Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
zu verschließen. Willst du wirklich, dass Clarissa deine Gedanken lesen kann? Das ist nicht unbedingt immer von Vorteil!
Ich habe nichts vor ihr zu verbergen!, gab Luciano ein wenig steif zurück.
Bist du dir sicher? Leos Zweifel waren deutlich zu hören. Wobei, wenn ich recht darüber nachdenke, ist die Gefahr nicht zu groß. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du es schaffst, ihr auf diesem Gebiet viel beizubringen.
Danke für dein großes Vertrauen in meine Fähigkeiten, ätzte Luciano beleidigt.
Ich bin lediglich ehrlich, lieber Luciano.
Clarissa sah von einem zum anderen. » Unterhaltet ihr euch gerade in Gedanken? Über mich?«
» Aber nein«, riefen beide wie aus einem Munde.
» Wir unterhalten uns nur über Luciano und die Qualität seiner Möglichkeiten«, fügte der Dracas mit einem vielsagenden Blick hinzu.
Clarissa ergriff Lucianos Hand. » Ich weiß, dass du das nicht freundlich meinst. Es gibt überhaupt nichts Freundliches in deinem Charakter, weshalb es mich nicht wundert, dass Alisa dich verlassen hat, um sich jemandem zuzuwenden, dem Vertrauen, Beständigkeit und Liebe nicht nur leere Worte sind. Ich kann sie zu ihrem Entschluss nur beglückwünschen.«
Obgleich Luciano sie mit zunehmend entsetzter Miene anstarrte und ihre Hand vielsagend drückte, um sie zum Schweigen zu bringen, sprach sie weiter. Nicht einmal Leos nun geradezu furchteinflößende Miene hielt sie davon ab.
» Ja, ich habe mich gewundert, dass sie sich überhaupt mit dir eingelassen hat, nach dem Verrat, den du an ihr begangen hast– von Luciano und mir gar nicht zu sprechen.«
» Gutes Stichwort«, fiel ihr Luciano hastig ins Wort. » Wir wollen diese unschöne Episode vergessen und nicht mehr darüber sprechen.«
Mit einem besorgten Blick auf Leo versuchte er Clarissa hinter sich zu schieben, um sie aus der Gefahrenzone zu bringen. Der mörderische Glanz in Leos Augen ließ ihn befürchten, dass er seine Erziehung vergessen und etwas Unüberlegtes tun könnte. Natürlich war er bereit, seine Liebste mit Fäusten oder jeder Waffe zu verteidigen, derer er habhaft werden konnte, doch er war realistisch genug, um zu wissen, dass er gegen Franz Leopold keine Chance hatte, selbst wenn dieser sich nicht in einer solch beunruhigenden Stimmung befand.
» Du brauchst keine Angst um deine Servientin zu haben«, sagte Franz Leopold in einem vor Kälte klirrenden Ton. » Ich schlage mich nicht mit Vampirinnen, und mit Unreinen schon gar nicht. Das ist unter meiner Würde.«
Und damit wandte er sich ab und stürmte davon. Luciano entdeckte ihn erst wieder unter den Erben, als sie die City von London durchquert hatten und die Mauern des Towers düster vor ihnen aufragten.
*
» Das ist also der berühmte Tower von London«, meinte Mervyn und ließ den Blick über den flachen, begrünten Graben zu dem äußeren mit trutzigen Türmen besetzten Mauerring schweifen.
» Ja, es gibt viele, interessante Geschichten über ihn«, antwortete Rowena, die sich wieder einmal bei ihm untergehakt hatte, was Alisa nicht ohne Neid beobachtete. Warum nur verstanden sich die beiden so gut und zankten kaum einmal miteinander? Zu Sören und Chiara wollte sie erst gar nicht hinschauen. Die beiden schienen ständig in einer Wolke von Zärtlichkeit versunken, ohne noch einen Gedanken an ihre Umgebung zu verschwenden.
Ja, widerlich! Finde ich auch, kommentierte Tammo ihren Gedanken.
Raus!, schimpfte Alisa und verschloss ihren Geist mit einer Energiewelle von solcher Wucht, dass sich Tammo stöhnend an den Kopf griff.
» Das war nicht nett!«
» Lass es dir eine Lehre sein!« Sie starrte ihn finster an, doch er lachte nur.
» Der älteste Teil, den Wilhelm der Eroberer erbauen ließ, nachdem er 1066 England unterworfen hatte, ist die Burg mit den vier Türmen im Zentrum«, erklärte Rowena gerade. » Er wollte ein Zeichen setzen und mit der beeindruckenden Festung die aufrührerischen Londoner zur Ordnung rufen. In den darauffolgenden Jahrhunderten wurden dann die beiden Mauerringe hinzugefügt und ein tiefer Wassergraben, der schnell zur übelsten Kloake wurde, weil sich jeder Abtritt darin entleerte. Erst vor einiger Zeit hat Königin Victoria bestimmt, den zum Himmel stinkenden Sumpf trocken legen zu lassen und zuzuschütten.«
Tammo stöhnte gelangweilt. » Wen interessiert so was? Erzähl uns lieber was wirklich Spannendes.«
Rowena drehte sich fragend zu ihm um. » Und was wäre das zum Beispiel?«
Tammo warf die Arme in die Luft. » Na
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