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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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jetzt gar nichts zu tun gibt? Ich vermute, die letzten Patienten sind schon längst zurück in ihren Betten.«
    Latona überlegte fieberhaft. »Ja, ich denke, der Grund ist, dass ich mich jetzt am Abend, da es keinen Patienten stört, mit allem vertraut machen kann, damit ich morgen gleich eine echte Hilfe sein kann.«
    Dieses Argument schien der jungen Schwester einzuleuchten. Sie führte Latona noch einen weiteren Gang entlang und blieb dann vor einer Tür stehen, die nicht anders aussah als die vielen anderen, die sie bisher passiert hatten.
    »Hier ist es. Kommst du nun alleine zurecht? Ich muss mich eilen. Die Glocke hat bereits geschlagen und mein Dienst begonnen. Es wird nicht gerne gesehen, wenn man zu spät kommt!«
    »Ja, geh«, stimmte ihr Latona aus ganzem Herzen zu, »und vielen Dank!«
    Mit erhobener Hand, als wolle sie an die Tür klopfen, wartete sie, bis die Schwester um die nächste Ecke verschwunden war. Dann machte sie sich rasch in die andere Richtung davon.

SEIGNEUR THIBAUT
    Als Ivy die Augen aufschlug, wusste sie, dass es eine schlimme Nacht für die Pyras werden würde. Die Ratten tauschten sich bereits darüber aus. Sie spürten, dass sich einige Särge zum letzten Mal unter der Hand ihrer Besitzer geschlossen hatten.
    Ivy sandte ihre Gedanken zu Seymour, der bei ihrer ersten Regung vom Deckel des Sargs gesprungen war und sich nun genussvoll streckte.
    Komm heraus! Meinst du, es wird dadurch besser, dass du den Augenblick der Wahrheit hinauszögerst? Noch ruhen die meisten in ihren Särgen, also wirst du die Erste sein, die sich vom Fortgang der Katastrophe ein Bild machen kann.
    Ivy unterdrückte einen Seufzer. Die Ratten haben also recht.
    Ich unterhalte mich nicht mit Ratten, gab Seymour zurück. Ich war selbst unten in der Höhle, und ich konnte spüren, in welchen Särgen kein Vampir mehr erwachen wird.
    Ivy wusste, dass es unklug wäre, das Unvermeidbare noch länger hinauszuzögern. Sie klappte den Deckel auf und sprang aus ihrem Sarg. Dann eilte sie hinter Seymour die beiden Stockwerke zur unteren Kammer hinunter. Der Anblick des freien Platzes in der Vertiefung am anderen Ende schmerzte sie. Mit wachen Sinnen ging Ivy an der Reihe der Särge entlang.
    Und?
    Ivy nickte ernst. Ja, du hast recht. Aus fünf der Särge wird heute kein Vampir steigen.
    Die Handflächen auf Henris Sargdeckel gelegt, blieb sie stehen. Sie suchte nach seinem Geist. Ja, er war noch da und würde jeden Augenblick erwachen. Wenigstens er. Ein Gefühl wie Schwindel erfasste sie, als sie zum anderen Ende der Höhle schritt, wo gestern Nacht noch Särge gestanden hatten. Hinter ihr gähnte Seymour vernehmlich.
Ivy wandte sich um und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
    »Ivy? Bist du hier unten?« Alisa kam die Treppe heruntergestürzt. Ihr folgten gemessenen Schrittes Franz Leopold und ein wenig später Luciano, der noch dabei war, seine Kleider zu ordnen. Besorgt sah sich Alisa um und trat dann auf Ivy zu. Aus einigen Särgen erklangen leise Geräusche. Dann klappten die ersten Deckel auf. Erleichterung breitete sich auf Alisas angespannter Miene aus, wogegen Franz Leopold wie üblich keine Regung zeigte. Luciano gähnte herzhaft.
    »Alles in Ordnung, was?«
    Ivy schüttelte den Kopf. »Nein, fünf Särge werden sich nie mehr öffnen!«
    Die anderen sahen sie betroffen an, wobei sich der Dracas am schnellsten wieder im Griff hatte und so tat, als würden ihn die Probleme der Pyras nichts angehen.
    »Bist du sicher?«, drängte Luciano.
    Ivy zeigte auf die fünf Särge. Die anderen hatten sich nun fast alle geöffnet. Schwerfällig erhoben sich die Altehrwürdigen. Manche hatten sogar Schwierigkeiten, sich nur aufzusetzen, geschweige denn aus ihrem Sarg zu steigen. Alisa eilte zu einer kleinen, hutzligen Vampirin, die ihr bis zur Brust reichte, griff ihr unter die Arme und zog sie hoch. Vorsichtig stellte sie sie auf die Füße. Die Alte bedankte sich nicht. Sie starrte Alisa nur verwirrt an. Alisa ließ sie los und eilte einem dünnen Mann zu Hilfe, der ebenfalls nicht auf die Beine kam.
    »Jetzt fass schon mit an!«, herrschte sie Franz Leopold an, der ungerührt einem massigen Alten zusah, wie er vergebens versuchte, aus seinem Sarg zu klettern. Der Dracas verdrehte die Augen, packte aber zu. Luciano trat an einen noch immer geschlossenen Sarg, aus dem kein Geräusch zu hören war.
    »Sollen wir nachsehen?«, fragte er ein wenig beklommen.
    Ivy legte die flache Hand auf den Deckel. »Sie ist für immer

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