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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Stütze. Der Mann schien es gar nicht erwarten zu können, von seiner Pflicht entbunden zu werden. Gleich hinter Jake saß Lettie, auf die er eigentlich gezählt hatte. Doch sie wurde von einem Pärchen Pitbulls abgeschirmt, die auch vor roher Gewalt nicht zurückschrecken würden, um an das Vermögen zu kommen. Und das waren die Menschen, die auf seiner Seite standen. Gegenüber lauerte ein Rudel ausge hungerter Hyänen.
    Richter Atlee machte weiter. »Ich habe beide Testamente gelesen. Wir werden mit dem handschriftlichen vom 1. Oktober anfangen. Ein Antrag auf Eröffnung wurde am 4. Oktober eingereicht. Mr. Brigance, Sie werden mit der Abwicklung des Nachlasses beginnen und die gesetzlich vorgeschriebenen Schritte einleiten: Gläubiger in Kenntnis setzen, ein vorläufiges Nachlassverzeichnis einreichen und so weiter. Ich gehe davon aus, dass diese Dinge umgehend erledigt werden. Mr. Amburgh, wie ich gehört habe, möchten Sie entlassen werden.«
    Amburgh stand langsam auf. »Das ist richtig. Ich habe für so was nicht die Nerven. Als Vollstrecker müsste ich schwören, dass dies der gültige Letzte Wille von Seth Hubbard ist, und das kann ich einfach nicht. Mir gefällt dieses Testament nicht, und ich will damit nichts zu tun haben.«
    »Mr. Brigance?«
    »Euer Ehren«, sagte Jake, »Mr. Amburgh war früher selbst Anwalt. Er kennt sich mit der Materie aus. Ich werde einen entsprechenden Antrag formulieren und gleichzeitig die Namen möglicher Nachfolger einreichen.«
    »Bitte behandeln Sie diesen Punkt als vorrangig. Ich möchte nicht, dass die Abwicklung unterbrochen wird, während wir andere Dinge klären. Unabhängig davon, was aus dem hand schriftlichen Testament wird – oder auch aus dem anderen –, gilt unsere Hauptsorge Mr. Hubbards Nachlass. Ich nehme an, hier sind mehrere Parteien, die das handschriftliche Testament anfechten wollen, richtig?«
    Ein Grüppchen von Anwälten stand nickend auf, und Rich ter Atlee hob die Hand. »Danke. Bitte bleiben Sie sitzen. Mr. Am burgh, Sie dürfen gehen.« Amburgh brachte ein knappes »Danke« heraus, schob sich eilends hinter dem Klägertisch hervor und hastete den Mittelgang entlang zum Ausgang.
    Richter Atlee rückte seine Brille zurecht. »Wir werden fol gendermaßen vorgehen. Mr. Brigance, Sie haben zehn Tage Zeit, um einen Nachfolger für Mr. Amburgh zu finden, wobei es gemäß dem Wunsch des Verstorbenen kein Anwalt aus diesem County sein darf. Sobald der Nachlassverwalter eingesetzt ist, werden Sie mit ihm zusammen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten erfassen. Ich möchte so bald wie möglich ein vorläufiges Verzeichnis sehen. In der Zwischenzeit werden die Übrigen ihre Anfechtungserklärungen formulieren. Sobald sich alle Parteien sauber formiert haben, treffen wir uns wieder und überlegen uns, wie der Prozess ablaufen soll. Wie Sie wissen, dürfen alle Parteien eine Jury beantragen. Wenn Sie das wünschen, reichen Sie das Gesuch rechtzeitig ein, zusammen mit Ihrer Anfechtung. Erbanfechtungen werden in Mississippi be handelt wie jedes andere Zivilverfahren, insofern gelten die üblichen Verfahrens- und Beweisvorschriften.« Er nahm die Brille ab und begann, an einem Bügel zu nagen, während er über die Köpfe der Anwälte blickte. »Aber ich will Ihnen gleich eines sa gen: Ich werde keinen Prozess mit zwölf Anwälten leiten. So einen Albtraum mag ich mir gar nicht vorstellen. Ich werde auch keine Jury, falls wir eine haben, einem solchen Wahnsinn unterziehen. Wir werden die strittigen Fragen festlegen und dann das Verfahren flott und effizient durchziehen. Irgendwelche Fragen?«
    Oh ja, Tausende, dachte Jake, aber es wäre später noch genügend Zeit, sie zu stellen.
    Plötzlich stand Booker Sistrunk auf und erklärte in seinem dröhnenden Bariton: »Euer Ehren, ich bin nicht sicher, ob das in dieser Phase des Verfahrens angebracht ist, aber ich möchte vorschlagen, dass meine Mandantin Lettie Lang Mr. Amburgh ersetzt. Ich habe mir die Gesetze dieses Staates angesehen und keinerlei Klausel gefunden, die vorschreibt, dass das Amt des Testamentsvollstreckers oder Nachlassverwalters von einem Anwalt, Finanzexperten oder Ähnlichem ausgefüllt werden muss. Tatsächlich ist per Gesetz keinerlei Ausbildung oder Erfahrung für dieses Amt notwendig.«
    Sistrunk sprach langsam, betont, geschliffen, und seine Worte erfüllten den gesamten Saal. Richter Atlee und die Anwälte folgten seiner Rede stumm. Es war richtig, was er sagte. Per Gesetz konnte jeder

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