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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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insektenähnliche Baumwollernter krochen darüber und verschlangen vier Reihen auf einmal, während Anhänger darauf warteten, die Ernte aufzunehmen. Ein verwittertes Straßenschild verkündete »Parchman – 8 Kilometer«, und nach kurzer Zeit kam das Gefängnis in Sicht.
    Jake war schon dort gewesen. Im letzten Semester seines Jura studiums hatte er einen Professor für Strafprozessrecht, des sen alljährliche Exkursion immer in das berüchtigte Hochsicherheits gefängnis des Bundesstaates ging. Jake und seine Kommilitonen hatten ein paar Stunden damit verbracht, Verwaltungsbeamten zuzuhören und von Weitem einige Gefangene in den Todeszellen anzuglotzen. Der Höhepunkt war ein Gruppen interview mit Jerry Ray Mason gewesen, einem zum Tode verurteilten Mörder, dessen Fall sie analysiert hatten. Mason, der innerhalb der nächsten drei Monate in der Gaskammer hingerichtet werden sollte, hatte immer wieder seine Unschuld beteuert, obwohl es keine Beweise dafür gegeben hatte. Er war so arrogant gewesen zu behaupten, dass es dem Staat nicht gelingen werde, ihn hinzurichten, aber eines Besseren belehrt worden. Seit Abschluss seines Studiums war Jake noch zweimal hingefahren, um Mandanten zu besuchen. Zurzeit saßen vier seiner Klienten in Parchman ein, drei andere verbüßten ihre Strafen in Bundesgefängnissen.
    Sie parkten in der Nähe eines Verwaltungstrakts und betraten das Gebäude. Drinnen folgten sie einigen Hinweisschildern und kamen schließlich in einen Korridor mit Leuten, die aussahen, als wären sie lieber ganz woanders. Jake schrieb seinen Namen auf eine Liste und erhielt ein Dokument, auf dem »Bewährungsanhörungen –Tagesordnung« stand. Sein Mann war die Nummer drei auf der Liste. Dennis Yawkey 10.00 Uhr. Jake und Carla, die hofften, der Familie Yawkey aus dem Weg gehen zu können, nahmen die Treppe in den ersten Stock und suchten das Büro von Floyd Green, einem ehemaligen Kommilitonen von Jakes Universität, der inzwischen in Parchman arbeitete. Jake hatte sich telefonisch angemeldet und bat nun um einen Gefallen. Floyd versuchte zu helfen. Jake zog einen Brief von Nick Norton aus der Tasche, dem Anwalt aus Clanton, der Marvis Lang vertrat. Lang residierte zurzeit in Camp Nr. 29, einem Bereich mit noch mehr Sicherheitsmaßnahmen. Floyd nahm den Brief und sagte, er werde versuchen, ein Treffen zu arrangieren.
    Die Anhörungen begannen um neun Uhr und fanden in einem großen, kahlen Raum statt, in dem ein paar Klapptische zu einem Quadrat und dahinter Dutzende von Klappstühlen in leicht schiefen Reihen aufgestellt worden waren. An der Stirnseite der Tische saßen der Vorsitzende des Bewährungsausschusses und die vier anderen Mitglieder. Fünf Weiße, alle vom Gouverneur ernannt.
    Jake und Carla betraten den Raum zusammen mit einer Flut von Zuschauern und suchten nach Plätzen. Links von sich sah Jake für einen kurzen Moment Jim Yawkey, den Vater des Strafgefangenen, doch sie vermieden jeden Blickkontakt. Er nahm Carla am Arm und ging mit ihr nach rechts, wo sie sich hinsetzten und warteten. Als Erster war ein Mann an der Reihe, der bereits sechsunddreißig Jahre für einen während eines Banküberfalls verübten Mord gesessen hatte. Nachdem man ihn her eingebracht hatte, wurden ihm die Handschellen abgenommen. Dann ließ er den Blick über die Zuschauer gleiten und suchte nach Angehörigen. Weiß, etwa sechzig Jahre alt, lange, gepflegte Haare, ein gut aussehender Typ, und wie immer fragte sich Jake, wie jemand so lange an einem derart brutalen Ort wie Parchman überleben konnte. Sein Bewährungshelfer verlas einen Bericht, der den Mann wie einen Musterhäftling aussehen ließ. Anschließend stellten die Mitglieder des Bewährungsausschus ses einige Fragen. Die nächste Sprecherin war die Tochter der er mordeten Bankangestellten, und sie begann damit, dass sie sagte, sie sei jetzt zum dritten Mal vor dem Bewährungsausschuss erschienen. Zum dritten Mal sei sie gezwungen, den Albtraum noch einmal zu erleben. Während sie ihre Gefühle zurückhielt, beschrieb sie mit eindringlichen Worten, wie es gewesen war, als zehnjähriges Mädchen zu erfahren, dass die eigene Mutter mit einer abgesägten Schrotflinte an ihrem Arbeitsplatz erschossen worden war. Von da an wurde es nur noch schlimmer.
    Obwohl der Bewährungsausschuss über den Fall beraten wollte, schien eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung für den Killer unwahrscheinlich zu sein. Nach einer dreißigminütigen Anhörung wurde er

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