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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Emerson
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zerzausten Strähnen und besudelte ihr himmelblaues T-Shirt, auf dem ein niedlicher, großäugiger Comic-Panda zwischen den Worten Camp und Eden saß.
    Sie bewegte sich nicht. Ihre Augen hatten sich nach oben verdreht, als würde sie sich fragen, was denn eigentlich passiert war, und sich Antworten von den Technikern in ihrem Gehirn erhoffen. Kinder wie Erwachsene hatten zu weinen angefangen. Irgendwie traf es mich nicht ganz so hart; vielleicht, weil ich ohne Geschwister aufgewachsen war und kleine Kinder auf mich immer ein wenig wie von einem anderen Stern gewirkt hatten. Trotzdem war es schrecklich, was ihr da passiert war. Gestern war ihr nur ein wenig übel gewesen, und jetzt … das?
    Dr. Maria drängte sich durch die Menge, wobei sie fast ihren Arztkittel einbüßte. »Alle zurücktreten!«, befahl sie, und in der darauffolgenden Stille hallte ihre Stimme von den fernen Ecken des Speisesaals wider.
    Dann ging sie neben Colleen auf die Knie. Überprüfte ebenfalls den Puls. Ich rechnete eigentlich mit einer Herz-Lungen-Massage oder etwas in der Art, stattdessen aber zauberte sie wieder dieses kleine Gerät mit dem Lämpchen darauf hervor. Als sie es vor Colleens Stirn hielt, leuchtete es blässlich gelb, nicht grün wie bei mir.
    Dr. Maria schien zu seufzen oder zu fluchen, und sie ließ den Kopf hängen.
    »Wie geht es ihr?« Paul tauchte neben uns auf, die Arme vor der Brust verschränkt.
    Die Ärztin schaute ihn nur an, mit Tränen in den Augen. Ihr Blick sagte mehr als alle Worte, und sie schien wütend zu sein, doch da mochte ich mich auch täuschen.
    Pauls Blick aber blieb wie immer verborgen. Dann trat er vor, kniete nieder, schob seine Arme unter Colleens Knie und Schultern und hob sie hoch. Wortlos drehte er sich um und ging zum Hinterausgang, Richtung Krankenhaus.
    Dr. Maria erhob sich und schaute ihm nach. Dann bemerkte sie die Betreuerin, die immer noch am Boden saß, das Gesicht in den Händen barg und weinte. Sie strich ihr sanft über die Schulter. »Es ist nicht Ihre Schuld«, sagte sie mit schwerer Stimme. »Nicht Ihre Schuld.«
    Gemurmel breitete sich im Saal aus. »Wird sie wieder gesund?«, fragten einige Kinder. »Was ist passiert?« Jedem stand die Angst ins Gesicht geschrieben – die Augen groß, die Münder geöffnet –, und ich wusste, was sie da gerade gesehen hatten, würde für immer eine Narbe in ihrer Erinnerung hinterlassen …
    Mit Ausnahme der Älteren vielleicht. Ich entdeckte Lilly, die die Szene mit Marco und Aliah von der Tischten nisplatte aus verfolgt hatte. Sie hatten die Arme verschränkt und die Augen zu Schlitzen verengt, als wüssten sie schon alles, was es darüber zu wissen gab.
    »Es ist alles in Ordnung«, rief Dr. Maria den Umstehenden zu. »Wir werden herausfinden, was passiert ist. Es …« Sie stockte und hob abwehrend die Hände. »Kein Grund zur Sorge.«
    Mit einem abwesenden Nicken setzte sie sich in Bewegung. Ich dachte erst, sie würde mich nicht bemerken, doch dann legte sie mir die Hand auf die Schulter.
    »Es wird schon wieder«, wiederholte sie ausdruckslos. Dann fiel ihr Blick auf meinen Hals. »Dein Verband …« Sie runzelte die Stirn. »Die Verletzungen …«
    »Ach, mir geht’s schon viel besser.« Ich zuckte die Schultern, als wäre alles okay.
    Das machte die Ärztin aber nur noch misstrauischer. »Na gut – also dann kommst du heute vielleicht besser nicht vorbei, mit … alledem.« Sie zeigte Richtung Tür. »Aber gleich morgen früh, oder?«
    »Klar, kann ich machen.«
    »Gut.« Mit einem letzten Blick auf meinen Hals wandte sie sich ab. Ich hatte möglichst viel NoRad aufgetragen, wie Lilly es mir geraten hatte, war aber trotzdem nervös. Ich hoffte einfach, Dr. Maria hatte die dünnen Linien meiner Kiemen bei dem Licht nicht erkannt. Sicher hatte sie momentan genug andere Sorgen.
    Langsam kehrten die Geräusche im Saal zurück, doch leiser als zuvor.
    Ich kehrte an unseren Tisch zurück. Schweigend beendeten wir unser Essen. Nach einer Weile tuschelte Jalen mit Paige, dann tippte er Leech auf die Schulter. »Alter, Paige meint, du musst den ersten Schritt tun.«
    Das schien Leech aus seiner Starre zu reißen. Er saß tief über den Tisch gebeugt und hatte gerade mit einem schwarzen Stift in einem kleinen Skizzenblock gemalt. Offenbar hatte ihn das ziemlich in Anspruch genommen, denn nun schreckte er hoch, und statt seines üblichen verschmitzten Grinsens zog er ein missmutiges Gesicht. »Halt die Klappe«, murmelte er, als

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