Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
wir, aber ich glaube nicht, dass das bald sein wird. «
» Ja, im Moment habt Ihr wirklich genug zu tun. Aber eines Tages, wenn Ihr mehr Freizeit habt … « Haimyr betrachtete das Spiel nachdenklich. » Habt Ihr gehofft, dass diese beiden Bauern sich unbemerkt bis ans andere Ende des Bretts schleichen können? Schwarz könnte sie verlieren, wenn es nicht vorsichtig ist, denn Weiß kommt immer näher, und ihre Position ist ungesichert. «
Asantir wandte sich von dem Schachbrett ab. » Sogar Ihr seid nicht hergekommen, um über Schach zu plaudern, Haimyr der Goldene. Nicht zu so später Stunde. Also was führt Euch her, um meine wohlverdiente Ruhe zu stören? «
Der Barde setzte sich. In seinen Augen glitzerte es. » Das nennt Ihr ausruhen? « , fragte er. » Wenn ja, werde ich mich nicht bei Euch entschuldigen. Die Wahrheit ist, dass ich seit unserer kürzlichen Rückkehr unruhig bin, obwohl ich nicht sagen kann, weshalb. Vielleicht liegt es einfach am Sturm – aber wenn das der Fall ist, habe ich so eine Wirkung noch nie erlebt, trotz der vielen Jahre, die ich auf Eurem Wall lebe. Und Schatten erschrecken mich eigentlich nicht. «
» Nein « , stimmte Asantir zu. » Und Ihr habt absolut keine Ahnung, was diese Unruhe hervorruft? «
Haimyr zuckte mit den Schultern, was von einem goldenen Geräusch begleitet wurde. » Keine. Es ist ein Gefühl wie – wie sagte Doria immer? –, als ob ein Scherge des Schwarms über den kalten, lichtlosen Fleck gelaufen wäre, der mein Grab sein wird. « Er warf seine Hände in die Höhe. » Was so viel heißt, dass es dafür überhaupt keinen Grund gibt! Doch das Gefühl sitzt mir dennoch seit einiger Zeit im Nacken. Ich konnte deshalb keinen Frieden finden, also dachte ich: Aha, ich werde meine Unruhe nehmen und meine alte Freundin, Hauptmann Asantir, besuchen, die die beste Nase hat, die ich kenne, um Ärger zu riechen. «
Asantir sah ihn lange prüfend an. » Wie der Zufall es will, kann ich Euch dabei überhaupt nicht helfen. Ich kann nur sagen, dass auch ich beunruhigt bin, und zwar seit wir aus der Alten Burg zurückgekehrt sind. Doch ich habe auch keine bessere Erklärung anzubieten als Ihr. « Ihr Blick ging zurück zu dem Schachspiel. Sie streckte die Hand aus und hielt sie über den schwarzen Erben. Ihr Ausdruck war entrückt.
» Seit wir aus der Alten Burg zurückgekehrt sind « , wiederholte sie leise. Dann schaute sie scharf um die offene Tür herum und den Flur entlang. Die Lampen schienen so hell wie überall, doch die Schatten sammelten sich immer noch außerhalb des hellen Lichtkreises. Asantirs Augen glühten vor Konzentration und fixierten diese Schatten. Dann sprang sie auf die Füße und warf den Stuhl mit ihrer heftigen Bewegung um. Als sie sprach, war ihre Stimme allerdings sehr leise. » Ich war eine Närrin. Wir müssen uns beeilen, Haimyr. Schnell! « Asantir warf sich ihren Umhang über die Schultern und ging zur Tür.
» Sicher « , sagte Haimyr. » Aber darf ich auch erfahren, wohin wir gehen und warum? «
Asantir lief noch schneller. » Ich war eine blinde Närrin, mein Freund. Wachen an jedem Tor, Wachen vor der Tür der Erbin – doch sie brauchen keine geraden Linien oder Wege, wie wir sie kennen. Wir alle haben das deutlich genug gesehen, als die Finsterschwinge zurückkehrte und als Malian uns aus der Alten Burg zurückbrachte. «
» Asantir « , sagte er, » Ihr vergesst, dass ich nicht in der Alten Burg war. Und es ist zu spät für mich, um Ratespiele zu spielen. «
Sie warf ihm einen schnellen Seitenblick zu. » Das ist kein Spiel. Doch es ist wirklich spät, und ich habe keine Zeit für Erklärungen, denn ich muss … « Haimyr sollte allerdings nie herausfinden, was sie tun musste, denn als sie um eine Ecke bogen, mussten sie schleunigst zur Seite springen, um einer Wache aus dem Weg zu gehen, die auf sie zugerannt kam.
» Lira! « , sagte Asantir scharf. » Was macht Ihr hier? Ihr sollt am Tempeltor Euren Dienst tun. «
Lira salutierte hastig. » Garan und Nerys sind noch dort, Hauptmann, mit dem Rest unserer Acht-Garde. Doch ich habe eine dringende Botschaft für Euch von der Priesterin Korriya. « Sie zögerte und fühlte sich offensichtlich unwohl. Dann fügte sie hinzu: » Sie bat mich, Euch schnellstmöglich aufzusuchen, Hauptmann. Sie sagte, es ginge um eine Blutangelegenheit. «
» Schon wieder « , murmelte Haimyr. Doch Asantirs Hand schloss sich um seinen Arm und zwang ihn zu schweigen.
» Sagt es mir! « , befahl sie
Weitere Kostenlose Bücher