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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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hinausgebracht.
    Als Nächstes wurde ein junger Schwarzer hereingeführt. Nachdem man ihm die Handschellen abgenommen hatte, wurde er auf den heißen Stuhl gesetzt und dem Ausschuss vorgestellt. Er hatte sechs Jahre wegen Carjacking gesessen und war ein mustergültiger Häftling gewesen. Er hatte seinen Highschool-Abschluss gemacht, Leistungspunkte fürs College gesammelt und sich nicht das Geringste zuschulden kommen lassen. Sein Bewährungshelfer empfahl eine Freilassung auf Bewährung, das Opfer ebenfalls. Es lag eine schriftliche Erklärung des Opfers vor, in der es den Ausschuss um Nachsicht bat. Die Frau war bei dem Autoraub nicht verletzt worden und hatte im Laufe der Jahre einen Briefwechsel mit dem Häftling begonnen.
    Während ihre Erklärung verlesen wurde, fiel Jake auf, dass sich einige Mitglieder des Yawkey-Clans an der Wand links von ihm herumdrückten. Er hatte sie als grobe, unfreundliche Leute aus der Unterschicht kennengelernt, Hinterwäldler mit hoher Gewaltbereitschaft. Zweimal schon hatten sie einander vor Gericht wütende Blicke zugeworfen, und jetzt waren sie wieder da. Er hasste sie ebenso sehr, wie er sie fürchtete.
    Dennis Yawkey kam mit einem überheblichen Grinsen auf den Lippen herein und fing sofort an, nach seinen Leuten zu suchen. Jake hatte ihn seit siebenundzwanzig Monaten nicht gesehen, und es wäre ihm am liebsten gewesen, wenn er ihn nie wieder zu Gesicht bekommen würde. Yawkeys Bewährungshelfer ratterte die wichtigsten Fakten herunter: 1985 hatte sich Dennis Yawkey in Ford County der Verabredung zur gemeinsamen Begehung einer Brandstiftung schuldig bekannt. Yawkey und drei andere Männer hatten angeblich geplant, das Haus eines gewissen Jake Brigance aus Clanton niederzubrennen. Der Brandanschlag selbst wurde dann von seinen drei Mitverschwörern verübt, die dafür Haftstrafen in Bundesgefängnissen verbüßten. Einer von ihnen hatte als Zeuge für die Staatsanwaltschaft ausgesagt; daher die Schuldeingeständnisse. Der Bewährungshelfer gab keine Empfehlung hinsichtlich einer bedingten Strafaussetzung für Yawkey ab, was Floyd Green zufolge bedeutete, dass eine Entlassung auf Bewährung unwahrscheinlich war.
    Jake und Carla hörten zu und schäumten innerlich vor Wut. Yawkey war nur deshalb so glimpflich davongekommen, weil Rufus Buckley die Anklage verbockt hatte. Wenn Buckley sich herausgehalten und den Fall dem FBI überlassen hätte, wäre Yawkey für mindestens zehn Jahre hinter Gitter gewandert. Aber da Buckley Mist gebaut hatte, bestand jetzt, siebenundzwanzig Monate später, die Möglichkeit, dass ein mieser Schläger, der mit seiner Tat den Ku-Klux-Klan hatte beeindrucken wollen, vorzeitig auf Bewährung entlassen wurde. Er war zu fünf Jahren verurteilt worden. Und nach nicht einmal der Hälfte davon versuchte er, aus dem Gefängnis zu kommen.
    Als Jake und Carla Hand in Hand zu dem billigen Rednerpult auf einem der Klapptische gingen, betraten Ozzie Walls und Marshall Prather deutlich hörbar den Raum. Jake nickte ihnen zu, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Bewährungsausschuss. Er begann mit folgenden Worten: »Ich weiß, dass wir nur ein paar Minuten haben, daher werde ich mich beeilen. Mein Name ist Jake Brigance, Besitzer des Hauses, das es nicht mehr gibt, und das hier ist Carla, meine Frau. Wir möchten gern ein paar Worte zu seinem Antrag auf vorzeitige Entlassung auf Bewährung sagen.« Er trat zur Seite und überließ Carla seinen Platz am Rednerpult. Sie faltete ein Blatt Papier auseinander und versuchte, die Mitglieder des Bewährungsausschusses anzulächeln.
    Nachdem sie Dennis Yawkey einen bösen Blick zugeworfen hatte, räusperte sie sich. »Ich heiße Carla Brigance. Einige von ihnen erinnern sich vielleicht an den Prozess gegen Carl Lee Hailey, der im Juli 1985 in Clanton stattgefunden hat. Mein Mann hat Carl Lee verteidigt, mit ganzer Kraft und voller Leidenschaft, was uns teuer zu stehen gekommen ist. Wir haben anonyme Telefonanrufe bekommen; einige davon waren offene Drohungen. In unserem Vorgarten wurde ein Holzkreuz an gezündet. Es gab sogar einen Mordanschlag auf meinen Mann. Ein Mann mit einer Bombe hat versucht, unser Haus in die Luft zu jagen, während wir schliefen. Sein Prozess steht immer noch an, da er vorgibt, unzurechnungsfähig zu sein. Irgendwann bin ich dann mit meiner vierjährigen Tochter aus Clanton ge flüchtet und bei meinen Eltern geblieben. Mein Mann trug eine Waffe, er trägt heute noch eine, und einige

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