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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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das nächste Tier heran und wollte nach seinen Beinen schnappen, als Nobodys Pistole krachte.
    Die Kugel traf das Tier ins Genick und verletzte es schwer. Der Alligator sank ins Wasser zurück und rotierte in der braun schäumenden Gischt, um schließlich leblos davonzutreiben. Zwei der anderen Tiere taten sich an ihrem toten Artgenossen gütlich, während der Rest der Meute noch immer Nick und Jim als die nächste sättigende Mahlzeit betrachtete. Vier Panzerechsen gleichzeitig schossen mit aufgerissenen Mäulern auf die beiden Flüchtlinge zu, die ihre wertlos gewordenen Pistolen in den Händen hielten. Sie hatten kein Blei mehr in den Läufen, und so waren sie den Zähnen der Bestien schutzlos ausgeliefert.
    Schlagartig wurde Nick klar, dass dies das Ende war. Die Arme abwehrend von sich gestreckt und mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen erwartete er den Angriff des Untiers, das sich schnaubend in seine Richtung schob – um im nächsten Augenblick von einer Ladung Blei ereilt zu werden.
    Schüsse peitschten, und die gefräßigen Bestien, die sich eben noch auf ihre wehrlose Beute hatten stürzen wollen, wanden sich in tödlicher Verwundung.
    Überrascht blickten Nick und Jim auf, und zu ihrer Erleichterung wie zu ihrer Bestürzung erblickten sie auf der Ostseite der Lichtung drei mit Musketen bewaffnete Männer, von denen einer einen spanischen Offiziershelm trug.
    »Verdammt«, stieß Jim hervor und wollte sich schon zur Flucht wenden, doch Nick hielt ihn zurück.
    »Das sind keine Spanier«, stellte er fest – und hatte Recht. Denn als die Fremden jetzt zu ihnen herüberkamen, konnte man erkennen, dass ihre Kleidung keineswegs der Uniformordnung der Armada de Barlavento entsprach. Im Gegenteil, ihre Kleider waren speckig und abgetragen und an vielen Stellen notdürftig ausgebessert.
    Der Mann mit dem Offiziershelm war schmal gebaut und von kleinem Wuchs. Seine Gesichtszüge und der weit herabhängende Schnurrbart verrieten sein asiatisches Erbe. Seine Kumpane waren Europäer – der eine, der einen speckigen Lederrock trug und darüber einen Pulvergurt, dazu einen breitkrempigen Hut, unter dem üppig schwarzes Haar hervorquoll, schien südländischer Herkunft zu sein. Der andere hatte eine flache Mütze mit roter Zier auf dem Kopf, die ihn als Schotten kennzeichnete; seine derben Züge und sein gedrungener, kräftiger Körperbau unterstrichen diesen Eindruck noch.
    »Arh 3 «, rief ihnen der Schotte mit dem breiten Akzent seiner Landsleute zu, »wen haben wir denn da? Wenn das mal keine Landratten sind, die sich verlaufen haben.«
    Seine Kumpane lachten, und die Männer kamen noch näher. Mit gemischten Gefühlen erkannte Nick, dass sie gut bewaffnet waren – zu den Musketen, die sie bei sich trugen, hatte jeder eine Pistole im Gürtel, dazu Säbel und Entermesser. Der Asiate trugein erlegtes Wildschwein über dem Rücken – offenbar waren die Männer auf der Jagd.
    »Gute Beute«, stellte der Schotte mit Blick auf die erlegten Alligatoren fest. »Die Biester werden unsere Mägen für eine Weile füllen.«
    »Esst ihr die Viecher etwa?«, erkundigte sich Jim vorlaut, was ihm einen tadelnden Blick des Schotten eintrug.
    »Aye, besser so als umgekehrt, oder nicht? Es hätte nicht viel gefehlt, und ihr wärt in den Bäuchen dieser Biester gelandet.«
    »Verzeiht die unüberlegten Worte meines Freundes«, sagte Nick schnell, »er hat es nicht so gemeint. Wir danken euch für die unverhoffte Rettung. Wir dachten, es wäre mit uns vorbei.«
    »Aye, das dachte ich auch, als ich euch sah.« Der Schotte lachte derb. »Was, in aller Welt, treibt zwei Grünschnäbel von eurer Sorte in diese gottverlassene Gegend? Ihr seht aus wie frisch vom Galgen geschnitten.«
    »Darüber möchten wir nicht sprechen«, sagte Nick ausweichend.
    »Ist auch nicht nötig. Eure blutigen Fußgelenke verraten, dass ihr Fesseln getragen habt, und zwar eine lange Zeit. Ihr seid entlaufene Sklaven, aye?«
    Nick und sein Freund tauschten betroffene Blicke, worauf der Schotte nur noch lauter lachte.
    »Keine Sorge, Lads, bei uns ist euer Geheimnis gut aufgehoben. Wir verpfeifen euch nicht an die Spanier – jedenfalls vorerst nicht. An Bord werden wir entscheiden, was mit euch geschehen soll. Dann wird sich zeigen, ob ihr euer Glück besser mit den Alligatoren versucht hättet.«
    »An Bord?«, fragte Nick.
    »Aye. Unser Schiff liegt in einer Bucht nicht weit von hier. Wir sind an Land gegangen, um Frischwasser zu fassen und unsein wenig

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