Die Erben der Nacht - Pyras
Europa populär wurde. Er erhielt das französische Bürgerrecht und wurde Ritter der Ehrenlegion. Bis 1870 folgten Werke wie Pariser Leben , Die schöne Helena , Die Großherzogin von Gerolstein und Ritter Blaubart . Er wurde in Paris gefeiert. In
seinen Operetten fand das Lebensgefühl jener Zeit seinen Ausdruck. Sein Schlussgalopp im Orpheus machte den Cancan bühnenfähig. Die einen sahen in diesem Tanz die Pariser Lebensfreude, die anderen den Höhepunkt der Unmoral.
Mit der Operette schuf Offenbach eine neue Kunstform, der nichts heilig war, die die Götter- und Heroenwelt der Antike verspottete und dabei den Hof und die Gesellschaft aufs Korn nahm. Allerdings war seine Kunst kein Aufruf zum Umsturz, sondern drückte augenzwinkernd »Duldung auf Gegenseitigkeit« aus. Für die Opposition war das schlimmer als Zensur. Der politische Journalist und Schriftsteller Émile Zola schrieb erbost in seiner Besprechung der Schönen Helena : »Nie zuvor hat sich die dumme Farce mit solcher Schamlosigkeit zur Schau gestellt.« Dennoch trat die Operette ihren Siegeszug durch die vornehmen Kurorte und Städte Europas an. Ja, selbst in Salt Lake City, Stockholm, Kairo und Warschau wurden die Werke Offenbachs aufgeführt.
Die Vergnügungsbetriebe in Paris blühten. Das Theater sollte das Publikum unterhalten, nicht mit Problemen belasten, darin stimmte der Hof mit der bürgerlichen Gesellschaft überein.
Als 1870 der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland ausbrach, blieb das nicht ohne Folgen für Offenbach. Man mied ihn seiner deutschen Herkunft wegen, die französische Presse schmähte ihn als Bismarcks Spion. Nach dem Krieg eröffnete er zwar wieder ein Theater in Paris, konnte dort aber an seinen früheren Erfolg nicht anknüpfen. Er reiste nun viel nach Amerika und England. 1877 begann er sein letztes großes Werk - Hoffmanns Erzählungen -, das auch heute noch eine der meistgespielten französischen Opern ist.
Interessanterweise hat das, was wir heute unter einer Operette verstehen, kaum mehr etwas mit der ursprünglichen Form zu tun, die Offenbach schuf. Heute wird der Begriff von der »Wiener Operette« geprägt, die unpolitische Themen in leichte Musik umsetzt. Offenbachs Musik ist dramatisch und schwungvoll. Seine Handlung ist durchsetzt mit satirischen Anspielungen auf Ereignisse der Zeit, auf Sitten und Personen.
Erik aus Saint-Martin-de-Boscherville - Das Phantom der Oper
Hat es das Phantom der Oper nun gegeben oder nicht? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Fragt man in Paris in der Oper nach, bekommt man nur ein mitleidiges Lächeln - vermutlich auch deshalb, weil bei jeder Führung mindestens ein Besucher wissen will, wo denn nun die Loge Fünf des Phantoms sei. Nein, in der Oper glaubt man an diese Geschichte nicht.
Nimmt man allerdings Susan Kays biografischen Roman zur Hand, dann erscheint Erik plötzlich als reale Person. Kay verfolgt Eriks aufregendes Leben von seiner Geburt im Jahr 1831 in Saint-Martin-de-Boscherville bis zu der Phase, in der er zum Phantom der Oper wurde und zu seinem Tod in seinem Versteck unter der Oper. Sie beschreibt seine Missbildungen bei seiner Geburt so: Die ganze Schädeldecke lag offen unter einer dünnen, durchsichtigen Membran … Eingesunkene, ungleiche Augen, grob missgestaltete Lippen und ein schreckliches, gähnendes Loch, wo die Nase hätte sein sollen. Eine Vermutung, wie es zu dieser Missbildung kommt, stellt sie nicht an.
Kay erzählt von seiner Kindheit im Haus der Mutter, seiner Leidenszeit bei den Zigeunern, von denen er öffentlich zur Schau gestellt wurde, der Flucht, seiner Ausbildung zum Baumeister, der Reise nach Russland, dann seiner Bekanntschaft mit Nadar und der Zeit am Hof des Schahs von Persien. Erst dann kehrt Erik nach Frankreich zurück, sucht Garniers Bekanntschaft und ist der unsichtbare Künstler und Baumeister im Hintergrund, bis er sich aus Enttäuschung in die Unterwelt in den Fundamenten seiner Oper zurückzieht. Natürlich schließt der Roman mit der berühmten und tragischen Liebe des Phantoms zu Christine, die auch Grundlage für das Musical Das Phantom der Oper ist. Die Liebesgeschichte, auf die sich auch der ursprüngliche Roman von Gaston Leroux konzentriert, wirft allerdings viele Fragen auf, denen Susan Kay nachgegangen ist.
Kay beschreibt in ihren abschließenden Anmerkungen, wie sie im Laufe ihrer Recherche über das Phantom auf Details von Eriks Zeit in Russland gestoßen sei. Auch in Augenzeugenberichten über
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