Die Erben der Schöpfung
schlitterte Jeremy durch fünfzehn Zentimeter Wasser, die den Boden bedeckten, doch für die Bilgenpumpen war keine Zeit. Er riss die Motorabdeckung weg und griff nach dem Werkzeugkasten. Wo war das Treibstoffeinlassventil?
Er stieß mit dem Schraubenzieher zu, um das Ventil zu lösen, und rannte zur Zündung zurück. Erneut drehte er den Schlüssel. Der Motor stotterte und sprang schließlich an, während Jeremy Gas gab und hektisch am Steuer drehte, da das Boot mittlerweile nur noch wenige Meter vom Ufer entfernt war. Das Boot reagierte, und Jeremy fuhr den hysterisch kreischenden Schimpansen davon.
Jamie sah in Paulos von der Kapuze halb verdecktes Gesicht und erkannte an seinem besorgten Blick, dass er begriffen hatte, was passiert war. Kurz fasste sie das Gespräch mit Jeremy zusammen.
»Paulo, diese Expedition war eine ganz schlechte Idee«, sagte sie und begann zu weinen, da sie von bohrenden Schuldgefühlen überschwemmt wurde.
Er nickte schweigend, nahm ihre Hand und hielt sie zwischen seinen beiden nassen Händen. Jamie stürzte sich in seine Arme, wo er sie mitsamt ihrem Rucksack linkisch umfangen hielt. Dann streichelte er ihr feuchtes Haar, bis sie zu weinen aufhörte.
»Es wird langsam spät. Wir müssen etwas essen und ein Nachtlager aufschlagen. Morgen früh können wir dann erholt weitersehen«, sagte Paulo. Seine Stimme klang ruhig und gelassen. Jamie nickte.
Da der Regen nach wie vor zu heftig war, um Feuer zu machen, suchten sie unter einem großen Baum Schutz und aßen Dörrfleisch und Trockenfrüchte. Jamie hatte gar nicht gemerkt, wie hungrig sie war, und aß schweigend. Sie saß so dicht neben Paulo, dass sie jede seiner Bewegungen spürte. Was er wohl dachte?
»Sollen wir es aufgeben?«, fragte sie schließlich.
Paulo schüttelte den Kopf. »Wenn ihr Telefon nicht funktioniert, können wir nur noch hoffen, dass wir Roger und Sameer finden, indem wir den Schimpansen orten. Dann treffen wir sie hoffentlich dort.«
Nach kurzer Überlegung kam Jamie zu dem Schluss, dass er recht hatte. Sie sah ihn an und sagte ihm in aller Aufrichtigkeit, was sie empfand. »Ich bin ja so froh, dass du da bist, Paulo.«
Paulo streckte langsam einen Finger aus und streichelte unter dem Nieselregen sanft ihre Wange. Schließlich fasste er mit der anderen Hand nach ihrer Kapuze, zog sie herunter und umfasste ihren Kopf mit beiden Händen. Zärtlich küsste er sie auf die Stirn, während sie ihm die Kapuze abstreifte.
Sie fielen sich in die Arme, und ihre Lippen trafen sich zum ersten Mal. Die quälende Angst, die sie alle beide empfanden, schmolz mit jedem Kuss weiter dahin, bis sie alles um sich herum vergessen hatten und nur noch die tröstliche Wärme ihrer beiden Körper spürten. Ihre langsame, innige Umarmung schirmte sie gegen die groben, unzivilisierten Geräusche des Waldes ab.
Jamie erhob sich vor Paulo auf die Knie, sodass er mit den Händen ihre Taille umfassen und unter ihr T-Shirt fahren konnte. Langsam ließ er die Hände höhergleiten, ehe er innehielt. Jamie legte ihre Hände auf seine, schob sie sachte auf ihre Brüste und warf atemlos den Kopf in den Nacken.
Sie zog ihr T-Shirt hoch, drückte seinen Kopf fest an ihre Brust und küsste liebevoll sein Haar. Er schloss die Arme um ihre Taille, worauf sie nach unten rutschte, bis sich ihre Lippen erneut trafen. Dann schlug sie die Augen auf und lächelte ihn dankbar an. »Halt mich fest, Paulo«, flüsterte sie.
Er streifte seinen Regenmantel ab, schloss sie fest in die Arme und sank mit ihr zu Boden, während er sie immer wieder auf Gesicht und Hals küsste.
32
Auch als sich die Nacht über den Regenwald senkte, wollten Carlos, Ayala und Susan die Verfolgung nicht aufgeben. »Wir kommen ihm immer näher, das weiß ich«, sagte Ayala zu den anderen, während sie auf das starke Signal aus der Antenne horchte.
Susan zuckte die Achseln. »Sollen wir weitergehen? Ich fühle mich gut, und der Regen hat auch aufgehört.«
»Wahrscheinlich kommt der Schimpanse nachts nicht herunter«, meinte Carlos. »Sie schlafen im Blätterdach. Sollen wir ihm einen Hinterhalt legen?«
Ayala war nicht wohl bei dem Gedanken. »Es ist ziemlich gefährlich, nachts durchs Blätterdach zu turnen. Ich finde, wir sollten noch einen Tag zugeben.«
Carlos nickte. »Dann machen wir doch Feuer und essen etwas Vernünftiges. Ich habe ein paar Süßkartoffeln dabei und könnte Bohnen dazu machen und Brötchen aufbacken. Was meinen Sie?«
Susan lächelte dankbar,
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