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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Tunnel zeigte, der sie schon zur Verzweiflung treiben wollte.
    Ivy strich noch einmal über die steinerne Kante des Altars, dann verließ sie mit raschen Schritten die Templerkirche.

Ein Besuch bei Bram Stoker
    Am nächsten Abend machte sich Ivy nach dem Treffen in der großen Halle wieder davon. Seymour hatte sie, seit sie erwacht war, nicht aus den Augen gelassen, sodass es ihr nicht gelingen konnte, aufzubrechen, ohne dass er es bemerkte. Er folgte ihr in langen Sprüngen und doch hatte er Mühe, sich nicht abschütteln zu lassen, so schnell eilte Ivy durch die Nacht.
    Ihm fiel auf, dass sie das Gelände des Temple auf der Südseite verließen und der Themse flussabwärts folgten.
    Willst du nur auf die Jagd oder haben wir ein bestimmtes Ziel?
    Ivy behielt ihr Tempo bei und schwieg. Sie folgte dem Embankment der Themse, das erst seit einigen Jahren das Ufer des Flusses säumte und ihn in ein steinernes Korsett presste. Wo heute das Wasser gegen eine Mauer schlug und dahinter Kutschen auf einer breiten Straße fuhren, waren vor einem Dutzend Jahren noch die braunen Fluten geflossen, und ein Gewirr von Stegen, Bootshäusern und Lagerhallen hatten das schlammige Ufer gesäumt, unterbrochen von den Abwasserrinnen, die ihre stinkende Fracht in den Fluss luden. Bei Hochwasser schlug der Strom zurück und überflutete nicht nur den Uferstreifen, sondern das ganze Stadtviertel bis in die Fleet Street hinein, um dann bei sinkendem Wasser den mit Müll beladenen Schlamm in allen Kellern und Gassen zurückzulassen. Malcolm hatte es ihnen plastisch beschrieben, doch Seymour fiel es schwer, sich vorzustellen, wie viel Dreck solch eine Stadt produzierte, und in was für einem Zustand das Themseufer vorher gewesen sein mochte, als der Inhalt jeder Jauchegrube dort zusammengetragen wurde.
    » Am schlimmsten war es in den armen Vierteln am Südufer, beispielsweise in Southwark drüben, das streng genommen gar nicht zu London gehörte«, hatte Malcolm berichtet.
    » Dort war von jeher das Vergnügungsviertel der armen Leute mit Theatern, Pubs und Bordellen.« Der Vyrad grinste breit.
    » Es gab kaum Trinkwasser, denn das Wasser aus dem Fluss war komplett verseucht. Die Leute schrieben an die Zeitung und ans Parlament, sie gingen auf die Straße, aber natürlich tat sich nichts. Auch nicht, als die Cholera immer und immer wieder ausbrach und Tausende dahinraffte. Da musste erst ein trockener Sommer ins Land ziehen, der als The Great Stink in die Geschichte einging. Es muss derart gestunken haben, dass sie im Parlament und in den Palästen nasse Tücher vor die Fenster hängten, um den Gestank ein wenig abzuhalten. Da entschieden die Reichen und Wichtigen endlich, etwas zu unternehmen: das Embankment. Die Abwasserkanäle wurden in Sammlern vereint und an der Themse entlang nach Süden geführt, das Ufer verbreitert, über den Rohren eine Straße angelegt und schließlich der Fluss mit einer Mauer begrenzt, um die regelmäßige Überflutung der niederen Stadtteile zu verhindern. London konnte wieder atmen.« Malcolm grinste. » Der ganze Dreck wird jetzt weiter südlich der Stadt in den Fluss geleitet, aber was kümmern den Londoner die Dörfer flussabwärts!«
    Über diese neue Straße eilte Ivy nun am Ufer entlang auf Westminster zu.
    Hast du gestern in der Bibliothek noch etwas herausgefunden? Hat dein Ausflug damit zu tun?, versuchte es Seymour noch einmal.
    Ja, so ist es. Ich glaube nun zu ahnen, was ich tun muss.
    Immerhin hatte er überhaupt eine Antwort bekommen, wenn Ivy auch nicht bereit schien, ihm Näheres zu verraten.
    Warum bist du so abweisend? Warum können wir nicht zusammen gehen und unsere Gedanken wieder teilen wie früher?
    Ivy schwieg lange, ehe sie sich in seinen Gedanken vernehmen ließ: Weil es nicht mehr wie früher ist. Wir sind nicht mehr wie früher.
    Warum? Was hat sich geändert? Wir waren doch immer zusammen, und es war gut so.
    In Transsilvanien waren wir nicht zusammen, widersprach Ivy, und ihre Stimme klang traurig.
    Der Wolf stoppte abrupt. Das wirfst du mir vor? Deshalb wendest du dich von mir ab? Weil ich dich im Stich gelassen habe und deine Entführung nicht verhindern konnte? Weil ich verletzt war und dir nicht folgen konnte, um dich zu befreien!
    Er klang entsetzt und gekränkt.
    Nein, ich werfe dir nichts vor, gab Ivy weicher zurück. Der Wolf setzte seinen Weg fort, und sie zügelte nun ihr Tempo ein wenig, sodass er sie einholen konnte.
    Was ist es dann?
    Es ist viel geschehen. Du solltest

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