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Die Erben des Terrors (German Edition)

Die Erben des Terrors (German Edition)

Titel: Die Erben des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes C. Kerner
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Boote der ARC, der Atlantic Rally for Cruisers, um sich gesehen, aber die waren wohl fast alle vor ihm angekommen – kein Wunder, sein Boot war verhältnismäßig klein. Aber im Gegensatz zu den Teilnehmern der ARC war er auch alleine und kein sechs- oder mehrköpfiges Regattateam. Er hatte sich sehr lange in Gesellschaft der anderen Segler, es waren dieses Jahr weit über zweihundert Boote am Start, sehr wohl gefühlt. Oder zumindest ein bisschen sicherer. Noch sicherer hätte er sich gefühlt, wäre er einer der Regattateilnehmer, aber als Einhandsegler darf man aus Sicherheitsgründen nicht teilnehmen.
    Wie auch immer das Sinn macht e.
    Er blickte auf seine Uhr, eine Omega Seamaster, das Geschenk seiner Frau zum fünfjährigen Hochzeitsjubiläum. Das kleine, grünlich fluoreszierende Dreieck des eigentlich roten, bei fehlendem Mondlicht aber nicht sichtbaren kleinsten Zeigers stand irgendwo auf vier Uhr. Der rote Zeiger indizierte in einem vierundzwanzigstündigen Umlauf die GMT, die Greenwich Mean Time, also die Zeit am Nullmeridian in Greenwich bei London. Oder auch die Zeit auf den kanarischen Inseln, das nahm sich nichts.
    Acht Uhr morgens war es also auf den kanarischen Inseln, und damit noch fast fünf Stunden bis zum Sonnenaufgang hier, wie auch die beiden anderen Zeiger verrieten, die sich an die klassische zwölfstündige Zeitskala hielten: In Barbados war es zehn vor drei. Er würde also am frühen Nachmittag in Barbados einlaufen, und wenn der Hafenführer nicht allzu veraltet war, hätten die Port Authority, also die Hafenbehörde, Zoll und Immigration, die Einwanderungsbehörde, auch am Freitagnachmittag geöffnet. Würde das so klappen, hoffte er, während er den Niedergang wieder hinunterstieg, säße er noch am gleichen Abend in einer kleinen, urigen Hütte in der Nähe des Hafens und würde, legal im Land, ein kaltes, nicht geschütteltes Bier trinken können. Und, was noch deutlich attraktiver wirkte, Fleisch essen.
    Wieder unten am Navigationstisch zeigte das Radar wie so oft nichts, zumi ndest nichts großes oder etwas, das seinen Kurs kreuzen würde. Er schaltete seine Taschenlampe wieder ein und den Hauptschalter für die Instrumente aus, um Batteriestrom zu sparen. Im roten Licht der Lampe fand er das Handy, stellte den Wecker auf elf Uhr kanarischer Zeit, und legte sich wieder in die Koje. Er würde rechtzeitig vor Sonnenaufgang wieder wach sein. Und, wichtiger, bevor er in die Nähe der Klippen der Insel kam.
    Am Nachmittag
13° 04’ 57.96” Nord, 59° 36’ 35.26” West
Grand Barbados Beach Resort, Bridgetown, Barbados
    „Ja, ich will“, sagte Nikki Routledge freudestrahlend auf die Frage der sehr dicken Standesbeamtin. Ihr Ehemann – zumindest würde er das in etwa fün fzehn Sekunden sein, wenn die Standesbeamtin ihn dazu erklärt hätte, lächelte ebenso glücklich wie sie und zwinkerte. Ein sanfter, angenehmer Wind machte die über dreißig Grad Außentemperatur und die schwüle Feuchtigkeit etwas erträglicher, dennoch schwitzte die gesamte Hochzeitsgesellschaft in der Nachmittagssonne, die erst in zwei, drei Stunden untergehen würde.
    Zweihundert Meter westlich der Hochzeitsgesellschaft schwitzte Daniel Dreyer auf dem Vorschiff seiner Yacht nicht so sehr. Er hatte außer einer khakifarbenen Bermudashorts und einem offenen, weißen Hemd nichts an. Das Einklarieren, alle Formalitäten zum offiziellen Einreisen, hatte natürlich nicht funktioniert, der Hafen war voll, schließlich war Hauptsaison. Also musste er, ohne Bier, Steak oder eine Dusche wieder weg, und plötzlich hatte er zum ersten Mal seit fast einem Monat das Gefühl, unter Stress zu stehen, wollte er doch vor Einbruch der Dunkelheit irgendwo in ein Bojenfeld oder vor Anker gehen.
    Das Bojenfeld am Boatyard, vom Namen her eine Werft, in der Praxis aber eher keine Werft, die Dreyer aufsuchen würde, wirkte zwar gepflegt, aber im Hafen hatte ihm ein holländischer Segler erklärt, dass es einen Kilometer weiter in Carlisle Bay wunderbaren Ankergrund gäbe, und das kostenlos. Dieser Meinung waren gefühlte hundert andere Yachtbesitzer auch, aber nach einigem Suchen hatte er einen Platz gefunden, an dem keine betrunkene Männercrew aus den USA auf dem Nachbarboot war. Zu unsicher, zu großes Risiko.
    Er ließ seinen Anker fallen. Mit dem Fuß auf der ausrauschenden Kette sah er sich den Strand an, wie erwartet voller Hotels. Am Strand offensichtlich eine Hochzeit, typisch amerikanisch, mit drei Brautjungfern in Pink

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