Die Erben der Nacht - Pyras
Vampirclans zu sagen,
aber siehst du mich dort drüben von bulligen Monstern umringt, die mit den Zähnen knirschen und ihre Muskeln spielen lassen?«
Zum Glück trat in diesem Augenblick Clanführer Lucien mit einigen seiner Getreuen hinzu. Ein scharfer Blick genügte und die Lage entspannte sich ein wenig.
»Ich begrüße euch, Erben der Clans. Wir wussten nicht, dass ihr kommt. Gebt uns eine Nacht Zeit. Wir müssen Särge herbeischaffen und den Unterricht planen. Es gibt bei uns viel, das euch nützen wird. Bleibt heute in der Nähe. Ihr werdet noch Gelegenheit bekommen, die Unterwelt von Paris kennenzulernen.« Er wollte sich schon abwenden, doch Lucianos Ruf erreichte sein Ohr.
»Was ist mit Blut? Der Blutdurst bringt uns um!«
Der Clanführer grinste. »Blutdurst? Das will ich meinen. Ich habe einige der Jüngeren zum großen Schlachthof geschickt. Ihr müsst euch noch ein wenig gedulden.«
»Geduld, Geduld, ich kann das Wort nicht mehr hören«, maulte Luciano, aber der Clanführer hatte sich bereits entfernt. Offensichtlich war er der Meinung, es sei genug gesagt.
Dass Seigneur Lucien kein Vampir vieler Worte war, hatten sich die Freunde bereits gedacht. Überhaupt schienen die Mitglieder des französischen Clans allesamt wenig redselig zu sein. Konflikte wurden mit Kraft, nicht mit Worten ausgetragen. Ivy bemerkte bei vielen der Pyras reinen Blutes kaum verheilte Verletzungen. Auch hatten einige wie Joanne den ein oder anderen Zahn eingebüßt. Anders die Servienten, obwohl auch sie durchweg verwegen aussahen. Ivy gab sich nicht der Illusion hin, die fehlenden Verletzungen seien auf ihre friedlichere Natur zurückzuführen. Sie heilten einfach nur schneller wie bei allen unreinen Vampiren. Die Nacht hatte ihre Wunden verschlossen und ausgeschlagene Zähne nachwachsen lassen. Ivy schüttelte fast unmerklich den Kopf, als ihr Blick über einige der Servienten glitt. Das war sicher nicht der Typ des durchschnittlichen Parisers. Franz Leopold bewegten ähnliche Gedanken.
»Ich frage mich, ob sie bewusst die schlimmsten Gestalten von Paris zu ihren Servienten machen. Vielleicht holen sie sie aus den Gefängnissen?«
»Gut möglich«, stimmte ihm Alisa zu. »So wie die aussehen, haben die Pyras ganze Räuberbanden zu den Ihren gemacht.«
Als Fernand kurz darauf zu ihnen trat, befragte sie ihn danach. Sie glaubte eigentlich, einen Scherz zu machen, doch der Pyras nickte. »Ja, viele haben schon als Menschen im Dunkel des Untergrunds gehaust. Die Ersten, die zu unseren Servienten wurden, waren Steinbrecher unter dem Montmartre oder hier im Süden. Als sie den Abbau aufgaben, zog sich allerlei Gesindel dorthin zurück. Der schlimmste aller Orte war die große Sickergrube von Montfaucon, wo früher der Galgen stand. Die Voirie war die Sammelkloake von ganz Paris. Die Männer mit ihren Karren, die nachts die Latrinengruben leerten, brachten ihre Fracht dorthin. Aber auch die Schlachthofabfälle und die Reste der Fischmärkte wurden in der Voirie abgeladen. Daneben fanden sich die Abdeckereien, wo die alten Gäule getötet wurden. Claude, den ihr dort drüben seht, war in seinem Leben einer der Abdec ker, und Jolanda, die an der Säule neben ihm lehnt, gehörte einer Gruppe von Halsabschneidern an, die dort ihren Unterschlupf hatten.«
Franz Leopold zog eine Grimasse. »Hier werden bei den Servienten eben andere Eigenschaften geschätzt als bei uns in Wien. Ich vermute, weder Claude noch Jolanda haben gelernt, ein Frackhemd ordentlich zusammenzulegen oder Lackschuhen ihren Glanz zu erhalten.«
Luciano prustete hinter vorgehaltener Hand. »Nein, das glaube ich auch nicht.«
Fernand nahm den Spott stoisch hin. »Nein, was sollten sie damit auch anfangen?«
Sébastien unterbrach sie, als er die Stimme erhob und einige der Pyras aufforderte, ihm zu folgen. »Wir müssen Särge für die Erben und ihre Unreinen besorgen.«
»Wo willst du sie herbekommen?«, fragte Fernand.
»In Montparnasse gibt es bestimmt genug.«
Fernand nickte. »Ja, fangen wir dort an. Dann müssen wir sie nicht so weit tragen. Kommst du auch mit, Joanne?«
Tammo schloss sich ebenfalls an und auch Alisa, Luciano und Ivy versprachen zu helfen.
»Mir bleibt aber auch nichts erspart«, seufzte Franz Leopold und reckte sich, dass seine Knochen knackten. Matthias, sein Schatten, verbeugte sich knapp. »Ihr braucht nicht mit zum Friedhof zu gehen. Ich werde Euch einen angemessenen Sarg besorgen.«
»Das will ich hoffen! Aus edlem Holz mit
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