Die Erben
schälte mich aus ihrem Griff, um aus der Tür zu hechten.
„Viel Spaß“, rief mir Dad hinterher und ich verzog das Gesicht.
„Ich wusste gar nicht, dass dir Sarkasmus bekannt ist.“
Hektisch zerrte ich mein Fahrrad aus der Garage und versuchte mich darauf zu setzten, was in Anbetracht meiner Kleidung alles andere als einfach war.
Mit einem Rock konnte man einfach kein Fahrrad fahren.
Diese Erkenntnis veranlasste mich dazu, zurück in mein Zimmer zu rennen und mir eine Jeans zu holen, die ich unter den Rock anzog, um dann wie eine Irre loszufahren, da es bereits kurz vor halb acht war und ich somit nur noch fünfzehn Minuten hatte, um in Canterbury einzulaufen.
Ich hoffte sehr, dass dieser Tag damit seinen Tiefpunkt erreicht hatte.
Etwa eine viertel Stunde später kam ich ziemlich außer Puste an der Schule an und wäre vor lauter Hektik fast in die Fahrradständer hinein gefahren. Ein paar Schüler um mich herum lachten über meinen Auftritt und ich warf ihnen böse Blicke zu.
Als ich mein Fahrrad abgeschlossen hatte drehte ich mich zum Schulgebäude, um die Canterbury High School von Nahem zu sehen und ich wusste auch ohne Spiegel, dass mein Gesicht deutlich wehleidige Züge tragen musste.
Diese Schule sah so teuer aus, dass ich schon fast damit rechnete zwischen den Fassadensteinen Geldscheine zu finden.
Von vorne konnte man meinen, Canterbury sei ein alter Landsitz, der aus den Überresten einer Burg gebaut worden war. Das Haus war ziemlich weitläufig und Efeu bewachsen, wie fast jedes alte Haus, das ich bisher gesehen hatte. Ich fragte mich, ob die alle den gleichen Gärtner hatten.
Aus der Broschüre, die mir meine Eltern gezeigt hatten, wusste ich, dass Canterbury U-förmig gebaut war und hinter dem Schulhaus eine große Grünfläche als Sportplatz genutzt wurde.
Ich ging ein paar Schritte auf den Haupteingang zu und sah die Fassade nach oben, wo ich auf dem Dach steinerne Gargoyles entdeckte, die auf die Schüler hinab starrten.
Ich versuchte meinen Blick von ihnen abzuwenden und zog einen Zettel aus meinem Rucksack, auf dem ich mir aufgeschrieben hatte, wo ich hinmusste.
Als ich den Eingang des Schulhauses fast erreicht hatte, hörte ich hinter mir das wunderschöne Geräusch eines Motorrads und lächelnd drehte ich mich um.
Eine nachtschwarze Maschine schoss auf das Gelände zu und kam mit quietschenden Reifen auf dem Schulparkplatz zum Stehen.
Der Fahrer stieg ab, nahm seinen Helm vom Kopf und setzte sich eine Sonnenbrille auf.
Er ließ die Schlüssel in seine Lederjacke gleiten und ging auf den Eingang zu. Die Kombination aus Schuluniform und Lederjacke hätte vermutlich ziemlich idiotisch gewirkt, wenn er die Uniform nicht so unordentlich getragen hätte. Das Hemd was nicht in die Hose gesteckt, die oberen Knöpfe hatte er großzügig offen gelassen und seine Krawatte hing eher wie ein Schal um seinen Hals.
Toll, das hätte ich auch machen sollen,
dachte ich mürrisch.
Er war fast am Eingang angekommen, als er den Kopf hob und mich sah. Schlagartig zogen sich seine Mundwinkel auseinander und verwandelten sich in ein breites Grinsen und ich wusste plötzlich genau, wer da auf mich zusteuerte.
„Na, wenn das nicht die kleine Kratzbürste aus Danbury ist“, begrüßte mich Simon van der Irgendwas und kam lässig auf mich zu.
Ich sparte mir eine Antwort. Allein sein Gang verriet mir schon mehr über seine Selbsteinschätzung, als ich in einer Stunde Gespräch hätte erfahren können.
„Dass ich dich hier wieder sehen würde.“ Er schüttelte den Kopf gespielt fassungslos und ich stöhnte.
„Die Welt ist eben ein gottverdammtes Dorf.“
„Und was machst du hier?“, wollte er wissen und ich zog eine Augenbraue nach oben.
„Na, Staubsauger verkaufen, was denn sonst?“, gab ich zurück und ich hatte den Eindruck, dass Simon kurz am Überlegen war, ob er mich lustig oder ätzend finden sollte. Vor dieser Wahl standen viele Menschen in meinem Umfeld und ich hatte die Erfahrung gemacht, dass die tendenziell Letztes wählten.
„Ich wundere mich nur. Ich habe dich hier noch nie gesehen“, erklärte er und sein Gesicht blieb unverändert. Zumindest das was ich um die Brille herum sehen konnte.
„Wir sind vor kurzem hierher gezogen“, erklärte ich knapp und deutete auf seine Sonnenbrille. „Verbrennen deine Augen, wenn du die Sonnenbrille abnimmst, oder ist das eher so eine Imagesache?“
Simon zuckte mit den Schultern. „Weder noch“, war seine Antwort und ich zog
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