Die Erben des Terrors (German Edition)
Daniel“, rief Jesús Gómez, als Dreyer und Lara den Container in der Mitte der Halle betreten wollten. „Machen Sie bitte die Zigarette aus; die Chemikalien…“
Dreyer zertrat die Zigarette auf dem alten Betonboden. Lara ließ ihm den Vo rtritt, und Gómez gestikulierte ihnen, sie sollten sich in die beiden schweren Ledersessel, eingefasst in schlichtes Stahlrohr, setzen. Der Vitra Lobby Chair , ein Klassiker des Bauhaus-Designs; Dreyer hatte sich immer einen für seine Bibliothek gewünscht. Seine Frau hatte ihn furchtbar gefunden, vor allem für fünftausend Euro, und zudem hatte Dreyer nie eine Bibliothek gehabt. Aber bequem war der Sessel.
Auf der anderen Seite des Tisches nahm Gómez Platz, auf einem identischen Stuhl. Offenbar empfing er hier nur wichtige Gäste, und Lara zögerte einen Augenblick, bevor er sich setzte. Er passte auch nicht auf den Sessel – eine verwaschene Jeans, ein Poloshirt, dessen Kragen ausfranste. Obwohl er sicher ein brillanter Mann war, zog er sich an, als wäre er ein arbeitsloser Soziologiestudent.
Er hatte Dreyer erzählt, dass er der erste seiner Familie aus Socavón, einem Dorf außerhalb von San Fernando de Apure, einige Kilometer vor der venezuelanisch-kolumbianischen Grenze, war, der in Caracas eine Universität besucht hatte. Und nach Abschluss seines Studiums der Elektrotechnik an der Universidad Central de Venezuela wäre es für ihn nicht schwer gewesen, einen Job zu finden – auch Dreyer hätte mit seinem vergleichbaren, wenn auch deutschen Abschluss keine Probleme gehabt, irgendwo auf der Welt Arbeit zu finden. Wie ihm gerade wieder deutlich wurde.
Aber Laras Familie hatte ihm nie gesagt, wer das Studium finanziert hatte. Das hatte Francisco Lara aber sehr schnell herausfand, als eines Abends zwei Männer in feinen schwarzen Anzügen vor seiner Tür standen und ihn, kurz ihre Uzis unter den Sakkos zeigend, gebeten hatten, mitzukommen. Und nun baute er seit vier Jahren nach Bauplänen, die vermeintliche Freunde aus dem nahen und fernen Osten schickten, modifizierte amerikanische Kampfdrohnen als Transportflugzeuge.
„ Señor Gómez“, begann Dreyer, „Francisco und ich haben eine Lösung gefunden.“
„Das ist doch schön, Francisco . Wenn du endlich mal nützlich bist, ersparen wir vielleicht doch deiner kleinen Schwester unser Etablissement in Cumaná.“
Lara zeigte keine Regung. Dreyer stellte sich ein junges Mädchen in einem Bo rdell vor.
„Das Problem ist, wie die Daten zeigen, dass die Amerikaner die Funkfreque nzen stören, über die die Drohne gesteuert wird.“, sagte Dreyer.
„Ach.“ , spottete Gómez.
„Zudem kommunizieren die Drohnen ihre eigene GPS-Position über Ultr akurzwelle, was sie für die Amerikaner leicht zu orten macht.“
Gómez blickte Lara an, als wolle er ihn töten.
„Aber das ist auch notwendig, um sie zu finden“, setzte Dreyer fort. Gómez wirkte etwas weniger verärgert.
„Aber Señor Daniel hat eine Lösung gefunden, wie wir beide Probleme lösen können“, fiel ihm Lara mit einem Enthusiasmus ins Wort, als wäre es seine Idee gewesen.
„Und die wäre?“
„Handynetz“, sagten beide Ingenieure.
„Handynetz? Überwachen die Amerikaner das nicht auch?“
„Ja, aber das dauert. Alles, was Sie brauchen, ist ein Dutzend frischer Prepaid-SIM-Karten für jeden Flug und ein paar Dollar für das Guthaben. Ja, die Amerikaner werden wissen, dass eine Drohne gekommen ist, und wo sie gelandet ist, aber bis dahin haben Sie ewig Zeit.“
„Und das funktioniert wie?“
„Bis zur Küste vor Florida bleibt alles wie gewohnt. Ab da brauchen wir ein paar Veränderungen in der Software, sodass die Drohne, wenn sie keinen Funkkontakt mehr hat, einfach bei Ihnen anruft.“
„In Venezuela?“
„Nein, natürlich in den USA. Und vor diesem Anruf reduziert die Drohne ihre Geschwindigkeit auf siebzig Meilen pro Stunde. Erstens wegen des Empfangs, und außerdem wirkt es dann wie ein Gespräch aus dem Auto.“
„Aha.“ Gómez wirkte unbeeindruckt.
„Binnen einundzwanzig, zweiundzwanzig Sekunden übermittelt die Drohne Kurs und Position, und der Computer in Florida macht entsprechende Korre kturen und übermittelt diese. Ende des Datentransfers. Die Amerikaner bekommen mit, dass da etwas stattgefunden hat, aber das passiert Tausende von Malen jede Minute, auch in den Everglades, wenn ein Angler seine eMails checkt. Eigentlich macht die Drohne genau das, sie verschickt eine eMail, und dann empfängt sie
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