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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Scheck gegeben, oder war es Bargeld?«
    »Bargeld, und wir, Simeon und ich, haben einen Schuldschein unterschrieben.«
    »War das der einzige Kredit von Sistrunk?«
    »Nein, es gab vorher schon einen Kredit über fünftausend Dollar.«
    »Warum haben Sie sich von Mr. Sistrunk Geld geliehen?«
    »Weil wir das Geld gebraucht haben. Ich habe keine Arbeit mehr, und bei Simeon weiß man nie so genau, was los ist.«
    »Sind Sie, nachdem Sie das Geld genommen haben, in ein größeres Haus gezogen?«
    »Ja, das sind wir.«
    »Wie viele Personen leben jetzt in diesem Haus?«
    Lettie überlegte einen Moment. »Für gewöhnlich elf, aber die Zahl schwankt. Manche kommen und gehen«, antwortete sie dann.
    Jake starrte Stillman an, als wollte er sagen: »Denken Sie nicht mal im Traum daran, alle elf Namen zu verlangen. Können wir nicht einfach weitermachen?«
    Stillman geriet in Versuchung, wandte sich dann aber anderen Dingen zu. »Wie hoch ist die Miete?«
    »Siebenhundert im Monat.«
    »Und Sie sind zurzeit arbeitslos?«
    »Richtig.«
    »Für wen arbeitet Ihr Mann im Augenblick?«
    »Er arbeitet nicht.«
    »Da Mr. Sistrunk nicht mehr Ihr Anwalt ist, wie wollen Sie ihm das Geld zurückzahlen?«
    »Darüber werden wir uns später Gedanken machen.«
    Roxy hatte Sandwichs und Kartoffelchips zum Mittagessen besorgt. Sie aßen im Konferenzraum, wo Lucien sich zu ihnen gesellte. »Wie ist es gelaufen?«, fragte er.
    »Die übliche erste Runde mit sinnlosen Fragen«, erwiderte Jake. »Lettie war großartig, aber sie hat schon genug davon.«
    »Noch eineinhalb Tage steh ich das nicht durch«, beklagte sich Lettie.
    »Moderne Offenlegung«, meinte Lucien angewidert.
    »Lucien, erzählen Sie uns doch mal, wie das so in den guten alten Zeiten war«, forderte Jake ihn auf.
    »Na ja, damals, in den guten alten Zeiten, und die guten alten Zeiten waren eindeutig besser als heute, wo man all diese neuen Regeln hat …«
    »Ich habe sie nicht geschrieben.«
    »Damals war man nicht verpflichtet, alle Zeugen zu benennen und vorher anzugeben, was sie sagen würden, nein, so war das nicht. Man verließ sich auf den Überraschungseffekt. Du schleppst deine Zeugen ran, ich schleppe meine ran, und dann marschieren wir alle zusammen zum Gericht und ziehen den Prozess durch. Das sorgte auch dafür, dass man ein besserer Anwalt war, denn man musste spontan und ohne Vorbereitung reagieren. Heute muss alles und jedes vorher offengelegt werden, und jeder Zeuge muss für eine Aussage zur Verfügung stehen. Was für ein Zeitaufwand. Was für Kosten. Damals war’s entschieden besser, das schwöre ich Ihnen.«
    »Warum essen Sie nicht Ihr Sandwich?«, meinte Jake. »Lettie muss sich ausruhen, aber hier kann sich niemand ausruhen, wenn Sie große Reden schwingen.«
    Lucien biss schnell in sein Sandwich. »Was meinen Sie, Portia?«, fragte er dann.
    Die junge Frau knabberte gerade an einem Kartoffelchip und legte ihn zur Seite, als sie antwortete: »Ich finde das alles ziemlich cool. Ich meine, in einem Raum mit so vielen Anwälten zu sein. Ich komme mir so wichtig vor.«
    »Lassen Sie sich nicht zu sehr beeindrucken«, sagte Jake. »Die meisten von diesen Typen könnten nicht mal einen Ladendiebstahl vor einem Provinzgericht verhandeln.«
    »Ich wette, Wade Lanier kann das«, meinte Lettie. »Er ist aalglatt. So langsam bekomme ich den Eindruck, dass er genau weiß, was ich sagen werde, bevor ich es sage.«
    »Er ist sehr gut«, gab Jake zu. »Glauben Sie mir, Lettie, bald werden Sie ihn hassen. Jetzt scheint er noch ein netter Kerl zu sein, aber wenn das hier vorbei ist, werden Sie seinen Anblick nicht mehr ertragen können.«
    Bei dem Gedanken an einen langen Kampf schien Lettie in sich zusammenzufallen. Sie hatten erst vier Stunden die Klingen gekreuzt, trotzdem war sie schon völlig erschöpft.
    Während der Mittagspause steckten zwei Damen aus dem Büro des Geschäftsstellenleiters einen künstlichen Weihnachtsbaum zusammen und stellten ihn in der hinteren Ecke des Gerichts saals auf. Von seinem Platz am Tisch aus hatte Jake ungehinderte Sicht auf den Baum. Um die Mittagszeit an Heiligabend versammelten sich fast alle Angestellten und Richter des Circuit Court und des Chancery Court sowie ein paar handverlesene Anwälte immer um den Baum, um Eierpunsch zu trinken und sich gegenseitig Scherzgeschenke zu überreichen. Jake tat jedes Mal sein Möglichstes, um bei der kleinen Feier nicht dabei zu sein.
    Aber der Baum erinnerte ihn daran, dass in wenigen

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