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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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aufzuzählen waren. Dann jedoch kam ihm ein anderer Gedanke. Der Kerl musste ein Betrüger sein. Ein richtiger Anwalt würde so etwas nie tun.
    Ohne sich etwas anmerken zu lassen, sagte er: »Tja, ich werde wohl mit dem Mann reden müssen und ihm sagen, dass er sich heraushalten soll.«
    »Was steht denn in dem anderen Testament, in dem echten?«, fragte Dewayne.
    »Ich habe es nie gesehen. Es wurde von Anwälten in Tupelo aufgesetzt, und die mussten es noch nicht öffentlich machen.«
    »Denken Sie, wir kommen darin vor?«, fragte Kamila ohne jede Scheu.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Können wir es herausfinden?«
    »Das bezweifle ich.« Jake hätte am liebsten gefragt, ob es etwas an ihrer Aussage ändern würde, wenn sie es wüssten, doch er beschloss, sich zurückzuhalten.
    Arlene sagte: »Er hat jede Menge Fragen über Seth gestellt und wie er sich benommen hat an dem Freitag. Er wollte wissen, wie es ihm ging und welche Medikamente er genommen hat.«
    »Und was haben Sie geantwortet?«
    »Nicht viel. Um ehrlich zu sein, war er nicht gerade ein Mensch, zu dem man Vertrauen fassen kann. Er hatte Augen, die nie stillstanden und …«
    »… hat geredet wie ein Maschinengewehr«, fügte Dewayne hinzu. »Viel zu schnell. Manchmal habe ich ihn gar nicht verstanden. Ich dachte die ganze Zeit: Das soll ein Anwalt sein? Den will ich nicht vor Gericht oder vor einer Jury sehen.«
    Kamila sagte: »Irgendwann wurde er dann sogar richtig garstig, als wollte er was ganz Bestimmtes hören. Wir sollten sagen, dass Seth wegen all der Medikamente nicht klar im Kopf war.«
    Dewayne blies Rauch durch die Nase. »Einmal hat er seinen Aktenkoffer auf Arlenes Schreibtisch gestellt, aufrecht, ganz komisch. Jetzt nimmt er uns auf, dachte ich. Er hat einen Rekor der da drin.«
    »Ja, besonders geschickt war er nicht«, sagte Arlene. »Am Anfang haben wir ihm geglaubt, kein Wunder, da kommt ein Typ im dunklen Anzug, stellt sich als Anwalt vor, zeigt seine Karte und scheint ziemlich gut über Seth Hubbard und dessen Geschäfte Bescheid zu wissen. Er wollte unbedingt mit uns dreien gleichzeitig reden, und wir wussten nicht, wie wir Nein sagen sollten. Also haben wir geredet, besser gesagt, er hat geredet. Wir haben hauptsächlich zugehört.«
    »Wie würden Sie den Mann beschreiben?«, fragte Jake. »Alter, Größe, Gewicht und so weiter.«
    Die drei tauschten skeptische Blicke, als rechneten sie damit, dass sie sich nicht einig sein würden. »Wie alt?«, fragte Arlene in die Runde. »Ich würde sagen, vierzig.«
    Dewayne nickte, und Kamila sagte: »Ja, vielleicht fünfundvierzig. Eins achtzig bis eins fünfundachtzig groß und ein bisschen dick, ich würde sagen, neunzig Kilo.«
    »Das waren mehr als neunzig Kilo«, widersprach Dewayne. »Dunkle Haare, richtig dicht, ziemlich zerzaust …«
    »Er musste dringend zum Friseur«, sagte Arlene. »Dichter Schnurrbart und Koteletten. Keine Brille.«
    »Er hat Camel geraucht«, ergänzte Dewayne. »Ohne Filter.«
    »Ich werde ihn aufsuchen und herausfinden, was er vorhat«, sagte Jake, wobei er zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich sicher war, dass es keinen Anwalt namens Reed Maxey gab. Selbst der unbedarfteste Jurist würde wissen, dass ein solcher Besuch Ärger bringen und Ermittlungen der Anwaltskammer nach sich ziehen würde.
    »Sollten wir mit einem Anwalt sprechen?«, fragte Kamila. »Ich meine, das ist alles neu für mich … für uns. Es ist irgendwie beängstigend.«
    »Noch nicht«, erwiderte Jake und überlegte, dass er die drei am besten einzeln befragte. In der Gruppe würde er wahrscheinlich keine klaren Aussagen bekommen. »Vielleicht später, aber jetzt noch nicht.«
    »Was wird aus der Firma werden?«, erkundigte sich Dewayne und füllte geräuschvoll seine Lungen.
    Jake ging durch den Raum und riss ein Fenster auf, um Luft zu bekommen. »Können Sie nicht draußen rauchen?«, fauchte Kamila den Prokuristen an. Ganz offensichtlich war das Rauchen hier schon lange ein heikles Thema. Immerhin war ihr Chef töd lich an Lungenkrebs erkrankt, und das Büro stank wie ein voller Aschenbecher. Natürlich war das Rauchen nicht verboten.
    Jake ging zu den dreien zurück. »Mr. Hubbard hat in seinem Testament den Vollstrecker angewiesen, alle Vermögenswerte zu einem angemessenen Marktpreis zu verkaufen. Diese Firma läuft weiter, bis jemand sie kauft.«
    »Wann wird das sein?«, fragte Arlene.
    »Sobald ein passendes Angebot vorliegt. Vielleicht morgen, vielleicht in zwei Jahren.

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