Die Erbin
seid, zweihundertfünfzigtausend für Hocutt House zu zahlen.«
»Nicht so schnell, Harry Rex. Mit vierzig Riesen in der Tasche bin ich noch lange nicht reich.«
»Komm mir nicht mit dem Scheiß, Jake. Du erleichterst den Nachlass um dreißigtausend pro Monat.«
»Nicht ganz, und der Rest meiner Kanzlei löst sich dabei in Nichts auf. Ich werde ein Jahr brauchen, um mich von diesem Fall zu erholen. Bei Hailey war es genauso.«
»Aber dieses Mal wirst du wenigstens bezahlt.«
»Das werde ich, und ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du deine erstaunlichen Fähigkeiten dafür eingesetzt hast, meinen Fall zum Abschluss zu bringen. Danke, Harry Rex. Ich werde die Papiere heute Nachmittag noch unterschreiben. Und ich würde mich wohler fühlen, wenn du ein Honorar dafür nehmen würdest. Ein kleines.«
»Nicht wenn es um einen Freund geht, und ein kleines schon mal gar nicht. Wenn es um ein großes Honorar ginge, würde ich sagen, scheiß auf die Freundschaft. Außerdem kann ich in diesem Quartal nicht noch mehr Einnahmen machen. Ich will keinen Alarm beim Finanzamt auslösen, sonst schicken sie mir schon wieder einen Steuerprüfer. Das geht auf mich. Was soll ich Willie sagen?«
»Sag ihm, er soll noch mal mit dem Preis runtergehen.«
»Er ist übers Wochenende hier. Am Samstagnachmittag gibt er wieder eine Gin-Tonic-Party. Er hat gesagt, ich soll dich und Carla einladen. Kommt ihr?«
»Ich muss erst die Chefin fragen.«
Harry Rex wuchtete sich hoch und marschierte zur Tür. »Wir sehen uns am Samstag.«
»Ja, klar. Danke noch mal, Harry Rex.«
»Keine Ursache.« Er knallte die Tür hinter sich zu, und Jake musste schmunzeln. Was für eine Erleichterung, dass der Prozess mit der Versicherung endlich zu Ende war. Jetzt konnte er eine ziemlich dicke und deprimierende Fischakte schließen, zwei Hypotheken abzahlen, sich die Banken vom Hals schaffen und ein bisschen Bargeld in die Tasche stecken. Ihr altes Haus würden er und Carla nie ersetzen können, aber das war schließlich bei jedem größeren Brandschaden so. Sie waren nicht die Einzigen, die bei einem Unglück alles verloren hatten. Endlich konnten sie alles hinter sich lassen und mit der Vergangenheit abschließen.
Fünf Minuten später klopfte Portia an die Tür. Sie wollte Jake etwas zeigen, aber dazu mussten sie sich kurz ins Auto setzen.
Gegen Mittag verließen sie die Kanzlei, fuhren über die Bahn gleise und durchquerten Lowtown, den schwarzen Teil der Stadt. Dahinter, ganz im Osten von Clanton, lag Burley, die alte Grund- und Mittelschule der Schwarzen, die 1969 nach Aufhebung der Rassentrennung geschlossen worden war. Kurze Zeit später wurde sie vom County zurückverlangt, auf Vordermann gebracht und als Lager und Archiv verwendet. Die Schule bildete einen Komplex aus vier großen, barackenähnlichen Gebäuden mit hellem Holz und Blechdächern. Auf dem Parkplatz standen die Autos von County-Angestellten. Hinter der Schule befand sich eine große Scheune, in der Kipplaster und größere Maschinen untergestellt waren. East, die schwarze Highschool, lag direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite.
Jake kannte viele Schwarze, die in Burley zur Schule gegangen waren. Sie waren ausnahmslos dankbar für ein allen Haut farben zugängliches Schulsystem, trotzdem dachten sie mit einer gewissen Wehmut an die alte Schule und die alten Gewohnhei ten zurück. Die Schwarzen bekamen die Reste, die abgenutzten Pulte, Bücher, Wandtafeln, Schreibmaschinen, Aktenschränke, Sportausrüstungen, Musikinstrumente, alles. Nichts war neu, alles war von den weißen Schulen in Ford County aussortiert worden. Die weißen Lehrer verdienten weniger als die in jedem anderen Bundesstaat, und die schwarzen Lehrer bekamen nur einen Bruchteil davon. Es gab nicht einmal genug Geld für ein einziges gutes Schulsystem, aber über Jahrzehnte versuchte das County, wie überall sonst zwei Systeme zu unterhalten. Getrennt, aber gleich war eine grausame Farce. Trotz der erheblichen Nachteile waren die, die in Burley zur Schule gehen konnten, stolz darauf. Die Chancen standen schlecht für sie, daher waren Erfolge umso aufregender. Gelegentlich schaffte es ein Schüler, seinen Abschluss am College zu machen, dann wurde er oder sie zum Vorbild für die jüngere Generation.
»Sie sagten, Sie seien schon mal hier gewesen«, meinte Portia, als sie die Treppe nach oben gingen, in den Teil des Gebäudes, in dem früher die Verwaltung untergebracht gewesen war.
»Ja, einmal, in
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