Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Papas Entscheidung freust.«
»Nur weil ich so die Möglichkeit habe, den Anspruch auf mein Erbe zu schützen«, unterbrach Mary ihn. »Ich werde mich um Mama kümmern. Es wird ihr an nichts mangeln …«
»Mein Gott, Mary, Mama will deine Barmherzigkeit nicht, begreifst du das denn nicht? Versetz dich doch einmal in ihre Lage. Wie würdest du dich wohl fühlen, wenn dein Mann deiner Tochter den Vorzug gäbe und er dich ihrem Wohlwollen auslieferte?«
»Ich würde meiner Tochter jedenfalls keine Vorwürfe für die Taten meines Mannes machen!«, rief sie aus.
Wieder hob Miles die Hand. »Ich kann deine Verbitterung verstehen, und sie tut mir aufrichtig leid.«
»Ich hätte im vergangenen Monat ein wenig mütterliche und brüderliche Zuneigung gebrauchen können, Miles. Papa fehlt mir sehr …«
»Ich weiß«, erklärte Miles mit sanfterer Stimme, »aber das hat alles nichts mit dem Thema zu tun, dessentwegen ich dich
hierhergebeten habe. Bitte hör mir zu, bevor du aufspringst und mich zum Teufel wünschst. Ja?«
Sein Blick erinnerte Mary daran, dass Miles Verwalter von Somerset war und sie sich fünf Jahre lang seinen Entscheidungen beugen musste.
Als Mary nickte, lehnte Miles sich auf dem durchgesessenen Stuhl zurück und sprach in seinem pedantischen Tonfall weiter. »Ich finde, du solltest Abstand gewinnen zu Mama. Deswegen werde ich dich ins Mädchenpensionat schicken. Es gibt ein sehr gutes in Atlanta, genau das Richtige für dich. Ich habe noch etwas Geld von Opa Thomas’ Erbe übrig, das reicht für ein Jahr.«
Mary sah ihn ungläubig an. Die Schule, die Beatrice besucht hatte … weg von der Plantage …
»Es heißt Bellington Hall«, fuhr Miles fort, ohne auf Marys entsetzten Gesichtsausdruck zu achten. »Beatrice Warwick war dort. Vielleicht erinnerst du dich – Percy hat die Schule im Zusammenhang mit Lucy Gentry erwähnt. Es wäre praktisch gewesen, wenn du sie kennengelernt hättest, als sie hier war, weil ihr euch das Zimmer teilen werdet.«
Mary brachte kein Wort heraus.
»Du reist in drei Wochen ab, zum Beginn des Schuljahres. Sassie soll deine Kleidung bereit machen.«
Endlich fand Mary ihre Stimme wieder. »Miles, bitte schick mich nicht weg. Ich muss hierbleiben und Len bei der Leitung der Plantage helfen. Je schneller und je mehr ich lerne, desto besser. Ich fühle mich außerhalb von Howbutker nicht wohl. Mama und ich werden uns schon annähern.«
»Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, besteht in deiner Einwilligung, die Plantage zu veräußern.« Miles hob warnend den Finger, als er merkte, dass Mary aufstehen und den Raum verlassen wollte. »Du bist noch nicht volljährig und kannst somit weder Land besitzen noch es verkaufen. Das darf nur
ich als dein Vermögensverwalter. Allerdings würde ich das natürlich niemals gegen deinen Willen tun, was Papa sehr wohl wusste.«
Mary sprang auf; das Blut pochte in ihren Ohren. »Meine Zustimmung wirst du niemals bekommen!«
»Das ist mir nur zu klar, kleine Schwester. Also wirst du dich auf den Weg nach Bellington Hall machen müssen.«
»Das kannst du mir nicht antun.«
»Doch.«
Mary starrte ihn mit offenem Mund an. Wie konnte ihr Bruder so gemein sein? »Percy hat dir den Floh ins Ohr gesetzt, die Plantage zu verkaufen, stimmt’s? Ist Bellington Hall ebenfalls sein Vorschlag?«
Miles’ Lippen zuckten. »Du solltest mir zutrauen, dass ich im Hinblick auf meine Familie selbst denken kann. Percy hat mich nicht auf die Idee gebracht; über Bellington Hall weiß ich von seiner Mutter Bescheid. Wenn es nicht diese Schule wäre, dann eine andere. Und jetzt setz dich bitte wieder!«
Mary kehrte zu ihrem Stuhl zurück. »Du machst einen Riesenfehler …«
»Mein Beschluss ist gefasst, Mary. Im Moment geht es mir hauptsächlich um Mama, nicht um dich. Du kannst dich immerhin damit trösten, dass alles dir gehört, sobald du einundzwanzig bist. Mama bleibt kein solcher Trost. Du musst nach Bellington Hall, um ihr Gelegenheit zu geben, mit dieser Ungerechtigkeit und ihren Gefühlen dir gegenüber fertig zu werden. Wenn ihr euch eine Weile nicht seht, kommt ihr euch möglicherweise wieder näher. Deine ständige Anwesenheit hier führt mit Sicherheit nicht dazu.«
Seine Worte waren glasklar und eiskalt. Mary setzte sich mit weichen Knien. Wollte er andeuten, dass ihre Mutter sie nie wieder lieben würde, wenn sie hierbliebe? Absurd! Sie war ihre Tochter. Natürlich konnten sich die Gefühle einer
Mutter für ihre Kinder
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