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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Geschworenen ihre Kopien und die Zuschauer die Leinwand studierten.
    … Anbei finden Sie meinen Letzten Willen, vollständig von meiner Hand verfasst, datiert und unterschrieben. Ich habe mir die rechtlichen Vorschriften des Staates Mississippi angesehen und erleichtert festgestellt, dass dieser Letzte Wille als eigenhändiges Testament vor dem Gesetz uneingeschränkt Bestand haben wird. Meine Unterschrift wurde von niemandem bezeugt, aber, wie Sie wissen, sind Zeugen für ein eigenhändiges Testament nicht erforderlich. Vor einem Jahr habe ich in den Räumen der Kanzlei Rush in Tupelo ein ausführlicheres Testament unterzeichnet, das ich jedoch widerrufe.
    Das neue Testament wird mit Gewissheit einigen Ärger auslösen, deshalb habe ich Sie ausgewählt, um meinen Nachlass rechtlich zu vertreten. Ich will, dass diesem Testament um jeden Preis Geltung verschafft wird, und ich weiß, dass Ihnen das gelingen wird. Ich möchte insbesondere meine beiden erwachsenen Kinder, deren Kinder und meine beiden Exfrauen leer ausgehen lassen. Unser Verhält nis war alles andere als herzlich, aber sie werden kämpfen, darauf können Sie sich gefasst machen. Meine Vermögenswerte sind beträchtlich – die haben alle keine Ahnung, welche Ausmaße sie ha ben. Wenn das bekannt wird, werden sie die Messer wetzen. Wehren Sie sich, Mr. Brigance, bis zum bitteren Ende. Wir müssen sie besiegen.
    Mein Abschiedsbrief enthält Anordnungen für meine Beisetzung. Erwähnen Sie das Testament meiner Familie gegenüber nicht, bevor die Beerdigung vorüber ist. Ich will, dass sie alle Trauerrituale durch laufen, ehe sie erfahren, dass sie nichts bekommen werden. Schauen Sie sich an, wie sie die Trauer heucheln – sie können das gut. Aus Liebe zu mir heulen sie jedenfalls nicht.
    Ich bedanke mich im Voraus für Ihre engagierte Vertretung. Es wird nicht leicht werden. Ich tröste mich damit, dass ich die Quälerei nicht miterleben muss.
    Hochachtungsvoll,
    Seth Hubbard, 1. Oktober 1988
    Die Geschworenen, die fertig gelesen hatten, hoben einer nach dem anderen den Kopf und sahen Herschel Hubbard und Ramona Dafoe an. Letztere hätte am liebsten geweint, aber sie vermutete zu Recht, dass jeder das für Krokodilstränen gehalten hätte. Also starrte sie wie ihr Bruder und Ehemann auf den Boden und wartete, dass der ebenso peinliche wie schmerzhafte Augenblick vorüberging.
    »Fünfzehn Minuten Pause«, sagte Richter Atlee nach einer Ewigkeit schließlich.
    Trotz Seths Warnung vor den Gefahren des Rauchens brauchte mindestens die Hälfte der Geschworenen eine Zigarette. Die Nichtraucher blieben im Geschworenenzimmer und tranken Kaffee, während die Übrigen von einem Gerichtsdiener zu einer kleinen Terrasse mit Blick auf die Nordseite der Rasenfläche des Gerichtsgebäudes geführt wurden. Schnell zündeten sie sich eine an und pafften los. Nevin Dark versuchte, das Rauchen aufzugeben, und hatte seinen täglichen Konsum auf eine halbe Packung reduziert, aber im Augenblick benötigte er das Nikotin.
    Jim Whitehurst stellte sich neben ihn und nahm einen Zug. »Was meinen Sie als Sprecher?«
    Richter Atlee hatte sie ausdrücklich davor gewarnt, über die Sache zu sprechen. Aber wie in jedem Verfahren konnten es die Geschworenen kaum erwarten, sich über das Gehörte und Gesehene auszutauschen.
    »Scheint, als hätte der alte Bursche genau gewusst, was er tat«, sagte Nevin mit gedämpfter Stimme. »Was meinen Sie?«
    »Auf jeden Fall«, flüsterte Whitehurst zurück.
    Direkt über ihnen, in der Rechtsbibliothek des County, saß Jake mit Portia, Lettie, Quince Lundy und Harry Rex zusammen, und jeder hatte etwas zu sagen. Portia war völlig entnervt, weil Frank Doley, Nummer zwölf, sie ständig finster anstarrte und dabei die Lippen bewegte, als würde er sie verfluchen. Lettie dachte, Debbie Lacker, Nummer zehn, wäre eingeschlafen, während Harry Rex davon überzeugt war, dass sich Tracy McMillen in Jake verliebt hatte. Quince Lundy war immer noch der Meinung, dass sie die Hälfte der Geschworenen auf ihrer Seite hatten, aber Harry Rex rechnete mit höchstens vier Stimmen. Jake bat ihn höflich, die Klappe zu halten, und erinnerte ihn an seine düsteren Prognosen im Verfahren gegen Carl Lee Hailey.
    Nach zehn Minuten sinnlosen Geschwafels schwor sich Jake, allein zu Mittag zu essen.
    Wieder im Sitzungssaal, rief er Quince Lundy in den Zeugen stand und stellte ihm eine Reihe harmloser, aber notwendiger Fragen zu seiner Rolle im Hinblick auf den Nachlass

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