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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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ist von Lord Byron. Ich habe schon einige Verse von ihm gelesen. Ich dachte, du hast dich auf Vampirgeschichten und andere düstere Wesen spezialisiert.«
    Vincent nickte. » Schon, aber hin und wieder wende ich mich anderen geschätzten Geistern zu. Ich bewundere Lord Byron sehr und habe ihn selbst zu seinen Lebzeiten durchaus zu den düsteren Wesen gerechnet. Möchtest du es lesen?« Großzügig hielt der Servient der Vyrad Alisa das Büchlein hin, doch die lehnte dankend ab.
    » Später vielleicht. Jetzt möchte ich einen ersten Überblick über die Rechtsgeschichte Englands bekommen.«
    Vincent lächelte wissend. » Ja, ich erinnere mich. Du warst nicht nur die Romanleserin, sondern stets auch die Wissbegierigste unter den Erben, die alles in sich aufsog, was die Menschheit an Erfindungen hervorgebracht hat.«
    » Ja, das alles ist wahnsinnig interessant. Gerade auch in England gibt es fantastische Erfindungen. Ich habe viel darüber gelesen, hier wurde Großes geleistet. Wenn ich nur an die erste Weltausstellung denke. Obwohl damals alle dagegen waren, wie ich gelesen habe. Wie gut, dass Prinz Albert sie gegen alle Widerstände vorangetrieben hat. Schließlich wurde es ja ein riesiger Erfolg und der Stolz der ganzen Nation. Ich wünschte, ich könnte einmal so eine Weltausstellung besuchen!« Ihre Augen glänzten vor Begeisterung, und Vincent lachte.
    » Ja, so habe ich dich in Erinnerung. Und nun willst du begreifen, was die Vyrad hier in den Inns of Court so treiben. Sehr vernünftig. Da beginnst du am besten hinter der Tür nebenan, wo die allgemeinen Werke über die Geschichte des englischen Rechts stehen.« Vincent begleitete sie hinaus in den Gang und verabschiedete sich mit einer Verbeugung.
    Alisa zog sich in das genannte Zimmer zurück, dessen Wände ebenfalls bis zur Decke von mehr oder weniger breiten ledernen Buchrücken bedeckt waren. Sie ließ den Blick schweifen und wandte sich dann einem vielversprechenden Werk über den Wandel der Strafe und deren Vollzug zu. Sie las, dass England bis in die erste Hälfte des Jahrhunderts zu den Ländern mit den härtesten Strafgesetzen gehört hatte. Schon wer versuchte, ein Kaninchen zu stehlen, oder wer mehr als vierzig Shilling und sechs Pence stahl, wurde zum Tod durch den Strang verurteilt.
    Für zweihundertzweiunddreißig Vergehen war die Höchststrafe vorgesehen. In Frankreich dagegen nur für sechs. Die Bürger waren in England vor dem Gesetz alle gleich. Sollte ein Reicher ein Brot stehlen, würde er genauso zum Tod verurteilt werden wie ein Armer. So lautete zumindest die Theorie. Aber weshalb sollte ein Reicher schon Brot stehlen?
    Die Bestrafung, vor allem die Hinrichtungen, waren in England eine öffentliche Angelegenheit, ja, eine Zerstreuung und Belustigung, wie zu Zeiten der großen Kaiser in Rom, als das Kolosseum erbaut wurde. Und die Lust an diesem brutalen Vergnügen fand man nicht nur beim einfachen Volk! In London kamen reiche Herren, um bei der öffentlichen Auspeitschung weiblicher Verurteilter zuzusehen, oder sie mieteten sich draußen in Tyburn eines der Fenster der umliegenden Häuser, um die Hinrichtungen bequem bei einer Erfrischung betrachten zu können und sich nicht unter die drängende Menge unten auf den Tribünen um den Galgen mischen zu müssen.
    Alisa las über die unterschiedlichen gesetzlich vorgesehenen Arten, einen Menschen zu Tode zu bringen oder aber ihn durch raffinierte Folter zu einem Geständnis zu zwingen. Der » Press-Raum « im Newgate-Gefängnis, nur ein paar Straßen weiter am alten Tor zur City war berüchtigt. Dort wurden Gefangene nackt auf den steinernen Boden gefesselt und ihre Brust immer schwerer mit Steinen und Eisengewichten belastet, bis sie schließlich nach vielen Stunden oder erst Tagen elendig starben. Das Schleifen, Enthaupten und Vierteilen war erst vor zwölf Jahren abgeschafft worden. Alisa schüttelte ein wenig ungläubig den Kopf, als sie die Anweisungen für den Henker las, wie der Delinquent mit einem Seil an ein Pferd gebunden werden sollte, das man im Galopp durch die Stadt bis zur Hinrichtungsstätte jagte, wie der Verbrecher am Hals aufgehängt wurde, dann aber, ehe der Tod eintrat, wieder losgemacht, um ihn aufzuschneiden und die Eingeweide herauszureißen. Alisa klappte das Buch zu.
    Manches Mal frage ich mich, wer die grausameren Bestien auf der Erde sind. Vampire und Werwölfe oder doch die Menschen selbst?
    Eine Bewegung oben an der Mauer, die den Fountain Court abschloss, ließ

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