Die Erben der Nacht - Pyras
Eindringen erklären?
Er zögerte, doch die Angst, Latona könnte etwas zustoßen, während er noch Strategien und ihre Folgen gegeneinander abwog, brachte ihn in Bewegung. Er hastete über den Gang und klopfte an die Tür.
»Latona? Sind Sie da? Bitte öffnen Sie!«
ALCHEMIE
Seine Ahnung warnte Bram Stoker, doch er war nicht schnell genug. Wie dumm von ihm, anzuklopfen. Zu spät! Die Tür wurde aufgerissen, eine Hand packte ihn beim Kragen und zog ihn ins Zimmer. Die Tür schlug wieder zu. Das Ganze ging so schnell, dass Bram nur ein Keuchen ausstoßen konnte.
Im Zimmer war es dunkel. Er versuchte, sich aus dem Griff zu befreien, doch die eiskalte Hand, die ihn gepackt hielt, war verdammt stark.
»Malcolm, lass ihn los.«
Das war Ivys Stimme. Er spürte, wie sein Herz seltsam ins Stolpern geriet.
»Wenn du meinst.« Die Hand ließ ihn so plötzlich wieder los, dass Bram strauchelte. Er fiel gegen die Tür.
»Hättet ihr etwas dagegen, ein wenig Licht zu machen?«, fragte er mit seltsam ächzender Stimme.
»Es ist hell genug«, wehrte Malcolm ab, aber Ivy kam seiner Bitte nach und entzündete eine der Gaslampen.
»Guten Abend, Bram Stoker. Latona ist leider nicht hier. Wir haben sie ebenfalls vergeblich gesucht. Du weißt nicht zufällig, wo sie sein könnte?«
Ivy sah ihn fest an. Ihr Blick schnürte Bram die Kehle zu, sodass er nur den Kopf schütteln konnte.
»Er lügt!«, rief Malcolm und wollte ihn wieder packen, aber Ivy hielt ihn mit einer Handbewegung zurück.
»Sprich!«
»Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe gehofft, sie noch hier anzutreffen, um sie - sie zu beschützen.« Es klang selbst in seinen eigenen Ohren etwas lahm. Ivy schien jedoch nichts dagegen einzuwenden zu haben.
»Sie ist dir also entwischt. Wovor oder wobei wolltest du sie denn beschützen? Mehr als nur den üblichen nächtlichen Gefahren?«
»Es war nur so ein Gedanke, nichts Konkretes«, wehrte Bram ab.
»Eine Ahnung, nicht wahr? Wir sollten uns auf unsere Ahnungen verlassen.« Ivys Gesicht war dem seinen plötzlich sehr nahe. »Es hat etwas mit ihrem Onkel zu tun, dem Vampirjäger, und was er nachts so treibt, nicht wahr? Ist Latona misstrauisch geworden und will es nun genau wissen?«
»Sie hat es bereits herausgefunden«, sagte Bram leise. »Bevor ihr mir das Geheimnis jetzt mit Gewalt zu entreißen versucht: Ich kenne es nicht! Latona wollte mir nichts verraten.«
»Wir werden dir nichts tun«, sagte Ivy. Ihre Stimme war jetzt sehr sanft und ihr Blick schien in seinen Geist zu dringen. »Wohin ist sie ihrem Onkel gefolgt? Du hast mir von einem Krankenhaus erzählt.«
»Zuerst war er im Jardin des Plantes - nein, im Tiergarten in einem großen Haus. Dort haben Oscar und ich Latona das erste Mal angesprochen.«
»Sie haben ihn dort gefangen gehalten«, raunte jetzt Malcolm. »Sprich weiter! Wie heißt das Hospital?«
Doch Bram starrte ihn an. »Der Gefangene! Wer ist er? Ich habe ein Gerücht gehört, es sei das Phantom, doch das kann nicht stimmen. Ist es ein Vampir?«
Ivy nickte. »Ja, das Phantom erfreut sich nach wie vor seiner Freiheit. Es war ein Vampir, der ihnen stattdessen ins Netz ging, einer der Clanführer der Pyras, und wir vermuten, sie halten ihn noch immer an einem geheimen Ort gefangen.«
»Dort, wohin der Vampirjäger jede Nacht unterwegs ist.« Bram begriff. »Das Hôpital Cochin.«
»Was? Bist du sicher?« Ivy starrte ihn verblüfft an. »Das ist nicht möglich. So nah?«
»Dorthin sind wir ihrem Onkel gefolgt. Latona zog wie ich den Schluss, dass er sich dort in Behandlung begeben hat und nicht wollte, dass seine Nichte von dieser - äh peinlichen - Krankheit erfährt.« Malcolm sah die beiden fragend an.
»Erinnerst du dich? Wir sind einmal unter dem Spital hindurchgegangen.
Das Schild, auf dem stand, dass sie dort venerische Krankheiten behandeln«, erklärte ihm Ivy.
»Was für Krankheiten?«, fragte Malcolm verwirrt nach.
»Die spanische Krankheit, wie man sie hier nennt, und Ähnliches«, klärte ihn Ivy auf.
»Oh!«, rief Malcolm, während Bram Stoker hastig weitersprach.
»Ich denke, dass Latona noch einmal alleine dort war und etwas entdeckte, was sie sehr durcheinanderbrachte.«
»Und jetzt ist sie wieder dort?«, fragte Ivy.
Bram hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, vermute es aber.« Ivy trat einen Schritt zurück. »Gut, das ist alles, was ich erfahren wollte. Ich danke dir.«
»Und nun? Was habt ihr jetzt vor?« Bram wollte nach ihrem Arm greifen, hielt jedoch
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