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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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zum Teufel hatte Wyatt angestellt?
    »Gibt’s Probleme mit Wyatt, Miss Thompson? Ich wusste gar nicht, dass Sie seine Lehrerin sind.« Es wunderte ihn
aufrichtig, sie nicht zu kennen, weil er seit mehreren Jahren Leiter der Schulbehörde war. Eine seiner Aufgaben in dieser Funktion bestand darin, beim alljährlichen Willkommensempfang sämtliche neuen Lehrer im Schulbezirk persönlich zu begrüßen.
    »Ich bin die Nachfolgerin von Miss Wallace, die Anfang des Jahres geheiratet hat«, erklärte Miss Thompson. »Sie und ihr Mann sind nach Oklahoma City gezogen.«
    Percy lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Finger. »Der Wechsel scheint mir nicht zum Nachteil meines Sohnes zu sein«, sagte er.
    »Hoffentlich glauben Sie das immer noch, wenn ich meine Klagen losgeworden bin.«
    »Ich höre.«
    Sie holte tief Luft und senkte kurz den Blick, um sich zu sammeln. Was hatte Wyatt bloß angestellt?, fragte sich Percy. Wenn es wirklich so schlimm war, wie Miss Thompsons Miene vermuten ließ, würde er dafür sorgen, dass er es bereute. Allerdings konnte er sich durchaus vorstellen, dass ein Zwölfjähriger kurz vor der Pubertät wie er versuchte, durch unangemessenes Verhalten ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sie war eine sehr hübsche junge Frau mit klaren haselnussbraunen Augen und weizenblonden Haaren, die sie zu einem Bubikopf geschnitten trug.
    »Ihr Sohn«, begann sie, »fügt Matthew DuMont absichtlich Verletzungen zu. Wenn man das nicht unterbindet, wird Wyatt, fürchte ich, dem Jungen irgendwann ernsthaft wehtun.«
    Percys Stuhl knarrte, als er sich vorbeugte. »Erklären Sie mir das bitte genauer, Miss Thompson.«
    »Jeden Tag fügt Wyatt Matthew DuMont während der Schulstunden in irgendeiner Form Leid zu. Manchmal stellt er ihm im Flur ein Bein, dann wieder wirft er ihm absichtlich
einen Ball ins Gesicht. Keine Ahnung, wie oft der Junge wegen Wyatt schon Nasenbluten hatte. Ich habe selbst gesehen …« Ihre Wangen röteten sich.
    »Sprechen Sie weiter«, ermutigte er sie.
    »… wie er Matthew das Knie in den Unterleib gestoßen hat.«
    Percy stieg die Zornesröte ins Gesicht. »Und warum sagen Sie mir das erst jetzt? Wieso haben Sie sich nicht an die Schulleitung gewandt?«
    »Das habe ich, Mr Warwick. Ich war beim Rektor, aber der wollte mir nicht zuhören. Außerdem habe ich versucht, mit Hilfe der anderen Lehrer einzuschreiten, doch die waren auch nicht bereit, mich zu unterstützen. Sie haben alle Angst vor Ihnen … vor Ihrer Macht … und fürchten um ihre Stelle. Die Kinder genauso. Ihre Väter arbeiten für Sie.«
    »Oje«, stöhnte Percy.
    »Heute ist es mir dann zu viel geworden«, fuhr Sara Thompson selbstbewusster fort.
    »Was war heute?«
    »Wyatt hat Matthews heißgeliebten Baseball-Handschuh aufgeschlitzt und in die Jauchegrube hinter der Schule geschleudert. Als Matthew hineingewatet ist, um ihn herauszuholen, hat Wyatt mit einem Stein nach ihm geworfen und ihn an der Schläfe getroffen. Fast wäre Matthew ohnmächtig geworden. Die Wunde blutete stark, und er verlor das Gleichgewicht …« Sara biss sich auf die Lippe.
    Percy sprang voller Zorn auf und begann, seine Jacke zuzuknöpfen. Den Handschuh hatte er Matthew selbst vergangenes Weihnachten geschenkt.
    »Gibt Matthew ihm Anlass zu diesen Angriffen?«
    »Aber nein!«, rief Sara aus. »Matthew DuMont ist der angenehmste Schüler, den ich je hatte. Er versucht, sich zu wehren, aber obwohl er älter ist als Wyatt, kann er sich körperlich
nicht mit Ihrem Sohn messen. Die anderen Jungen würden ihm gern helfen, haben jedoch Angst vor Wyatt … und Ihnen.«
    »Verstehe. Wie sind Sie hergekommen, Miss Thompson?«
    »Ich …« Sara sah ihn fragend an. »Zu Fuß.«
    »Von der Schule hierher, das sind mehr als drei Kilometer.«
    »Die Angelegenheit war mir so wichtig, dass die Entfernung keine Rolle spielte.«
    »Sieht ganz so aus.« Percy öffnete die Tür seines Büros. »Sally, sagen Sie Booker, er soll den Wagen vorfahren und Miss Thompson heimbringen.«
    Sara erhob sich ein wenig unsicher. »Sehr nett von Ihnen, Mr Warwick. Vielen Dank, dass Sie bereit waren, mir zuzuhören.«
    »Warum sind Sie mit dem Problem nicht zu den DuMonts gegangen?«, erkundigte sich Percy.
    »Matthew zuliebe. Er würde lieber sterben, als Wyatt bei seinen Eltern zu verpetzen oder sie um Hilfe zu bitten. An sie hätte ich mich vor einem Gespräch mit Ihnen nicht wenden können. Das wäre einem Verrat gleichgekommen. Jetzt wäre ich allerdings zu

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