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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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zu verschwinden, wenn man wie ein Kometenschweif hinter zwei Männern herlief, die als Gäste begrüßt worden waren und mittlerweile das Kommando über das Kloster an sich gerissen hatten.
    »Wir dachten, der ehrwürdige Vater hätte eine Nachricht nach Prag gesandt.«
    »Wir sind vor sechs Wochen aus Prag abgereist«, sagte Andrej.
    »Aber … ahem …« Ein schüchterner Blick traf Cyprian. »Aber … Frau Khlesl … und der junge Herr Khlesl in Prag …«
    »Das bringt mich dazu, die Frage zu wiederholen: Wen wollten Wenzel und Melchior einholen?«, sagte Cyprian.
    Der Torhüter ließ die Luft mit einem tiefen Seufzer entweichen. »Wir ahnten schon, dass das noch kompliziert werden würde«, murmelte er.
    »Was ist mit meiner Enkeltochter?«, fragte Cyprian.
    »Wenzel hat sechs Mönche mitgenommen – und alle sind in Schwarz gekleidet?«, rief Andrej, während er die Tür in ihrem Weg aufstieß. Ihre Schritte begannen plötzlich zu hallen, und Weihrauchduft und das leise Flüstern eines vielstimmigen Gebetes umfingen sie. Sie betraten die Klosterkirche durch ein Seitenportal und durchquerten sie im hinteren Teil des Mittelschiffs. Vorn im Binnenchor kniete eine Gruppevon einfachen Männern und betete gemeinsam das Ave Maria. Einer von ihnen drehte sich um und sah zu ihnen herüber, ein kleiner, magerer Mann mit grauer Haut und den Kerben langer Entbehrung in den Wangen. Als sie seinen Blick erwiderten, senkte er den Kopf und betete weiter.
    »Obdachlos gewordene Bauern?«, fragte Cyprian knapp.
    »Nein … äh … wir wissen auch nicht genau, wer sie sind. Sie sind vor gut zwei Wochen hier eingetroffen und haben gesagt … äh …«, der Torhüter nuschelte etwas Unverständliches, »… haben ihnen aufgetragen, hierherzukommen und Buße zu tun.«
    Cyprian und Andrej waren gleichzeitig stehen geblieben. Das Gebet vorne geriet aus dem Takt. Mehrere Köpfe wandten sich jetzt zu ihnen um.
    »Das muss ich noch mal hören, um es zu glauben«, sagte Cyprian.
    »Bitte, kommen Sie weiter. Ich versuche ja, es Ihnen zu erklären.«
    »Das können Sie gar nicht«, sagte Andrej.
    Cyprian grinste plötzlich und setzte sich wieder in Bewegung. »Doch, doch, allmählich verstehe ich es. Es ist nur folgerichtig.«
    »Wenzel hat nicht nur die schwarzen Kutten adoptiert, sondern auch noch das Gerücht in die Welt gesetzt, dass es sieben schwarze Mönche gibt, die das Land unsicher machen?« Andrejs Gesicht hatte plötzlich rote Flecken auf den Wangen.
    »Wenn ich es richtig verstanden habe«, warf Cyprian ein, »machen die ›Sieben‹ das Land sicher . Oder die Leute sollen es jedenfalls glauben.«
    Der Torhüter nickte. »Wir haben nicht herausbekommen, was den Männern dort vorne genau passiert ist. Aber dass sie Wegelagerer waren, darauf wette ich meine Sandalen. Und ihr Anführer hat die ganze Zeit vom Elften Gebot gefaselt.«
    »Was für ein Elftes Gebot?«
    »Leg dich nicht mit den Schwarzen Mönchen an«, sagte der Torhüter unglücklich.
    Andrej warf die Hände in die Luft. »Ich fasse es nicht!«
    Der Torhüter öffnete das gegenüberliegende Seitenportal der Kirche und deutete in den Gang dahinter. »Bitte … hier geht es zum Refektorium. Lassen Sie uns dort reden. Wir werden Ihnen alles sagen, was wir wissen.«
    Andrej und Cyprian wechselten einen Blick, bevor sie dem Torhüter folgten. Ihnen beiden stand die gleiche Sorge ins Gesicht geschrieben. Wenzel mochte alles noch so umsichtig geplant haben, und Alexandra, Andreas und Melchior mochten noch so oft bewiesen haben, dass sie mit Schwierigkeiten fertig wurden – wenn sie sich in Gefahr begaben, waren sie wieder die Kinder, die an den Händen ihrer Väter ihre ersten Schritte getan hatten.
    Cyprian wusste, dass es ihm nicht gelungen war, die zweite Sorge, die ihn plagte, vor Andrej zu verbergen. Agnes war den Kindern in die Gefahr hinein gefolgt, und er fühlte sich hilflos und beklommen bei dem Gedanken, nicht da sein und sie mit seinem Leben beschützen zu können.

3. Buch
Wegkreuzungen
    Januar 1648
    Der Schmerz hat Grenzen, die Furcht hat keine.
Plinius, Epistulae

1.
    Das Sonnenlicht drang zwar nicht bis in den vertäfelten Raum, aber zu spüren war es dennoch, und wenn es nur im Lächeln Lýdies zu sehen war, die auf blickte, als Wenzel hereinkam. Vor einer Woche, am Dreikönigstag, hatten sie noch nicht gewusst, ob das Mädchen den nächsten Morgen erleben würde; jetzt – und als wolle der strahlende Sonnenschein dies unterstreichen – war sie über den

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