Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
meinte, sie lebt noch«, rief ich ihnen in Erinnerung, erntete aber nur skeptische Blicke. »Was? Glaubt ihr, dass sie tot ist?«
»Du warst doch dabei«, sagte Aliah. »Sie hat nicht gerade danach ausgesehen, als ob sie ›bald wieder gesund‹ würde. Wieso also sollten wir Paul das glauben, wo schon alles, was er sonst so erzählt, einfach nur lächerlich ist?«
»Stimmt schon.« Es war wirklich komisch, wie fahrlässig das Camp sich verhielt – erst bei meinem Unfall, dann bei Colleens »Allergie«. Dennoch fiel es mir schwer zu glauben, dass Paul und seine Leute hinter allem steckten, es vielleicht sogar veranlasst hatten.
Das Wasser plätscherte hohl unter dem Gummifloß. Wir saßen um das Trampolin versammelt, die Beine ausgestreckt zur Mitte wie die Speichen eines Rads. Lilly saß zu meiner Linken, dann kamen Evan, Marco und Aliah. Der Wind war diese Nacht stärker, und bald bekam ich eine Gänsehaut auf Armen und Beinen. Die anderen trugen langärmlige Schwimmkleidung, in der sie wie ein Team von Hightech-Kriegern aussahen; dagegen kam ich mir wieder wie der Frischling vor. Lillys Anzug war ganz schwarz, mit dünnen weißen Nähten.
Als Todd uns vor ein paar Stunden in der Hütte noch ein Kapitel Poe vorlas und dann das Licht ausmachte, hatte ich noch befürchtet, dass ich heute Nacht gar nicht rechtzeitig aufwachen würde. Eine Weile später aber hatten meine Kiemen dann sachte zu brennen begonnen und mich aus meinen Träumen gerissen. Zeit, den neuen Teilen etwas Gutes zu tun , hatte mich der neue Techniker freundlich erinnert.
Diesmal hatte ich einen meiner Socken in die Tür geklemmt, damit sie sich nicht ganz schloss. Auf dem Weg zum See war ich nervös gewesen – zwar hatte Lilly mich eingeladen, aber ob die anderen wirklich so erfreut dar über wären? Doch als ich ankam, waren alle schon da. Lilly rief: »Hey, O!« Ich hatte also immer noch meinen Spitznamen, und hier war ich nun – erneut vereint mit meinem Club nächtlicher Seeungeheuer.
»Davon abgesehen«, sagte Lilly jetzt, »war Colleen nicht die Erste. Bloß die Erste, der es in aller Öffentlichkeit passiert ist.«
»Es sind schon mehr Kinder im Camp gestorben?«
»Drei oder vier die letzten Jahre«, sagte Marco. »Wir haben es aber immer nur um ein paar Ecken mitgekriegt. Ein Junge, der eines Morgens nicht aufwachte …«
»Und wahrscheinlich nie wieder«, fügte Aliah hinzu.
»Genau.« Marco stand auf und begann wieder zu hüpfen. »Paul meinte aber, sie hätten den Kleinen in der Stadt wieder hingekriegt.« Er sprang ins Wasser und spritzte uns nass.
»Hey!«, beschwerte sich Aliah.
»Einmal hat ein Mädchen die anderen in ihrer Hütte mit einem Tennisschläger angegriffen«, sagte Lilly. »Sie war total wahnsinnig.«
»Genau wie der Junge, der von den Asgardklippen sprang«, sagte Aliah.
»Wow«, murmelte ich.
»Bei keinem der Kinder steht fest, dass sie wirklich tot sind«, schaltete sich Evan ein. Es war das Erste, was er zu der ganzen Sache sagte, und er machte ein finsteres Gesicht.
»Genauso wenig ist bewiesen, dass sie noch leben.« Lilly klang verärgert. »Fest steht nur, was wir heute gesehen haben.«
»Colleen war, glaube ich, auch eine Kryo«, sagte Aliah. »Bin mir aber nicht sicher – die Kleinen sehen doch alle gleich aus.«
»Vielleicht gibt es ja einen Zusammenhang zwischen dem, was ihr und uns passiert ist. Vielleicht war Colleen noch zu jung, und ihr Körper kam mit der Veränderung nicht klar.«
»Vielleicht haben sie ihr auch einfach eine stärkere Dosis verabreicht.« Marco kletterte aus dem Wasser und schüttelte sein Haar möglichst nah bei Aliah, sodass sie die Tropfen bekam.
»Jetzt lass schon den Scheiß!« Sie wollte ihn fortstoßen, doch er packte ihren Arm, sodass sie in einem Durcheinander von Armen und Beinen ins Wasser taumelten. Sie tauchten nicht gleich wieder auf.
»Spinner«, meinte Lilly. Offenbar war die Art von Flirten unter ihrem Niveau – ich fragte mich, was wohl ihre Art war. Ich musste vorsichtig sein. Sie war so hübsch, doch je besser ich sie kannte, desto weniger schien ihr Aussehen eine Rolle zu spielen. Ihr hübsches Äußeres war einfach nur da, doch die echte Lilly lebte in ihren wilden Ideen.
»Stärkere Dosis?«, hakte ich nach.
»Könnte doch sein«, sagte Lilly. »Oder nicht? Paul und seine Handlanger setzen uns alle unter Drogen oder stellen irgendwas mit unseren Genen an. Du weißt schon, um Mutationen hervorzurufen.«
Evan seufzte. »Das ist doch
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