold sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Malcolm?« Alisa lachte ein wenig bitter auf. »Glaube mir, Malcolm weiß, dass sie hier sind. Sonst hätte er die Maske nicht auf dem Felsen platziert.«
Franz Leopold sagte nichts. Vielleicht weil er wusste, dass sie ihm keine weiteren Erklärungen geben würde, vielleicht weil er sich nicht für Malcolm und seine Taten interessierte oder weil er bereits viel zu viel in Alisas Gedanken gelesen hatte.
»Ich werde mich nachher ein wenig von euch entfernen«, raunte Ivy Alisa auf dem Rückweg zu.
Obwohl die Nacht noch einige Stunden andauern würde, sammelten die Pyras die Erben und ihre Begleiter zur Rückkehr in die Höhlen unter dem Val de Grâce. Sie hatten das Gelände der Menagerie durchkämmt, jedoch nichts gefunden, das auf den Verbleib von Seigneur Thibaut hinwies. Zum Glück auch nicht ein Körnchen Asche! Nein, die Menschen schienen ihn an einen anderen Ort gebracht zu haben, um ihn weiter gefangen zu halten oder dort zu vernichten. Das wusste niemand zu sagen. Nun hatte Seigneur Lucien die Rückkehr angeordnet, da es im Botanischen Garten nichts mehr für sie zu tun gab.
»Warum sagst du mir das?«, fragte Alisa genauso leise zurück. »Du weißt, dass ich dieses Mal mitkommen werde!«
Ivy schüttelte den Kopf. »Nein, das geht nicht.«
»Warum verrätst du es mir dann?«
Ivy lächelte die Freundin entwaffnend an. »Weil ich versprochen habe, dir deine Werkzeuge nicht mehr ungefragt wegzunehmen, ich sie aber für meinen Weg brauchen werde.«
Alisa sah die Lycana vorwurfsvoll an. »Das ist dreist! Du sagst mir, ich darf dich nicht begleiten, aber meine Schlüssel willst du benutzen!«
»Ja, genau darum bitte ich dich, denn du bist meine Freundin und wirst dafür Verständnis haben.«
»Und jetzt kommst du mir noch so! Das ist Erpressung.«
Ivys Lächeln wurde noch eine Spur herzlicher. »Ich gebe es zu. Dennoch bitte ich dich um die Schlüssel und bleibe dabei, dass ich alleine gehen muss.«
»Wohin? Nein, du musst nichts sagen. Du wirst das Phantom aufsuchen, richtig?«
»Ja, ich gehe zu Erik. Ich habe ihm gesagt, dass ich wiederkomme.«
»Meinst du, er weiß noch mehr?«
Ivy überlegte. »Vielleicht. Einen Versuch ist es wert.«
»Warum hat er es dir dann nicht gleich gesagt? Um dich wieder zu ihm zu locken?«
»Aber nein«, wehrte sie ab. »So etwas läge ihm fern.«
Alisa musterte sie ernst. »Bist du dir sicher, dass du zu ihm gehst, weil du dir Informationen über Seigneur Thibaut erhoffst? Gibt es nicht andere Gründe, die viel schwerer wiegen?«
Ivy merkte, wie ihre Miene sich
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