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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Emerson
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es dabei etwa um Paul? War Leech eifersüchtig, weil Paul mir so viel Aufmerksamkeit schenkte? Er klang fast wie Evan gestern Nacht.
    Leech trat auf mich zu. »Ich mach dich fertig, Schildkröte.« Seine Augen waren nur noch schmale Schlitze. Wir waren drauf und dran, zu Wilden zu werden – und es machte mir nicht das Geringste aus. Ich hatte genug von ihm.
    »Versuch’s doch«, sagte ich.
    »Hey, da kommt jemand!«, zischte Xane.
    Da hörten wir es alle: Leise Stimmen von weiter unten am Bach.
    Leech schaute sich um. »Sie kommen von dort!«, flüsterte er. »Versteckt euch.« Und von einem Moment auf den anderen war unser Kampf aufgeschoben.
    Wir versteckten uns hinter den Felsen und duckten uns tief auf den Boden. Der kühle Moosteppich war federweich und verströmte einen süßen Geruch. Ich spürte die Feuchtigkeit an meinen nackten Knien und Ellbogen. Mein Atem ging immer noch schwer. Ich hatte Schmerzen in der Schulter und der Seite, war aber froh, dass der Konflikt fürs Erste beigelegt war und wir uns wieder aufs Spiel konzentrieren konnten.
    Eine Gruppe Pflanzenfresser kam den Pfad hoch. Es waren Koala-Mädchen, mit niedlichen Schnurrhaaren und schwarzen Nasen im Gesicht, die nervöse Blicke nach beiden Seiten den Hang hinauf warfen. Ihre Essensmarken drückten sie sich an die Brust.
    Sie hatten uns fast erreicht, als Leech die Hände an den Mund legte und ein wildes Geheul ausstieß. Die Mädchen erschraken und schrien entsetzt auf, während wir aus unseren Verstecken sprangen.
    Sie wollten fliehen, doch es war ein einziges Durcheinander. »Hier lang!«, rief ihr Betreuer, und sie rannten den Pfad zurück. Wir nahmen die Verfolgung auf, ein Rudel auf der Jagd, und der abschüssige Pfad beflügelte unsere Schritte. Wir stießen nun alle ein lautes Geheul aus. Es war mir erst nicht aufgefallen, doch es fühlte sich gut an, und mit dem Adrenalin und der Aufregung des vorigen Kampfes kam ich mir nun wie ein blutdürstiges Raubtier vor. So schnell es ging, jagte ich diesen kleinen Wesen nach – sie gehörten mir, und ich wollte sie erlegen.
    Wir holten sie ein, als der Pfad wieder ebener wurde. Noah und Xane schlugen die hintersten beiden Mädchen ab und schrien: »Hab dich!«, dann holte auch ich eines ein, das entsetzt zu quietschen anfing. Ein anderes stürzte und schlug sich das Knie auf, gerade, als Beaker sie abschlagen wollte.
    »Tut mir leid!«, rief er, der von uns allen wahrscheinlich am wenigsten von einem Raubtier in sich hatte.
    »Okay, das reicht!«, rief der Betreuer. »Ihr habt uns erwischt.«
    Sie hatten bisher erst ein Versteck Marken gefunden, also bekamen wir die hundert Punkte und noch fünf von ihren Armbändern. Der Betreuer sammelte alles ein und übergab es uns. »Hier.«
    Leech trat vor und nahm es entgegen.
    Die Mädchen gingen zurück Richtung Eingang, um sich neue Bänder zu holen und zu warten, bis sie wieder am Spiel teilnehmen durften. Leech verteilte derweil die Beute. »Jeder kriegt seine vierzig.« Er gab mir eine Marke und ein Armband, ohne mich anzuschauen.
    Ich verkrampfte mich in der Erwartung, dass wir jetzt genau da weitermachen würden, wo wir aufgehört hatten, aber Leech wischte sich bloß das Blut von der Nase und führte uns den nächsten Hang hoch, wieder abseits des Wegs. Vermutlich war unser Kampf noch nicht vorbei – bloß aufgeschoben für den Rest des Spiels.
    Noah und Xane folgten ihm. Beaker schaute wieder mich an, um zu sehen, was ich tat. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, mich auf eigene Faust durchzuschlagen, aber sie kannten diesen Wald von früheren Spielen und ich nicht, also folgte ich ihnen abermals.
    Wieder bahnten wir uns unseren eigenen Weg durch den Wald. Einmal begegneten wir einem Team der Polarfüchse, wechselten aber kein Wort miteinander. Gelegentlich hörten wir in der Ferne, wie ein anderes Team zur Strecke gebracht wurde. Es war schon ein wenig gespenstisch. Leech und Noah gingen voraus, und jedes Mal, wenn sie die Köpfe zusammensteckten, rechnete ich mit Vergeltung – aber es ging immer nur darum, welche Richtung wir am besten einschlugen. Dann teilte Noah uns anderen den Entschluss mit knapper Geste mit, so als wären wir eine militärische Einheit.
    »Was glaubst du, wo die Fleischfresser stecken?«, fragte Beaker leise.
    »Keine Ahnung.« Eigentlich sollten wir ihnen ja besser nicht über den Weg laufen, wenn wir gewinnen wollten. Doch die Vorstellung, von Lilly durch den Wald gejagt zu werden, begann immer mehr Raum in

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