Die Erben des Terrors (German Edition)
Gelände kamen. Dreyer grüßte ihn freundlich, was der Wachmann mit einem gelangweilten Nicken quittierte und weiter an seiner Zigarette zog. Dreyer zündete sich auch noch eine an – jetzt musste er nicht mehr damit haushalten. Seine Zigarettenkonsumplanung auf den kanarischen Inseln war sehr moderat gewesen, der tatsächliche Verbrauch dann doch deutlich höher. Aber bei dem Zigarettenpreis hier – wozu überhaupt nachdenken.
Er blieb am Strand stehen und blickte auf das schwarze Meer, in dem sich die Ankerlichter hunderter Yachten, eines Kreuzfahrschiffes und zweier Tanker spiegelten. Er genoss die schöne, laue Nacht und die romantisch wirkende Stimmung, als er von hinten das laute Gelächter einiger Frauen hörte. Er drehte sich um und sah die drei Brautjungfern von der Hochzeit, in ihren lächerlichen rosa Kleidern, und etwas dahinter drei grölende Männer, die sie verfolgten. Die Frauen waren Mitte Zwanzig, vielleicht etwas jünger, stellte Dreyer fest und bemerkte dabei, dass er seinen dreiunddreißigsten Geburtstag in Kürze feiern würde – oder dieser zumindest stattfände.
Die drei Frauen, mit billig wirkenden amerikanischen Brautjungfernkleidern angezogen und mit zausigen Haaren irgendwie genau deswegen sexy, liefen weiter auf ihn zu. Als sie ihn sahen, hielten sie kurz inne. Das nun wunderte Dreyer überhaupt nicht, ein rauchender, einsamer Mann an einem dunklen Strand mitten in der Nacht war sicher nicht die vertrauenerweckendste Begegnung ihres Lebens. Ihr Stehenbleiben gab den sie verfolgenden Männern die Gelegenheit, aufzuholen,. Dreyer fing an, Satzteile ihres Gespräches zu verstehen.
„Jetzt gebt endlich her“, war so etwa der zentrale Gehalt der männlichen Kommunikation, „holt sie euch doch“, der der Damen. Letztere hatten offenbar die Bar geplündert, oder zumindest den Champagner. Während die drei Frauen noch unentschlossen zwischen den Verfolgern und der immer noch ruhig rauchenden Gestalt hin- und herschwankten, konnte sich Dreyer ein sehr gekünsteltes „Good Evening, Ladies “ nicht verkneifen, was nach einem sehr kurzen Zeitraum totaler Verwunderung zu einer enormen Steigerung des Kicherns führte. Eher zu einem Lachanfall.
Dreyer war durchaus bewusst, dass er Englisch genau so spricht, wie es das Concise Oxford English Dictionary vorgibt, aber ein Jahr in England im zarten Alter von 14 Jahren hinterlässt eben einen deutlichen Dialekt. Und dann darf man auch mal „Ladies“ sagen, auch wenn „Hey, Girls“ vielleicht angebrachter gewesen wäre. Der Effekt aber wäre sicher nicht der gleiche gewesen, denn die erste der drei, eine sehr schöne Brünette, die sich von ihrem Lachanfall erholt hatte, stieß die beiden anderen in Dreyers Richtung und schrie „Oh bitte, Eurer Lordschaft, beschützt drei hilflose Maiden aus den Kolonien“.
Der erste der Verfolger, ein stämmiger dunkelhaariger Mann mit einer schlecht gebundenen Fliege und einem Frack, der ihm offensichtlich unangenehm war, hatte mittlerweile die hilflosen Maiden erreicht und eine davon, eine Dunkelhaarige mit Locken, die etwas fülliger war als die anderen beiden, mit den Worten „hab ich dich, Marsha“ von hinten hochgehoben. Dann fiel auch ihm Dreyer auf, der, vielleicht zwei Meter von den Frauen entfernt, immer noch in aller Ruhe seine Zigarette rauchte.
Der Anblick machte Craig, wie ihn die lockige Rotgefärbte nannte, etwas verdutzt und gab Marsha, die er immer noch in der Luft hielt, die Gelegenheit, einen kräftigen Schluck Champagner aus der Flasche zu nehmen. Zwischenzeitlich hatten sich auch die beiden anderen Männer, ein dicklicher Dunkelhaariger mit hochrotem Kopf, wohl vom Laufen, und ein schlanker Blonder mit ebenso hochrotem Kopf, wohl vom Alkohol, eingefunden.
„Wer zum Teufel bist du denn?“, sagte der Blonde in einem lallend-aggressiven Tonfall.
Dreyer überlegte kurz, wie mit der Situation umzugehen sei und entschloss sich für Humor. „Es tut mir leid, wir wurden noch nicht offiziell vorgestellt. Mein werter Name ist …“, aber das werter führte dazu, dass Marsha den offensichtlich noch nicht ganz heruntergeschluckten Champagner mit einem laut prustenden Lacher auf den Blonden spuckte. Dreyer konnte sich ein fieses Lächeln nicht ganz verkneifen und zog an seiner Zigarette.
„Chuck, du bist unmöglich“, sagte die Brünette dem etwas dümmlich dreinblickenden und leicht tropfenden Mann.
„Könnt‘ ich jetzt endlich was von dem Champagner haben, Trish?“, sagte der
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