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Die Erben der Schöpfung

Die Erben der Schöpfung

Titel: Die Erben der Schöpfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Anderson
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sammelten sich auf Jamies Stirn, und ihr fiel auf, dass Jeremy und Mercer jetzt noch rascher atmeten und sich schwertaten, die Geschwindigkeit zu halten, ohne sich abzukämpfen. Die Luft roch dumpfig und seltsam vertraut, als würde man einen der menschlichen Art eigenen urtümlichen Geburtsort des Lebens wiedererkennen, und es war feucht, allerdings nicht so feucht wie am Fluss.
    Im Wald gab es gerade genug Licht, dass Jamie sehen konnte, wohin sie trat. Die ewige Dämmerung im Waldesinneren ging zwar nachts in richtiges Dunkel über, doch wurde es tagsüber nie ganz hell, woran Jamie gewöhnt war, was ihren Begleitern aber vermutlich fremd war.
    Das Blätterdach über ihnen war eine völlig andere Welt, in der zwischen verschlungenen Lianen bunte exotische Pflanzen wuchsen und sich Schmetterlinge, Vögel und Fledermäuse tummelten, alle vom Waldboden aus ungesehen. Die meisten im Blätterdach heimischen Arten verließen dieses zu ihren Lebzeiten nie. Lediglich ein Bruchteil der anpassungsfähigeren Arten wagte sich je auf den Boden herab.
    Jamie wusste aus Erfahrung, dass man im Waldesinneren, wo die Pflanzen herrschten und sich mithilfe ausgeklügelter und exotischer Abwehrmechanismen schützten, die Tiere zwar oft hörte, sie jedoch nur selten zu Gesicht bekam. Hunderttausende Giftstoffe, Dornen und Tricks der Evolution hatten die Pflanzen im Regenwald davor behütet, den Tieren zum Opfer zu fallen, und nun herrschte eine stabile Symbiose zwischen den Tieren und Pflanzen, die hier zu Hause waren.
    Jamies Taschenkompass baumelte an seinem Halsband gegen ihr Trekkinghemd. Gelegentlich musterte sie ihn, orientierte sich neu und ging mit leicht korrigiertem Kurs weiter. Etwas seltener zog sie ihren GPS-Empfänger zurate und schätzte die bereits zurückgelegte Entfernung. Jeremy war anfangs ziemlich gesprächig gewesen, doch nach ein paar Versuchen, Konversation zu betreiben, hatte er sich damit abgefunden, schweigend weiterzumarschieren, was seiner zunehmenden Atemnot entgegenkam. Mercer stapfte ohne ein Wort der Klage vor sich hin und ertrug die Strapaze mit Würde und Gleichmut. Er blieb nicht einmal stehen, wenn er gelegentlich einen Schluck aus seiner Feldflasche nahm.
    Nach einem Marsch von mehreren Stunden sah Jamie, wie Jeremy anhielt, um seine Beine gegen einen Baum zu stützen. Auch in ihren eigenen Waden spürte sie eine zunehmende Verhärtung und begriff, dass es den anderen wahrscheinlich bedeutend schlechter ging. Also blieb sie ebenfalls stehen und streifte den Rucksack von ihrem feuchten Hemd. Dann zog sie die Antenne hervor und klappte sie auf, wie sie es bei Sameer gesehen hatte. Ohne genau zu wissen, was sie erwartete, hielt sie die Antenne auf Armeslänge entfernt und schaltete den Audiokanal ein. Langsam drehte sie sich mit dem Gerät im Kreis, hielt inne und wiederholte das Ganze. Machte sie irgendetwas falsch? Sie schüttelte den Kopf und steckte die Antenne wieder in den Rucksack.
    Mercer warf den anderen einen ironischen Blick zu, der bedeuten sollte, dass er zum Weitergehen bereit war. Jedoch konnte er seine Erleichterung nicht gänzlich verhehlen, als Jamie verkündete, dass dies eine gute Gelegenheit für eine Mittagspause sei. Er nahm seinen Rucksack ab und setzte sich darauf.
    Jeremy packte einen Müsliriegel aus, hockte sich auf einen umgestürzten Baum und massierte sich mit der freien Hand die Knöchel, ehe er Jamie ansah. »Hast du dich eigentlich nie einsam gefühlt, als du allein im Wald gearbeitet hast?«
    Jamie lächelte und wandte den Blick ab. »Nicht so einsam wie in Princeton. Die Einsamkeit hier hat etwas Spirituelles an sich, ganz im Gegensatz zu einem engen Zweierzimmer im Studentenwohnheim.«
    Jeremy nickte. »Die Umgebung hier hat etwas Unheimliches an sich, findest du nicht?«, meinte er. »Ich meine, irgendwie ist es doch wie im Märchen, nur ohne die Geschichte.«
    »Vielleicht ist das ja unsere Aufgabe hier.«
    Jeremy wandte sich an Mercer. »Auf eine Frage habe ich allerdings nie eine Antwort gefunden: Was soll das eigentlich alles? Natürlich weiß ich, was der Schimpanse für uns bedeutet, aber ich verstehe Kenji nicht. Was wollte er erreichen? Ich meine, warum hat er den Schimpansen überhaupt erschaffen?«
    Mercer zuckte die Achseln. »Ich habe nie ein klares Wort aus ihm herausbekommen. Und jetzt…«
    Jamie beendete in Gedanken seinen Satz.
    Mercer fuhr fort. »Nein, ich war die ganze Zeit über nicht im Bilde, erst seit Kurzem, als Kenji für die Arbeit mit

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