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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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mit Eistee hinunterspülte. Sie hatte nichts für Hubbard empfunden und tat auch nicht so, als wären Gefühle mit im Spiel gewesen. Sie hatte den alten Mann praktisch schon ver gessen.
    »Hat er jemals gesagt, dass er auf schwarze Frauen steht?«
    »Er sagte, er macht da keinen Unterschied«, erwiderte sie jetzt etwas langsamer. »Er sagte, ich war nicht die erste Schwarze.«
    »Wann hat er das gesagt?«
    »Bettgeflüster, Sie verstehen? Ich lasse mich nicht in einen Prozess reinziehen.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass wir Sie da reinziehen wollen«, versuchte Clapp sie zu beruhigen, aber er war jetzt noch vorsichtiger. Er wusste, dass er wieder auf etwas ganz Großes gestoßen war, hielt allerdings den Ball flach. »Ich bin aber sicher, dass die Anwälte, für die ich arbeite, bereit wären, für Ihre Aussage zu zahlen.«
    »Ist das legal?«
    »Natürlich ist das legal. Anwälte zahlen die ganze Zeit für Zeugenaussagen. Jeder Sachverständige verlangt ein Vermögen. Und sie würden Sie hinfliegen und alle Spesen erstatten.«
    »Wie viel?«
    »Ich weiß nicht, aber darüber können wir uns später noch unterhalten. Kann ich Sie etwas fragen, das, nun ja, etwas delikat ist?«
    »Warum nicht? Über was haben wir denn noch nicht gesprochen?«
    »Als Sie mit Hubbard zusammen waren, wie war er da? Sie wissen, was ich meine? Er war sechsundsechzig, und seine schwarze Haushälterin hat er zwei Jahre später eingestellt. Das war, lange bevor er krank wurde. Der alte Junge war zwar schon in einem fortgeschrittenen Alter, aber es hört sich so an, als wäre er noch ziemlich munter gewesen.«
    »Er war in Ordnung. Ich meine, für einen Mann seines Alters war er ziemlich gut.« Sie sagte das, als hätte sie viele Männer gehabt, jeden Alters. »Ich hatte den Eindruck, er hätte sich am liebsten im Hotelzimmer verkrochen, um eine Woche nur zu vögeln. Für so einen alten Mann, egal, ob schwarz oder weiß, ist das ganz schön beeindruckend.«
    Wade Lanier trank gerade ein Bier im ausschließlich Männern vorbehaltenen Restaurant seines Country Club, als Clapp ihn ausfindig machte. Er stand jeden Sonntagmorgen um genau 7.45 Uhr am Abschlag, immer mit denselben drei Freunden, spielte achtzehn Löcher, gewann in der Regel mehr Geld, als er verlor, und trank dann zwei Stunden lang Bier beim Poker. Karten und Bier waren schnell vergessen, als er Clapp jedes Wort seines Gesprächs mit Julina Kidd wiederholen ließ.
    Das meiste von dem, was sie gesagt hatte, war vor Gericht nicht zulässig. Aber wenn sie in den Zeugenstand trat, die Geschworenen ihre dunkle Hautfarbe sahen und sie über die Klage wegen sexueller Belästigung gegen Seth Hubbard redete, würde das jede weiße Jury davon überzeugen, dass der alte Mann und Lettie sehr wahrscheinlich ein Verhältnis gehabt hatten. Die Geschworenen würden glauben, dass Lettie ihm so nahe wie nur menschenmöglich gekommen war und dass sie ihn be einflusst hatte. Sie hatte ihren Körper benutzt, um in seinem Testament bedacht zu werden. Das konnte Lanier zwar nicht eindeutig beweisen, aber es sprach nichts dagegen, es deutlich durchblicken zu lassen.
    Er verließ den Country Club und fuhr zu seinem Büro.
    Am frühen Montagmorgen fuhren Ian und Ramona Dafoe drei Stunden von Jackson nach Memphis und trafen sich zu einem späten Frühstück mit Herschel. Ihr Verhältnis hatte sich verschlechtert, und es wurde Zeit, sich wieder zu vertragen; jedenfalls sagte Ramona das. Sie stünden doch auf derselben Seite, es sei töricht, sich zu streiten und gegenseitig zu misstrauen. Sie hatten sich in einem Pfannkuchenrestaurant verabredet, und nach den üblichen Versuchen einer Versöhnung fing Ian an, Herschel unter Druck zu setzen, damit dieser Stillman Rush und dessen Kanzlei feuerte. Sein Anwalt, Wade Lanier, habe weitaus mehr Erfahrung und befürchte, dass Rush während des Prozesses vielleicht zur Behinderung werden könne. Er sei ein gut aussehender Mann, aber zu theatralisch und anmaßend und werde die Geschworenen vermutlich vor den Kopf stoßen. Lanier habe ihn jetzt über vier Monate lang sehr genau be obachtet, und was er sehe, gefalle ihm nicht. Aufgeblasenes Ego und nicht viel Talent. Prozesse könnten durch die Arroganz eines Anwalts gewonnen oder verloren werden, und Wade Lanier mache sich Sorgen. Er drohe sogar damit, aus dem Verfahren auszusteigen.
    Das war noch nicht alles. Als Beweis dafür, dass ihre Anwälte von ganz unterschiedlichem Kaliber waren, erzählte Ian seinem Schwager die

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