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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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und zu seiner Ernennung zum Verwalter als Ersatz für Russell Amburgh, der damit nichts zu tun haben wollte. Lundy erklärte dröge die Pflichten des Verwalters und ließ sie so langweilig klingen, wie sie tatsächlich waren. Jake reichte ihm das Original des handschriftlichen Testaments und bat ihn, es zu identifizieren.
    »Dies ist das eigenhändige Testament, das am 4. Oktober ver gangenen Jahres durch das Nachlassgericht eröffnet wurde. Unterzeichnet von Mr. Seth Hubbard am 1. Oktober.«
    »Sehen wir es uns einmal an«, sagte Jake und projizierte das Dokument erneut auf die Leinwand, während er Kopien an die Geschworenen verteilte.
    »Auch diesmal möchte ich Sie bitten, sich Zeit zu lassen und das Dokument sorgfältig zu lesen«, sagte Richter Atlee. »Sie dür fen alle Unterlagen und Beweismittel mit ins Geschworenenzimmer nehmen, wenn die Beratungen beginnen.«
    Jake stand mit einer Kopie des Testaments am Rednerpult und tat so, als würde er lesen, während er die Geschworenen genau beobachtete. Die meisten runzelten irgendwann die Stirn, wahrscheinlich gefiel ihnen das mit dem qualvollen Ende nicht. Jake hatte das Testament hundertmal gelesen und stolperte immer noch über zwei Punkte. Zum einen war es kleinlich, hart, gemein und überzogen. Zweitens fragte er sich, wie Lettie den alten Mann so für sich eingenommen hatte. Aber jedes Mal kam er bei der Lektüre zu dem Schluss, dass Seth Hubbard genau gewusst hatte, was er tat. Wer testierfähig war, konnte die abstrusesten und unsinnigsten Verfügungen treffen.
    Als die letzte Geschworene zu Ende gelesen und ihre Kopie zur Seite gelegt hatte, schaltete Jake den Overheadprojektor aus. Dann sprach er mit Quince Lundy eine halbe Stunde lang über die Höhepunkte von Seth Hubbards faszinierendem zehnjährigem Weg von den Trümmern seiner zweiten Ehe zu einem Reichtum, wie es ihn in Ford County noch nie gegeben hatte.
    Um halb eins unterbrach Richter Atlee die Verhandlung bis zwei Uhr.

42
    Der Detective verließ gerade das Krankenhaus, als Lucien hereinkam. Sie unterhielten sich kurz in der Eingangshalle, wechselten ein paar Worte über Lonny Clark, der immer noch oben im zweiten Stock lag und dem es gar nicht gut ging. Er hatte eine harte Nacht gehabt, und die Ärzte hatten jeden Besuch verboten. Lucien tauchte im Krankenhaus unter und erschien eine Stunde später im zweiten Stock. Kein Polizeibeamter vor der Tür, keine Krankenschwester, die sich um Lonny kümmerte. Lucien schlich sich ins Zimmer und schüttelte Ancil vorsichtig am Arm.
    »Ancil. Ancil, hören Sie mich?«
    Doch Ancil hörte nichts.
    In der kleinen Kanzlei Brigance herrschte allgemeine Einigkeit darüber, dass der Vormittag nicht besser hätte laufen können. Der Abschiedsbrief, die Anweisungen für die Bestattung, das handschriftliche Testament und der Brief an Jake – in der Verhandlung allesamt vorgelegt – zeigten für Jake eindeutig, dass Seth Hubbard alles geplant und bis zum bitteren Ende unter Kontrolle gehabt hatte. Jakes Eröffnungsplädoyer war überzeugend gewesen. Lanier hatte jedoch ebenso geschickt agiert. Insgesamt ein guter Start.
    Jake begann die Nachmittagssitzung damit, dass er Reverend Don McElwain aufrief, den Pastor der Irish Road Christian Church. Der Prediger erklärte den Geschworenen, er habe am 2. Oktober nach dem Gottesdienst mit Seth Hubbard gesprochen, wenige Stunden, bevor dieser sich erhängte. Er wusste, dass Seth schwer krank war, allerdings nicht, dass die Ärzte ihm nur noch wenige Wochen gegeben hatten. An jenem Morgen schien Seth guter Stimmung zu sein, munter, er lächelte sogar und sagte zu McElwain, wie sehr er die Predigt genossen habe. Obwohl er krank und gebrechlich wirkte, schien er nicht unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss zu stehen. Er gehörte der Gemeinde seit zwanzig Jahren an und kam etwa einmal im Monat zur Kirche. Drei Wochen vor seinem Tod hatte Seth für dreihundertfünfzig Dollar eine Grabstelle auf dem Friedhof erworben, wo er jetzt begraben lag.
    Dann folgte der Schatzmeister der Kirche. Mr. Willis Stubbs sagte aus, Seth Hubbard habe einen auf den 2. Oktober datierten Scheck über fünfhundert Dollar auf den Kollektenteller ge legt. Im gesamten Jahr hatte Seth zweitausendsechshundert Dollar gespendet.
    Mr. Everett Walker trat in den Zeugenstand und lieferte einen privaten Einblick in ein Gespräch, das vermutlich Seths letztes gewesen war. Als beide nach dem Gottesdienst zum Parkplatz gingen, erkundigte sich Mr. Walker, wie

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