Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Matthew nur von mir sein konnte.«
»Du weißt also … alles.«
»Ja, Mary.«
Sie schloss die Augen. »Ach, Percy, was für ein Chaos ich angerichtet habe.«
Er legte die Hände wieder auf ihre Schultern. »Wir , Mary.«
»Du warst in Kanada, als ich’s gemerkt habe«, erklärte sie. »Ich habe auf dich gewartet und Gott angefleht, dass er dich heimschickt. Als ich dann im dritten Monat war und du nicht zu erreichen, bin ich notgedrungen zu Ollie gegangen …«
»Das habe ich mir in Dallas schon zusammengereimt.« Er nahm sie in die Arme. »Mary, ich bin damals nach Hause gekommen, um dir zu sagen, dass ich ohne dich nicht leben kann. Es war mir egal, wenn Somerset für dich immer oberste Priorität bliebe, solange du mich heiraten würdest.«
Sie drückte sich seufzend an ihn. »Und ich habe festgestellt, dass ich ohne Somerset leben könnte, nicht aber ohne dich. Ich habe mir seinerzeit geschworen, auf die Plantage zu verzichten, wenn du nur heimkommst, mich heiratest und mit mir unser Kind aufziehst. Das hätte mir genügt.«
»Das glaube ich dir.« Er spürte ihre warmen Tränen auf seinem Hemd. »Jetzt weiß ich es.«
Sie verharrten noch eine Weile in ihrer Umarmung, dann war dieser innige Moment der Vertrautheit vorüber. So würden sie einander nie wieder begegnen dürfen. Mary zog ein Taschentuch aus dem Ärmel, und Percy fragte: »Wann hast du das erste Mal geahnt, dass ich Bescheid weiß?«
»Ich habe es nach und nach gemerkt«, antwortete sie und signalisierte ihm mit einer Geste, dass sie sich setzen wollte. »Wie du Matthew angeschaut hast … ein ganz anderer Blick als bei Wyatt. Wahrscheinlich ist das die Liebe zum Erstgeborenen …«
»Ist Ollie klar, dass ich Bescheid weiß?« Sie setzten sich vor den Kamin, einen Tisch zwischen sich.
»Bestimmt nicht. Er hat sich deine Liebe zu Matthew durch dessen Ähnlichkeit mit mir erklärt.«
»Das spielte auch eine Rolle.«
»Und Lucy?«
Er seufzte. »Die weiß es. Sie hat es vor vier Jahren herausgefunden.«
Mary wischte sich die Tränen weg. »Du gütiger Himmel. Wie?«
»Das spielt keine Rolle. Deswegen war sie dir gegenüber in den letzten Jahren so gemein … und hat dir jetzt nicht mal ihr Beileid ausgesprochen.« In Wahrheit war Lucy völlig außer sich gewesen, als sie erfuhr, dass Matthew im Sterben lag, hatte jedoch gefürchtet, der Versuch, Mary ihren Kummer zu gestehen, würde das Geheimnis ans Licht bringen, das sie im
eigenen Interesse bewahren musste. »Sie ist jeden Morgen in die Kirche gegangen, um für Matthew zu beten und eine Kerze anzuzünden«, sagte Percy. »Und in der ganzen Zeit war sie Wyatt und mir gegenüber tatsächlich außerordentlich verständnisvoll.«
»Warum hat sie sich nicht von dir scheiden lassen?«
Percy lachte. »Glaube mir, ich habe es ihr vorgeschlagen, aber Lucy wird nie einwilligen. Dazu hasst sie mich zu sehr. Falls ich versuchen sollte, die Scheidung zu erzwingen, hat sie mir angedroht, allen alles über dich, mich … und Matthew zu erzählen. Sein Tod ändert daran nichts. Ich muss auf dich und Ollie Rücksicht nehmen und bedenken, wie sehr der Skandal euch und Matthew schaden würde.«
»Und Wyatt«, fügte sie erblassend hinzu.
»Ja, natürlich … und Wyatt.«
»Warum hast du sie geheiratet, Percy? Du hättest jede Frau haben können.«
Er verzog den Mund. »Die Auswahl war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr allzu groß, und ich habe mich einsam gefühlt. Sie stand zur Verfügung.«
»Was um Himmels willen ist passiert? Sie hat dich doch immer verehrt.«
»Sie hat gemerkt, dass ihr Idol auch nur ein Mensch ist. Sollen wir’s Ollie sagen?«
»Nein, auf keinen Fall. Er leidet genug darunter, dass Matthew nie erfahren hat, wer sein richtiger Vater ist. Es würde alles noch schlimmer machen, wenn er wüsste, dass du die Wahrheit schon lange kennst.« Wieder wischte sie sich die Tränen weg. »Unsere Dummheit hat so vielen Menschen geschadet und sie um das Leben – vielleicht auch die Liebe – gebracht, die möglich gewesen wäre, wenn wir geheiratet hätten. Wir haben Matthew seinen richtigen Vater vorenthalten und deinen Eltern ihren Enkel. Wyatt ist als Frucht
einer Ehe aufgewachsen, die nie hätte geschlossen werden dürfen. Vielleicht wäre er als Kind einer anderen Verbindung ein völlig anderer Junge geworden. Und Lucy … die arme Lucy.« In ihrem Blick lag Angst davor, sich auf ein Minenfeld zu begeben. »Lass dir Folgendes sagen, Percy: Ihr Hass ist Tarnung und für sie
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