Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
obwohl der Wurm sich schnell bewegte, um seinen Feinden auszuweichen. Er verschmolz mit dem Halbschatten am Rande des Zimmers. Asantir setzte ihr leichtfüßiges Vorrücken fort. Doch der Wurm hatte viel Platz, um seinen flexiblen Körper und den giftigen Kopf zu bewegen. » Ein einfacher Krieger wird ihn nie in die Ecke treiben « , sagte der Jagdmeister. » Nicht, solange das Lied diejenigen mit Stärke zurückhält. «
» Unentschieden « , murmelte Kalan und fragte sich, wer wohl als Erster versuchen würde, das zu durchbrechen. Ein goldenes Flackern erregte seine Aufmerksamkeit, doch es war nur der Ijiri-Barde, der seine fantastischen Ärmel zurückwarf. Niemand im Raum beachtete ihn. Doch etwas an dieser Bewegung und dem Barden faszinierte Kalan. Er starrte die goldene Gestalt an und blinzelte. Dann blinzelte er nochmal, denn an genau der Stelle, wo gerade noch der Barde gestanden hatte, saß jetzt eine große goldene Katze mit leuchtenden Augen.
» Eine beeindruckende Verwandlung « , murmelte der Jagdmeister.
Kalan schüttelte verwirrt den Kopf. » Aber niemand sonst scheint das bemerkt zu haben. « Die Katze trottete anmutig am Rand des Zimmers in die entgegengesetzte Richtung zu den Wachen.
» Ja, sie sehen immer noch das Trugbild des Barden, der an der Tür steht. Außer natürlich dem Wurm « , fügte der Jagdmeister mit grimmiger Befriedigung hinzu.
Der Wurm hatte tatsächlich seinen Kopf gedreht und beobachtete die Katze mit unheilvollem Blick. Das goldene Tier knurrte. Das tiefe Grollen war ein Kontrapunkt zu dem Sirenenlied. Die Hunde spitzten die weißen Ohren und lauschten. Ihre blutroten Augen folgten der Jagd der Katze mit großem Interesse. » Wie kommt es, dass wir und der Wurm das sehen können, aber andere nicht? « , fragte Kalan immer noch verwirrt.
» Sirenenwürmer sind Meister der Illusion « , antwortete der Jagdmeister. » Also ist es schwer, sie mit derartiger Magie zu täuschen. Du und ich stehen sehr tief im Tor der Träume. Es fällt jeder Illusion schwer, diesem Ort zu widerstehen – und noch schwerer, die Augen desjenigen zu täuschen, der Terennins Symbol an der Hand trägt. Aber sieh dir den Wurm an! «
Das grollende Knurren der großen Katze war lauter geworden, und ihr Schwanz peitschte, während der Sirenenwurm Schwierigkeiten hatte, die Melodie seines Lieds aufrechtzuerhalten. Kalan beugte sich vor. » Er wird doch nicht davonkommen, oder? « , fragte er. » Nicht, wenn beide Wachen und Priester auf der einen Seite und die Katze auf der anderen sind. « Er warf einen Blick auf die Hunde und dachte, dass der Wurm es nicht wagen würde, den Wandbehang zu wählen.
Das Knurren der Katze wurde immer tiefer, bis der Raum bebte. Kalan fragte sich, wie die anderen dort die Vibration nicht spüren konnten, auch wenn sie die Katze nicht sahen oder hörten. Das Sirenenlied zerfaserte in eine Reihe Misstöne und löste sich dann vollkommen auf. Das silberne Feuer sprang wieder auf und schimmerte. Der Wurm kreischte.
» Bitter! « , heulte er, und in seiner Stimme war nichts Süßes mehr. » Sternenfluch! « Diese Worte schienen die Frau am Feuer endlich aus den Überresten des Zaubers, der sie zurückhielt, zu entlassen. Denn auch sie stolperte auf den Wurm zu und griff nach ihrem Dolch. Das silberne Licht wuchs, bis sein Leuchten den ganzen Raum erfüllte und alle Schatten flohen, die dem Sirenenwurm Schutz hätten bieten können. Asantir ging kalt auf ihn zu. Der Wurm schoss davon und näher zum Wandbehang.
» Das silberne Licht ist ihm ein Gräuel « , bemerkte der Jagdmeister. » Der Wurm kann es nicht ertragen, besonders jetzt, da seine Zauber durchbrochen wurden. «
» Aber er wird doch nicht die Jagd vergessen haben « , sagte Kalan.
Sie beobachteten, wie der Wurm zögerte. Sein Kopf schoss zwischen dem Wandbehang und dem Halbkreis seiner Angreifer hin und her. Die goldene Katze hockte sich wieder hin und beobachtete ihre Beute mit glänzenden Augen. Plötzlich schob sich eine geifernde Schnauze durch das feine Gewebe des Schleiers, schnappte nach dem Wurm und verpasste ihn nur um wenige Zoll. Der Jagdmeister knurrte und riss den Hund zurück. Der Sirenenwurm stieß erneut ein schrilles Kreischen der Verzweiflung und der Wut aus. Das Geräusch endete abrupt, denn Asantir nutzte den Vorteil der Ablenkung, stampfte mit ihrem Fuß auf den Hals des Sirenenwurms und nagelte so seinen Kopf am Boden fest. Der Körper des Wurms peitschte hin und her, doch er konnte nicht
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