Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
flüsterte Lilly und fasste mich bei der Schulter.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich die Luft anhielt. Ich biss die Zähne zusammen, all meine Muskeln waren bis zum Zerreißen gespannt. Ich drückte fester. Die Nadeln drangen tiefer – doch sonst schien nichts zu passieren.
Ich zog meine Hand zurück. Es fühlte sich an, als stünde sie in Flammen. Die Stiche waren hellrot, Blutstropfen quollen hervor, wurden dicker und rannen mir dann die Hand und den Unterarm hinab. Ich wischte mir die Hand an der Hose ab und schaute auf den Abdruck in der Nische. Auch die kleinen Nadeln waren voller Blut; und nun tropfte es herab, sammelte sich an ihrer Basis und breitete sich aus, bis es selbst in die kleinsten Ritzen drang.
Ein Zittern ging durch den Raum.
»Owen …«, sagte Lilly.
Die Wände erzitterten, Staub fiel von der Decke. Hinter uns erklang ein lautes Krachen, wir fuhren herum und sahen, wie sich die schwarze Kugel auf ihrem Podest in den Boden senkte. Weiteres Krachen, ein tiefes Grollen, das immer lauter wurde, und dann begann sich auch der Boden abzusenken, ein Abschnitt nach dem anderen und jeder etwas tiefer als der nächste, sodass sich in der Mitte des Raums eine Wendeltreppe nach unten bildete.
»Okay …«, murmelte ich fassungslos. Mein Blut musste das bewirkt haben – es hatte eine Treppe zu einem unterirdischen Tempel geöffnet. »Was geschieht hier?«
»Der Tisch!« Lilly sprang vor, gerade als der Boden sich unter den Beinen des Tischs auftat und er in die Tiefe zu stürzen drohte. Sie packte seine Kante, und ich hielt die ganzen Papiere fest, wobei ich im letzten Moment daran dachte, meine saubere Hand und nicht die blutige zu benutzen. Dann zogen wir den Tisch an den Rand des Raums. Wahrscheinlich wusste Paul nichts von dieser Treppe – sonst hätte er den Tisch kaum dorthin gestellt. Es war ein Geheimnis, von dem er nichts ahnte.
Das Grollen verklang, und der Boden bewegte sich nicht weiter. An der Wand war noch ein breiter Ring von ihm verblieben, die ganze Mitte aber war versunken. Wir schauten nach unten. Die Treppe beschrieb zwei Drehungen; die schwarze Kugel schien sich nun auf halber Höhe zu befinden. Darunter schimmerte es metallisch.
Auch Lilly machte große Augen, doch dann nickte sie entschlossen. »Geh du vor. Was immer uns da erwartet, es ist für dich.«
Fast wollte ich nicht. Das Singen in meinem Kopf schwoll weiter an und machte es schwer, mich zu konzentrieren. Für mich – wie konnte das sein? Doch bestanden noch irgendwelche Zweifel daran?
Wir gingen die Treppe nach unten. Dabei passierten wir die Obsidiankugel und sahen, dass sie von dünnen Kupferstäben in der Wand getragen wurde. Unter ihrem Podest hatte sich eine Konstruktion aufgespannt, die wie ein großer Regenschirm aus Metall wirkte.
Darunter erblickten wir einen mit großen Platten ausgelegten Steinboden. Darauf ruhte ein dreieckiges Gefährt, das mich entfernt an die kleinen Segelboote aus dem Camp erinnerte.
Die Treppe endete direkt darüber. Ein Laufsteg führte bis zur Wand, wo ein schmaler, steinerner Sims ringförmig um die Kammer verlief. Mit ausgestreckten Armen balancierten wir über den Steg, das seltsame Schiffchen etwa fünf Meter unter uns. Im schwachen Licht, das aus dem oberen Gewölbe zu uns drang, konnte ich gerade noch eine weitere Treppe erkennen, die vom anderen Ende des Sims aus hinabführte. Die Wände lagen im Schatten der Wendeltreppe verborgen.
Den Rücken zur Wand bewegte ich mich auf dem Sims voran, bis ich die Treppe erreichte. Dann lief ich hinunter zu dem kleinen Gefährt. Es war streng geometrisch und konnte wahrscheinlich bis zu vier Leute aufnehmen. Ich stieg ein. An den Seiten waren flache Sitze angebracht, und nahe des Bugs gab es einen kupfernen Mast. Mehrere Stangen spannten sich wie in einem Zelt von einer Ecke zur anderen und deuteten so eine kleine Kuppel über der vorderen Hälfte an.
In der Mitte war ein dreieckiger Block aus schwarzem Metall eingelassen, und darauf befand sich ein ovales Gefäß, das wie ein kleiner Tontopf wirkte. Drei weitere solcher Töpfe waren im Bug verstaut. Direkt neben mir ragte ein Kupferhebel aus dem Boden. Dieser endete in einem goldenen Knopf, der eine fingergroße Einbuchtung aufwies. Darin bemerkte ich ein kleines Loch mit erhabenen Rändern; sie sahen scharfkantig aus. Ob dies ein weiteres Schloss für den Schlüssel war, den ich in meinem Blut trug?
»Was ist das?«, fragte Lilly von über mir.
»Eine Art Schiff,
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