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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Rittmeister.«
    Die Männer nickten. Ein paar salutierten, darunter Alfred Alfredsson, dessen Haltung man als Vorbild für den exaktesten Salut der Welt hätte verwenden können.
    »Das wäre die Alternative gewesen«, sagte Ebba und wirkte zum ersten Mal erschüttert.
    »Wann geht’s los, Rittmeister?«
    »Wir sind bereit, Rittmeister!«
    »Kann ich die Schwanzhaare des Teufels behalten, Rittmeister?«
    »Kann ich seine Großmutter mit nach Hause nehmen und gegen meine Alte eintauschen, Rittmeister?«
    »Bist du verrückt? Das hat der Teufel nicht verdient!«
    »Ruhe, Männer«, rief Samuel. »Wir brechen beim ersten Tageslicht auf. Ebba hat uns Pferde besorgt und, wie ich annehme, auch den nötigen Proviant, um über die ersten Tage zu kommen. Ich nehme des Weiteren an, wir erhalten bis zum Auf bruch alle Informationen, die wir noch brauchen – zum Beispiel, in welche Richtung wir reiten müssen?«
    »Deine Annahmen sind alle richtig, Rittmeister«, sagte Ebba und stülpte sich den Hut auf den Kopf. »Bis auf die, dass ich hierbleibe und auf eure Rückkehr warte. Ich komme mit euch mit.«

11.
    Bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen Cyprian zusammen mit Andrej in Raigern gewesen war – dem Kloster, dem Wenzel von Langenfels als Propst vorstand –, war er das fünfte Rad am Wagen gewesen. Er hatte es schmunzelnd ertragen. Andrej war der Vater des Klosteroberen, und die Mönche fielen einander förmlich über die Füße in ihrem Bemühen, Andrej alle Wünsche von den Augen abzulesen. Da Andrej jemand war, der selten Wünsche hatte, bemühten sich die Mönche umso mehr, doch welche zu entdecken und dann zu erfüllen. Wenzel hatte sie nie daran gehindert; es war einer der vielen stummen Liebesbeweise, die der Sohn dem Vater zuteilwerden ließ. Andrej hatte mehr als einmal fürchten müssen, sein einziges Kind zu verlieren (einmal davon durch eigene Schuld), und so hatte er im Umkehrschluss niemals gegen den Eifer der Mönche Einspruch erhoben, in der stillen Überzeugung, dass er seinem Sohn damit einen Gefallen tat.
    Cyprian, der beider Motive in den ersten Minuten durchschaut hatte und davon gerührt war, hatte sich erst recht ausdem drolligen Tanz herausgehalten und sich stumm darüber gefreut, dass es den kräftigen Finanzspritzen der Firma Khlesl, Langenfels, Augustýn & Vlach zu verdanken war, dass das Kloster überhaupt durch die Kriegsjahre gekommen war.
    Nun blickte er aus dem Fenster des Wagens auf die langsam vorbeiziehende Reihe kahler Weiden und Erlen, die den Bach säumten, an dem entlang das letzte Stück des Weges von Brünn nach Raigern führte. Sie wirkten entrückt und unwirklich hinter dem Vorhang aus Schneeflimmern, das sie seit Tagesanbruch begleitete.
    »Ich habe den Heiligen Abend schon an einigen merkwürdigen Plätzen erlebt, aber noch nie in einer Kutsche«, sagte Andrej.
    Cyprian grinste, obwohl ihn etwas von draußen ablenkte. »Oder den Christtag«, sagte er.
    »Oder den Stefanitag«, sagte Andrej.
    Cyprian wandte sich vom Fenster ab. »Findest du, wir hätten zuerst noch in Prag vorbeifahren sollen? Es hätte uns zwei Tage gekostet.«
    »Ich weiß nicht«, seufzte Andrej. »Hätten wir?«
    »Wir haben’s nicht getan«, sagte Cyprian nach einer Weile. »Sich jetzt noch Gedanken darüber zu machen ist verschwendete Zeit. Vielleicht sind wir zum Dreikönigstag zu Hause. Und immerhin treffen wir hier ja einen Teil der Familie – Wenzel.«
    »Danke«, sagte Andrej. Cyprian zuckte mit den Schultern. Er fühlte sich bei Weitem weniger abgeklärt, als er tat. Er war hin- und hergerissen gewesen, als sie Eger verlassen hatten. Er und Andrej waren Mitte November nach Ingolstadt aufgebrochen, wo in den letzten Jahren unter der Führung von Dominik Augustýn, dem Sohn des ehemaligen Oberbuchhalters und langjährigen Partners der Firma Adam Augustýn, eine neue Faktorei entstanden war. AdamAugustýn war schon lange dahin; er hatte im selben Jahr wie Feldmarschall Wallenstein das irdische Jammertal verlassen, und sein letztes Wort war gewesen: Wenigstens habe ich es ein paar Wochen länger ausgehalten als der Schweinehund. Ingolstadt war wie fast alle Städte im Reich gezeichnet durch den Krieg: Gustav Adolf hatte die Stadt belagert, sie hatte Kriegsschäden, Landflucht, Hungersnöte und mehrere Seuchenausbrüche überstanden. Dominik Augustýn hatte sich kein leichtes Pflaster ausgesucht für seine ersten Schritte als Faktor des größten Prager Unternehmens, aber er hatte sich durchgebissen

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