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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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so weit?«
    »Dann sind Sie also einer von den Guten?«
    »Allerdings. Genau genommen bin ich zurzeit das Beste, was Ihrer Mutter bei diesem Streit passieren kann, aber sie ist leider anderer Meinung. Sie hat ein paar Anwälte aus Memphis angeheuert, die gerade dabei sind, sie bis aufs Hemd auszuziehen und den Karren in den Sand zu setzen.«
    Marvis setzte sich aufrecht hin und versuchte, beide Hände zu heben. »Okay, jetzt haben Sie’s geschafft. Ich versteh gar nichts mehr. Das Ganze noch mal, aber langsamer«, bat er.
    Jake redete immer noch, als jemand an die Tür klopfte. Ein Wärter steckte den Kopf herein und sagte: »Es wird Zeit.«
    »Ich bin fast fertig«, erwiderte Jake, während er die Tür langsam zudrückte. Er beugte sich noch näher zu Marvis und sagte: »Rufen Sie Nick Norton an, per R-Gespräch. Er wird das Gespräch annehmen und bestätigen, was ich Ihnen gerade erzählt habe. Zurzeit wird Ihnen jeder Anwalt in Ford County dasselbe sagen: Lettie macht einen großen Fehler.«
    »Und ich soll das wieder in Ordnung bringen?«
    »Sie können helfen. Reden Sie mit ihr. Wir, Ihre Mutter und ich, haben sowieso schon einen harten Kampf vor uns. Sie macht alles nur noch schlimmer.«
    »Lassen Sie mich darüber nachdenken.«
    »Tun Sie das, Marvis. Sie können mich jederzeit anrufen, per R-Gespräch.«
    Der Wärter war wieder da.

17
    Im Tea Shoppe hatten sich die Büroangestellten der Stadt zum Frühstück und auf einen Kaffee eingefunden (nie Tee, nicht zu einer so frühen Stunde). An einem der runden Tische saßen ein Anwalt, ein Banker, ein Ladenbesitzer und ein Versicherungsvertreter, an einem anderen eine Gruppe älterer Herren, die alle schon pensioniert waren. Pensioniert, aber beileibe nicht schwerfällig, langsam oder ruhig. Er wurde »der Seniorentisch« genannt. Das Gespräch kam in Schwung, als es um die schwache Leistung des Footballteams der Ole Miss – das verlorene Spiel am Samstag gegen Tulane beim Homecoming war unverzeih lich  – und die noch schwächere Leistung der Mannschaft der Mississippi State ging. Es gewann noch mehr an Fahrt, als die Senioren aufhörten, Dukakis fertigzumachen, der gerade von Bush fertiggemacht worden war, und der Banker mit lauter Stimme sagte: »Ich habe gehört, dass diese Frau das ehemalige Haus der Sappingtons gemietet hat und in die Stadt zieht, mit samt ihrer Bagage natürlich. Man erzählt sich, dass ihre Verwand ten scharenweise bei ihr einziehen und dass sie etwas Größeres braucht.«
    »Das Haus der Sappingtons?«
    »Du weißt schon, nördlich der Stadt, in einer Seitenstraße der Martin Road, direkt hinter dem Platz, auf dem das Vieh versteigert wird. Die alte Farm, die von der Straße aus kaum zu sehen ist. Die Familie versucht, sie zu verkaufen, seit dem Tod von Yank Sappington. Wann war das noch mal? Vor zehn Jahren?«
    »Mindestens. Anscheinend haben sie das Haus schon ein paarmal vermietet.«
    »Aber bis jetzt noch nie an Schwarze, stimmt’s?«
    »Soviel ich weiß, nicht.«
    »Ich dachte, es wäre ganz gut in Schuss.«
    »Ist es auch. Sie haben es letztes Jahr gestrichen.«
    Nachdem die Männer kurz darüber nachgedacht hatten, machte sich Bestürzung breit. Das Haus der Sappingtons lag zwar am Stadtrand, aber in einer Gegend, in der nur Weiße wohnten.
    »Warum vermieten sie an Schwarze?«, fragte einer der Senioren.
    »Geld. Von den Sappingtons lebt keiner mehr hier, es dürfte ihnen also egal sein. Wenn sie es nicht verkaufen können, vermieten sie es eben. Geld ist Geld, egal, wer es einem schickt.« Kaum hatte der Banker geendet, wartete er darauf, dass die anderen das bestritten. Seine Bank war bekannt dafür, dass sie keine Schwarzen als Kunden hatte.
    Als ein Immobilienmakler hereinkam und sich zu den anderen an den Tisch setzte, wurde er sofort gefragt: »Wir haben gerade über diese Frau gesprochen, die das Haus der Sappingtons gemietet hat. Ist da was Wahres dran?«
    »Und ob«, erwiderte der Makler selbstgefällig. Er war stolz dar auf, stets als Erster von Gerüchten zu erfahren. Zumindest tat er so, als wüsste er immer alles. »Nach dem, was ich gehört habe, sind sie gestern eingezogen. Siebenhundert Dollar im Monat.«
    »Wie viele Leute?«
    »Keine Ahnung. Ich war nicht dort, und ich habe auch nicht vor hinzugehen. Ich hoffe nur, dass es die Immobilienpreise in der Gegend nicht beeinflusst.«
    »Was für eine Gegend?«, fragte einer der Senioren. »Die Straße runter steht die Scheune, in der das Vieh versteigert wird, da

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