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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Alisa den Kopf wenden. Ein silberner Schimmer. War das Ivy? Ja, und noch jemand. Sie legte das Buch beiseite und trat noch näher ans Fenster, bis ihre Nase die Scheibe fast berührte.
    Der Schmerz in ihrer Brust verriet ihr, wer an der Seite der Lycana ging, noch ehe ihre Augen ihn erkennen konnten: Leo. Wie vertraut die beiden wirkten. Ivys Schritt hatte sich dem seinen angepasst. Sie ging, nein, sie schwebte neben ihm die Treppe in den Garten hinunter. Was sie wohl so eifrig zu bereden hatten? Nun ja, sie hatten sich lange nicht gesehen. Da gab es viel zu erzählen. Und die Sache mit Lord Milton. Es versetzte Alisa einen Stich, dass Ivy nicht als Erstes zu ihr gekommen war, um ihr von dem Gespräch mit Lord Milton zu berichten. Und noch schlimmer fühlte es sich an, Leo mit einer anderen zu sehen. Auch wenn Ivy ihre Freundin war und immer sein würde.
    Nun schwiegen sie. Ivy schritt von einem Beet zum anderen und roch an den Rosenblüten. Leo folgte ihr. Selbst ihr Schweigen strahlte eine schmerzhafte Vertrautheit aus. Was sah sie dort unten im nächtlichen Rosengarten? Das Wiederaufflammen einer Liebe, deren Glut nie ganz erloschen war? Alisa hatte stets geahnt, dass für Ivy die Sache zwischen Leo und ihr längst nicht vorbei und vergessen war. Vielmehr hatte Ivy noch lange Zeit nach dem Streit mit Leo sehr unter der Trennung gelitten. Auch wenn sie es perfekt verstand, ihre Gefühle vor ihren Freunden zu verbergen.
    Aber was war mit Leo? Für ihn schien die Trennung endgültig gewesen zu sein, ohne eine Chance auf Versöhnung. Doch nicht, weil seine Gefühle für Ivy so rasch erkaltet waren. Allein der Schock ihrer Herkunft und die Lüge hatten sein Vertrauen zerbrochen. Nun, mehr als zwei Jahre später, hatte sich seine Einstellung zu den Vampiren unreinen Blutes vielleicht geändert. Er hatte verschiedene Clans kennengelernt und deren Lebensweise. Er konnte miterleben, wie unterschiedlich die Reinen mit ihren Servienten umgingen. War dadurch eine Verbindung mit Ivy auf einmal weniger undenkbar geworden?
    War das die Erklärung für Leos plötzliche Kälte ihr gegenüber? Für sein Schweigen und seine Zurückweisung?
    Alisa glaubte die Antwort im Garten unter sich zu sehen. Ivy griff nach Franz Leopolds Händen und die beiden sahen einander tief in die Augen. Ernst, geradezu feierlich wechselten sie wenige Worte und Alisa war es, als könne sie den Schwur hören, der ihre Liebe und Treue zueinander erneuerte. Sie spürte einen unerträglichen Druck auf der Brust, der nicht mehr weggehen wollte. Obwohl sie schrecklich darunter litt, gelang es ihr nicht, sich von dem Anblick zu lösen und ihren Geist von dieser Qual zu befreien.
    Alisa war so gefangen in ihrem Schmerz, dass sie auf nichts anderes mehr achtete. Sie spürte nicht, dass sie nicht mehr allein war. Sie hörte weder die Tür noch die sich nähernden Schritte. Sie bemerkte die Gestalt, die an das zweite Fenster trat und nun ebenfalls hinaus in den Garten spähte, erst als der Vampir zu sprechen begann.
    » Als wir zwei schieden
    Still weinend und bang,
    Zerstört Herzens Frieden,
    Zu meiden uns so lang,
    War bleich deine Wange,
    Dein Kuss o so kalt–
    Ich ahnte die Schlange,
    Die gestochen so bald.«
    Alisa schreckte auf und starrte den Vampir an, der ihren Blick herausfordernd erwiderte. Er war nur mittelgroß, hielt sich aber sehr gerade. Mehr noch, seine Haltung und seine Miene drückten den Stolz aus, der Mitgliedern alter Adelshäuser oft eigen ist. Er trug sein braun gelocktes Haar recht kurz. Die Lippen waren fast weiblich voll, die Züge weich, was auch an dem glatt rasierten Kinn mit seinem Grübchen lag. Seine Augen unter den geschwungenen Brauen wirkten in dem trüben Licht dunkler, als sie vermutlich waren, und unterstrichen den Kontrast zu seiner weichen, weißen Haut. Er war eine schöne Erscheinung als Mann in der Blüte seiner Jahre, doch es war vor allem sein melancholischer Blick, der Alisa anzog und auch ein wenig verwirrte. Obgleich sie sich sicher war, dass sie ihn noch nie getroffen hatte, kam er ihr doch bekannt vor, und die Worte erinnerten sie an etwas, das sie nicht greifen konnte. Sie starrte den Vampir nur stumm an und vergaß jedes höfliche Wort der Begrüßung. Er dagegen fuhr mit seinen Versen fort.
    » Geheim wir uns fanden,
    nun wein ich allein,
    Dass dein Herz jenen Banden
    So untreu kann sein.
    Wollt ich je wieder schließen
    Ans Herz dich darum,
    Wie sollt ich dich grüßen?
    In Tränen und stumm!«
    Endlich fand

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