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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Emerson
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fragte sie.
    »Gut, denke ich.«
    Wir hatten den Strand nun verlassen und überquerten eine Grünfläche. Die Rasensprenger arbeiteten bereits, und wir liefen Schlangenlinien, um den wirbelnden Wasserarmen zu entgehen. »Uuuh, Wasser, pass bloß auf!«, rief ich. Ich wollte witzig sein – doch was, wenn Lilly es nicht so empfand?
    Sie schmunzelte aber. »Mit Wasser kenne ich mich aus.«
    Der Himmel zeigte die ersten Spuren von Blau. Die Bäume gewannen wieder Farbe. Zu unserer Linken trafen die ersten orangeroten Strahlen der SafeSun-Leuchten auf die Spitze des Fahnenmasts. In ein paar Stunden wären wir alle wieder hier versammelt, wie an jedem Morgen. »Es ist nicht leicht, das alles zu verarbeiten«, sagte Lilly leise.
    »Nein.« Wahrscheinlich hatte sie recht, aber eigentlich kamen mir die Kiemen schon ganz normal vor. Sie gehörten zu mir wie meine Arme oder Beine. Okay, ganz so normal waren sie vielleicht doch noch nicht. Sie beschäftigten mich aber auch nicht direkt, jedenfalls nicht so sehr wie die Tatsache, dass Lilly gerade neben mir herlief. Noch vor einem Tag war sie mir so geheimnisvoll erschienen, als gehörte sie zu einer ganz anderen Spezies – was ja irgendwie auch der Fall war. Ich aber ebenso.
    »Pass auf, Owen«, setzte sie an, und ich hoffte schon, dass sie vielleicht etwas über uns sagen wollte – über die Verbindung, die jetzt zwischen uns bestand. Stattdessen aber sagte sie: »Ich wollte mich noch mal dafür entschuldigen, dass du … du weißt schon. Ertrunken bist.«
    »Ach so.« Ich fand nicht, dass sie sich zu entschuldigen brauchte. »Das ist schon okay. Ich meine, du hast mich ja im Auge behalten.«
    »Habe ich aber nicht«, gestand sie. »Zumindest nicht gleich.« Sie wich meinem Blick aus. »Die Wahrheit ist, ich habe erst gar nicht bemerkt, dass du weg warst. Erst am Ende der Prüfung. Alle waren wieder auf dem Steg, und jemand aus der Gruppe hat nach dir gefragt. Beaker, glaube ich. Dann habe ich zu suchen begonnen, bin getaucht und hab dich gefunden, und da habe ich dann deinen Hals gesehen und gewusst, dass alles okay war. Vorher aber …« Sie zuckte die Schultern.
    »Dann hast du gelogen, eben auf dem Floß.«
    »Ich wollte die anderen nicht wissen lassen, dass ich’s vermasselt habe.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Es war schon eine gewisse Enttäuschung: Lilly hatte nicht auf mich aufgepasst, hatte mich nicht einmal richtig bemerkt, bis jemand anders sie auf mich aufmerksam machte. War das alles jetzt also bloß Mitleid? Wollte sie nur mit mir befreundet sein, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte – weil ich beinahe gestorben wäre? »Wieso erzählst du mir das?«
    »Ich weiß auch nicht«, erwiderte sie. »Ich denke, ich wollte einfach, dass du die Wahrheit erfährst.«
    Ich dachte darüber nach. Änderte es denn irgendwas? »Du hast mir trotzdem das Leben gerettet.«
    »Nein, das hast du selbst. Ich habe eine große Show abgezogen, als ich dich aus dem See zog, aber das habe ich vor allem deshalb gemacht, damit niemand die Kiemen entdeckt.«
    »Na ja, aber wenn du mich nicht gewarnt hättest, hätte ich Paul und Dr. Maria alles erzählt, nehme ich an.«
    »Okay, dann habe ich wenigstens das richtig gemacht.« Lilly blieb stehen. »Ich sollte zurück.«
    Ich wollte noch etwas sagen, wusste aber nicht, was.
    »Wir sehen uns dann beim Frühstück.« Sie griff nach meiner Hand und drückte sie. »Danke, dass du zum Schwimmen gekommen bist. Du kommst doch heute Nacht wieder, oder?«
    »Na klar doch.« Ich nickte, lächelte und strengte mich an, es mit beidem nicht zu übertreiben – innerlich aber brach ich in Jubel aus.
    »Schön.« Sie lächelte mir noch einmal zu und ging dann zurück. SafeSun-Licht spielte auf ihrem nassen Haar, ihren Schulterblättern, ihren Zehenringen.
    Ich schaute ihr noch kurz nach, dann machte ich mich wieder auf den Weg. Die Rinde auf dem Waldpfad stach ein wenig unter meinen Füßen. Ich konnte mich nicht erinnern, daheim außerhalb der Wohnung jemals barfuß gelaufen zu sein. Ich hätte meine Turnschuhe anziehen können, wollte es aber nicht, sondern lief auf den Zehen und genoss das Gefühl der Kiefernadeln, die sich dazwischen sammelten. Dann kam ich an den ersten Hütten vorbei, aus denen lautes Schnarchen drang. Obwohl ich müde war, hüpfte ich fast. Ich war schon ein wenig aufgekratzt oder nervös.
    Da die Hintertür der Hütte sich nur von innen öffnen ließ, würde ich mich wohl an Todd vorbeischleichen müssen.

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