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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ungehört. Deputys eilten hin und her, Becher mit starkem schwarzem Kaffee in der Hand und Donuts, die sie im Gehen hinunterschlangen. Zu dem normalen Wahnsinn kam heute auch noch der sonderbare Selbstmord eines geheimnisvollen Mannes. Im vorderen Teil des Büros war kaum ein Durchkommen.
    Weiter hinten im Anbau, am Ende eines kurzen Flurs, war eine Tür, auf die mit weißer Farbe eine Aufschrift gepinselt war: OZZIE WALLS, HIGH SHERIFF, FORD COUNTY . Die Tür war zu; der Sheriff war heute Morgen früh gekommen und tele fonierte. Der Anrufer war eine aufgeregte Mutter aus Memphis, deren Sohn am Samstagabend in der Nähe von Lake Chatulla am Steuer eines Pick-ups erwischt worden war, an Bord eine beträchtliche Menge Marihuana. Die Stelle lag in einem Naturpark und war als Drogenumschlagplatz berüchtigt. Der Sohn war selbstverständlich unschuldig, und die Mutter wollte unbedingt vorbeikommen, um ihn aus Ozzies Zelle zu holen.
    Nicht so hastig, hielt Ozzie sie zurück. Es klopfte an seiner Tür. Er legte die Hand auf den Hörer und sagte: »Ja!«
    Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und Jake Brigance steckte den Kopf herein. Ozzie bedeutete ihm lächelnd einzutreten. Jake schloss die Tür hinter sich und nahm auf einem Stuhl Platz. Ozzie widmete sich wieder der Anruferin. Der Junge sei zwar erst siebzehn, doch er sei mit drei Pfund Pot erwischt worden, deshalb könne er durchaus auf Kaution freikommen, aber erst nachdem er dem Haftrichter vorgeführt worden sei. Als die Mutter anfing, lautstark zu keifen, runzelte Ozzie die Stirn und hielt den Hörer vom Ohr weg. Schmunzelnd schüttelte er den Kopf. Es war immer dasselbe. Jake kannte das auch.
    Ozzie hörte noch eine Weile zu, versprach zu tun, was er konnte, leider sei das nicht viel, und hängte ein. Er stand halb auf, um Jake die Hand zu schütteln. »Guten Morgen, Herr Rechtsanwalt.«
    »Guten Morgen, Ozzie.«
    Sie plauderten über alles Mögliche und kamen schließlich auf Football. Ozzie hatte kurze Zeit für die Rams gespielt, bis er sich am Knie verletzte, und war immer noch begeisterter Fan des Teams, während Jake wie die meisten Bewohner Mississippis die Saints anfeuerte – zu diesem Thema hatten sie sich also wenig zu sagen. Die Wand hinter Ozzie war übersät mit Footballsouvenirs – Fotos, Pokalen, Plaketten und Preisen. Mitte der Siebzigerjahre hatte er im All-American Team der Alcorn State University gespielt, und er legte viel Wert darauf, diese Erinnerung zu bewahren.
    An einem anderen Tag, zu einer anderen Zeit, bei einer Gelegenheit mit mehr Publikum, zum Beispiel bei Gericht während einer Verhandlungspause in Gegenwart der Anwälte, hätte Ozzie vielleicht wieder die Geschichte erzählt, wie er Jake zu Highschool zeiten das Bein gebrochen hatte. Jake war damals ein schmächtiger Zehntklässler gewesen und hatte als Quarterback im Team der Karaway High School gespielt, das Ozzies Schul team zwar hoffnungslos unterlegen war, sich aber aus irgendwelchen Grün den jedes Jahr aufs Neue im Finale gegen Clanton wiederfand und mit derselben Regelmäßigkeit zermalmt wurde. Ozzie, der Star-Verteidiger des Teams, hatte den gegnerischen Angriff über drei Viertel hinweg lahmgelegt und stürmte gegen Ende des letzten Viertels los, um den dritten Down des Gegners zu verhindern. Eingeschüchtert und obendrein verletzt, ließ der Fullback Ozzie vorbeiziehen, der Jakes verzweifelte Flucht nach vorn mit dem Ball vereitelte, indem er ihn brutal tackelte. Ozzie hatte im mer behauptet, er habe gehört, wie das Wadenbein gebrochen sei. Jake dagegen berichtete, er habe nur Ozzies Knurren und Grollen gehört, als er zur Attacke ansetzte. In der einen oder anderen Version wurde die Geschichte jedenfalls mindestens einmal pro Jahr zum Besten gegeben.
    Doch es war Montagmorgen, die Telefone standen nicht still, und beide Männer hatten viel zu tun. Ganz offensichtlich war Jake nicht ohne Grund gekommen. »Ich glaube, ich bin von Mr. Seth Hubbard engagiert worden«, sagte er.
    Ozzie verengte die Augen und musterte seinen Freund. »Ich glaube nicht, dass Mr. Hubbard noch Leute einstellen kann. Er liegt bei Magargel auf der Bahre.«
    »Hast du ihn abgeschnitten?«
    »Sagen wir, wir haben ihn runtergelassen.« Ozzie griff nach einer Akte, schlug sie auf und zog drei große Farbfotos heraus. Er schob sie über den Schreibtisch, und Jake nahm sie entgegen. Darauf zu sehen war Seth, der traurig und tot im Regen hing – von vorn, von hinten, von rechts.
    Einen

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