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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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überzeugt, dass es für das, was Seth Hubbard getan hatte, einen Grund gab.
    Aber der Grund war weder Sex noch Freundschaft. Portia hatte das Gespräch mit ihrer Mutter gesucht und ihr mit allem Respekt und aller Wertschätzung, die sie aufbringen konnte, die entscheidende Frage gestellt. Nein, hatte Lettie geantwortet. Nie. Es sei nie in Erwägung gezogen worden, jedenfalls nicht ihrerseits. Es sei nie darüber gesprochen worden, es sei nie infrage gekommen. Nie.
    Randall Clapp steckte den Umschlag in einen Briefkasten vor dem Hauptpostamt im Stadtzentrum von Oxford. Er war weiß, A4-Format ohne Absenderangabe, und an Fritz Pickering in Shreveport, Louisiana, adressiert. In seinem Innern steckten zwei Blatt Papier – eine vollständige Kopie des Testaments, das Irene Pickering mit der Hand geschrieben und am 11. März 1980 un terschrieben hatte. Die andere Kopie war in Wade Laniers Kanz lei weggeschlossen. Das Original befand sich in der Akte, die aus der Kanzlei Freeman, zwei Blocks die Straße hinunter, gestohlen worden war.
    Der Plan sah vor, dass Fritz Pickering den anonymen Brief bekam, feststellte, dass er in Oxford aufgegeben worden war, ihn öffnete, das alte Testament erkannte und sich fragte, wer um alles in der Welt es ihm geschickt hatte. Er würde vermutlich einen Verdacht haben, es aber nie mit Sicherheit wissen.
    Es war später Samstagabend, die College-Bars waren brechend voll, und die Polizei machte sich mehr Gedanken um diese Aktivitäten als um den unwichtigen Einbruch in einer kleinen Anwaltskanzlei. Während Clapp in der Gasse hinter dem Gebäude Schmiere stand, verschaffte sich Erby durch die Hintertür Zugang zur Kanzlei und hatte innerhalb von fünf Minuten die Akte Pickering an ihren staubigen Platz zurückgebracht.

28
    Am Montag, dem 20. Februar, rief Richter Atlee die Akteure zusammen, damit sie ihm über den Stand der Dinge berichteten. Da es keine offizielle Anhörung gleich welcher Art war, ließ er den Gerichtssaal absperren, um Reporter und Zuschauer fern zuhalten. Von den Prozessparteien waren fast alle anwesend: die Hubbards auf der einen Seite, Lettie und Portia auf der anderen. Von Ancil gab es nach wie vor keine Spur, allerdings war Richter Atlee noch nicht so weit, ihn für tot zu erklären.
    Atlee, der die Robe trug, nahm seinen Platz auf der Richterbank ein, stieß ein barsches »Guten Morgen« hervor und verlas die Anwaltsliste. Alle anwesend. Bald war klar, dass der Richter schlechte Laune hatte und dass es ihm vermutlich nicht gut ging. »Meine Herren«, begann er mit müder Stimme, »in dieser Sache ist in sechs Wochen von heute an ein Geschworenenprozess festgesetzt. Ich verfolge aufmerksam die Offenlegung und sehe keinen Grund, warum wir nicht wie geplant am 3. April mit dem Prozess beginnen können. Habe ich etwas übersehen? Gibt es irgendeinen Grund, der den Prozess verzögern könnte?«
    Darauf folgte heftiges Kopfschütteln. Nein, Sir. Überhaupt keinen Grund. Wie Jake bereits gesagt hatte, war es tatsächlich ein merkwürdiger Fall, da alle Anwälte einen schnellen Prozessbeginn anstrebten. Wenn ihn jemand verschleppen wollte, dann vielleicht Jake. Bei hundertfünfzig Dollar die Stunde hatte er allen Grund dazu, das Verfahren zu verzögern, aber er wusste auch, dass ihm Richter Atlee im Nacken saß. Der Fall, der offiziell In der Sache Nachlass des Henry Seth Hubbard hieß, wurde in Rekordgeschwindigkeit durch die Prozessliste gepeitscht.
    »Mr. Brigance hat Kopien des Ersten Nachlassverzeichnisses zur Durchsicht für Sie«, fuhr der Richter fort. »Wie ich Sie bereits schriftlich angewiesen habe, ist dieses Verzeichnis so vertraulich wie möglich zu behandeln.« Portia begann damit, Kopien des Nachlassverzeichnisses an die Gegenseite zu verteilen. »Ich habe diesen Teil der Gerichtsakte versiegeln lassen, da bei der Verbreitung derart heikler Informationen nichts Gutes herauskommen kann. Sie als die Anwälte und Ihre Mandanten haben das Recht zu wissen, was sich im Nachlass befindet, also werfen Sie einen Blick in das Verzeichnis.« Die Anwälte schnappten sich die Kopien und blätterten sie durch. Einige hatten bereits den mutmaßlichen Betrag gehört, trotzdem wollten sie es schwarz auf weiß sehen. Vierundzwanzig Millionen und ein bisschen Kleingeld. Die Summe war die Bestätigung für das, was sie hier taten, der Grund, warum sie kämpften.
    Im Gerichtssaal herrschte für eine Weile Totenstille, als ihnen klar wurde, um wie viel Geld es ging. Es war mehr,

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