Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Angst haben? «
    » Ein Angriff « , sagte Asantir über ihre Schulter, » auf der psychischen Ebene – oder durch sie, da einige unserer Feinde Türen in der Luft öffnen können. « Ihre Schritte wurden bei ihren Worten noch raumgreifender, sodass sie beinahe rannte. Die anderen mussten ebenfalls schneller werden, um mitzuhalten. » Ein Adept könnte ein Portal direkt in dieser Burg öffnen und somit jede Wache, die ich aufgestellt habe, umgehen! «
    » Aber « , protestierte Haimyr, als sie die letzten Stufen hinaufflogen, » wenn die Angreifer des Finsteren Schwarms wirklich diese Macht haben, warum haben sie sich dann überhaupt mit einer physischen Attacke begnügt? Dafür hätte es keine Notwendigkeit gegeben, wenn sie wirklich in der Lage sind, einfach eine dieser Türen in unserer Mitte zu öffnen. «
    Korriya schüttelte den Kopf. » Um ein Portal dieser Größe zu öffnen und es lange genug offen zu halten, damit zahlenmäßig genug hindurchtreten können, benötigt man außergewöhnliche Stärke. Unsere Geschichte sagt, dass sogar im Schwarm nur sehr wenige über diese Macht verfügen. «
    » Aber was, wenn es nicht um die reine Anzahl geht? Was, wenn es nur ein einziger, einsamer Meuchelmörder ist? Was dann? «
    » Ein Meuchelmörder « , wiederholte Haimyr. Seine goldenen Augenbrauen zogen sich zusammen. » Oh, ja. Ich verstehe. «
    » Ein Wyrhund « , sagte die Priesterin, ohne sich umzusehen, » könnte das bemerken. Doch diese Tiere sind alles andere als zuverlässig. « Asantir nickte und wusste, dass die Unzuverlässigkeit der Wyrhunde gepaart mit ihrer Grausamkeit die Gründe waren, warum der Graf sie nicht in der Burg der Winde haben wollte.
    » Oder … « Korriyas Ausdruck war plötzlich gehetzt. » Ein starker Träumer könnte so ein Eindringen vielleicht bemerken. « Sie schüttelte den Kopf. » Ich hätte das früher erkennen müssen, die Auswirkungen von Kalans ständigen Träumen schon vor Tagen durchdenken müssen. Ich war nachlässig und blind! «
    Asantir vergrößerte nochmals ihre Schritte. » Schuldzuweisungen, gleich ob sie uns oder anderen gelten, werden uns jetzt nicht helfen. Wir können nur hoffen, dass sich unsere Augen rechtzeitig geöffnet haben! «
    Und dann rannten sie alle, rannten, als ob ihr Leben davon abhinge.

22 Die Macht der Drei
    Jenseits des Tors der Träume hob ein Hund seine milchweiße Schnauze und heulte einen traurigen, unheimlichen Ton, der jedes Haar auf Kalans Kopf zu Berge stehen ließ. Der Jagdmeister drehte seinen Kopf und lauschte. Doch Kalan hörte nichts außer dem widerlich süßen Sirenenlied und dem entfernten Brüllen des Sturms, das durch den Schleier zwischen den Welten gedämpft wurde. Ein schneller Blick zeigte ihm, dass sich in dem rotweißen Zimmer nichts verändert hatte: Das silberne Feuer war eng über Malian zusammengezogen, der Schatten des Sirenenwurms drückte fest dagegen. Um Kalan herum zitterte das ganze Rudel und war aufmerksam. Kalan schauderte, als der Hund erneut heulte.
    Das Feuer in dem rotweißen Raum sprang mit einem Knacken hoch und warf eine Funkenkaskade um sich. Das brachte die Frau am Feuer ins Leben zurück. Sie fluchte, als die Funken ihre Tunika und ihr Haar versengten. Der Sirenenwurm drehte sich mit einem Zischen um, als die Doppeltür aufflog und der Ehrenhauptmann Asantir ins Zimmer stürzte. Sie wurde auf der einen Seite von der großen, ernsten Gestalt Schwester Korriyas flankiert und auf der anderen von einer goldenen, fantastischen Kreatur, die nur der Ijiri-Barde Haimyr der Goldene sein konnte.
    » Siehst du? « , fragte der Jagdmeister und entspannte seinen Arm, wodurch Kalan freikam.
    Kalan nickte und widmete seine Aufmerksamkeit ganz den Ereignissen auf der anderen Seite des Schleiers. Die Frau am Feuer hatte Mühe, sich von ihrem Sessel zu erheben. Asantir drang mit ihrem Schwertkämpferschritt und gezogener Klinge in den Raum ein. Wachen schwärmten hinter ihr aus, als Korriya und eine Gruppe junger Priester einen Keil in der Doppeltür formten. Der Jagdmeister schüttelte den Kopf. » Deine Herolde haben ihnen beigebracht, wie man zusammenarbeitet. Doch sie werden immer noch Schwierigkeiten haben, sich dem Lied des Wurms entgegenzustellen, wenn man ihre begrenzten Kräfte bedenkt. « Er zögerte. » Einer von ihnen, der dunkle Junge, scheint einige Stärke zu haben, doch sie müssen jetzt angreifen, nicht verteidigen. «
    Er hat recht, dachte Kalan. Das Sirenenlied war nicht schwächer geworden,