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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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drüben in Alabama. Aber Nachlassrecht unterscheidet sich nicht wesent lich von einem Staat zum anderen.«
    »Sie haben recht – Sie müssen das Amt nicht übernehmen.«
    »Wer würde sich freiwillig so etwas antun?«
    Ich zum Beispiel, dachte Jake, verkniff sich aber einen Kommentar. Die Bedienung räumte den Tisch ab und schenkte Kaffee nach. Amburgh las das Testament noch einmal und zündete sich eine weitere Zigarette an. Nachdem er den Rauch ausgeblasen hatte, sagte er: »Okay, Mr. Brigance, ich denke jetzt einfach mal laut. Seth hat ein älteres Testament erwähnt, das er letztes Jahr von der Kanzlei Rush in Tupelo hat aufsetzen lassen. Ich kenne die Jungs, wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass dieses Testament dicker, cleverer und in jeder Hinsicht op timiert ist, wie vererbe ich, möglichst ohne Steuern zu zahlen, das volle Programm, Schenkung, Übertragung an Enkel und so weiter, alles, was im Rahmen des Gesetzes möglich ist. Sind wir uns einig?«
    »Ja.«
    »Dann kommt Seth in allerletzter Minute mit diesem kruden Zettel, der das eigentliche Testament für ungültig erklärt, praktisch alles der schwarzen Haushaltshilfe überträgt und darüber hinaus dafür sorgt, dass ein Großteil des Erbes von den Steuern aufgefressen werden wird. Immer noch einig?«
    »Es werden circa fünfzig Prozent für Steuern draufgehen«, stimmte Jake zu.
    »Die Hälfte, einfach in den Wind geblasen. Klingt das nach einem Mann, der alle seine Sinne beisammenhat, Mr. Brigance?«
    Nein. Doch Jake war nicht bereit, auch nur einen Schritt zurückzuweichen. »Ich bin sicher, dass dieses Argument auch vor Gericht vorgebracht werden wird, Mr. Amburgh. Meine Aufgabe ist es, das Testament zu eröffnen und die Wünsche meines Mandanten umzusetzen.«
    »Da spricht ein wahrer Jurist.«
    »Danke. Werden Sie das Amt des Testamentsvollstreckers über nehmen?«
    »Werde ich Geld sehen?«
    »Ja, es wird ein Honorar geben, das vom Richter abgesegnet werden muss.«
    »Wie viel Zeit würde mich das Ganze kosten?«
    »Könnte aufwendig werden. Wenn das Testament angefochten wird, und das ist sehr wahrscheinlich, kommt es zu einem Prozess, der Tage dauern kann. Als Vollstrecker müssen Sie die ganze Zeit über anwesend sein und sich sämtliche Zeugen anhören.«
    »Mr. Brigance, mir gefällt dieses Testament überhaupt nicht. Ich kann nicht gutheißen, was Seth da getan hat. Das andere Testament, das dicke, habe ich nicht gesehen, aber ich bin ziemlich sicher, dass es mir viel besser gefällt. Wieso sollte ich mich für diesen Wisch einsetzen, der in letzter Sekunde schlampig dahingekritzelt ist und als Alleinerbin eine schwarze Haushälterin einsetzt, die den alten Herrn wahrscheinlich um den Finger gewickelt hat? Verstehen Sie, was ich meine?«
    Jake nickte leicht und runzelte argwöhnisch die Stirn. Nachdem er eine halbe Stunde mit diesem Mann verbracht hatte, war er sich ziemlich sicher, dass er nicht das nächste Jahr mit ihm zu tun haben wollte. Einen Testamentsvollstrecker zu ersetzen war normalerweise keine große Sache, und Jake wusste, dass er den Richter leicht überzeugen konnte, diesen Mann zu entlassen.
    Amburgh blickte sich um und sagte leise: »Es ist absurd. Seth hat in den letzten zehn Jahren wie ein Tier geschuftet, um die ses Vermögen aufzubauen. Er ist große Risiken eingegangen und hat viel Glück gehabt. Und dann schenkt er alles irgendeiner Fremden, die überhaupt nichts zu seinem Erfolg beigetragen hat. Da dreht sich mir der Magen um, Mr. Brigance. Und es macht mich verdammt misstrauisch.«
    »Dann verzichten Sie auf das Amt, Mr. Amburgh. Sicher findet das Gericht jemand anders für diese Aufgabe.« Jake nahm das Testament, fuhr die Faltkanten nach und steckte es wieder in die Tasche. »Schlafen Sie ruhig eine Nacht darüber. Es besteht keine Eile.«
    »Wann soll die Schlacht beginnen?«
    »Bald. Die gegnerischen Anwälte werden mit dem anderen Testament antreten.«
    »Dürfte spannend werden.«
    »Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben, Mr. Amburgh. Hier ist meine Karte.« Jake legte seine Visitenkarte und einen Fünfdollarschein auf den Tisch und eilte nach draußen. Im Auto blieb er einen Moment lang sitzen und versuchte sich vorzu stellen, was es bedeutete, wenn ein Testament im Wert von zwan zig Millionen Dollar angefochten wurde.
    Ein Jahr zuvor hatte es in Clanton einen Prozess um eine Düngemittelfirma gegeben, die einem mysteriösen Brand zum Opfer gefallen war. Inhaber war ein gerissener Unternehmer

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