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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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nicht!«, zischte sie. »Sag es nie! Denk es nie!«
    »Aber warum …?«
    »Weil es bedeuten würde, dass du mir die Verantwortung dafür gibst, dass dein Leben eine Lüge war! Oder die Verantwortung dafür, dass du eine Lüge daraus machst. Wie kannst du es wagen, mir das anzutun!«
    Sie drehte sich brüsk um und rannte aus der Zimmerflucht, die zu Lýdies Krankenlager führte. Wenzel stand da mit dem Gefühl, dass jemand soeben sein Innerstes herausgerissen hatte. Fassungslos machte er sich klar, dass Alexandra tatsächlich genau gewusst hatte, was er sagen wollte. Sie hatte es immer gewusst. Sie hatte es gewusst, bevor er es selbst wusste, das war die wahnwitzige Erkenntnis. Sag nur ein Wort (hatte er ihr zurufen wollen), sag nur ein Wort, und ich streife die Kutte ab, lasse mich von meinen Gelübden entbinden, trete aus dem Orden aus, kehre zurück in die Welt … für dich. Für dich allein. Sag nur ein Wort …
    Sie hatte ihm nicht erlaubt, es auszusprechen.
    Es war sein Geschenk an sie gewesen, und sie hatte es dieganze Zeit über gewusst und es zurückgewiesen, bevor er es ihr hatte geben können.
    Konnte man sich zu einem noch größeren Narren machen? Konnte man etwas noch Dümmeres tun, als zu hoffen wider alle Hoffnung?
    Langsam machte er sich auf den Weg hinaus, dann wurden seine Schritte immer schneller, und als er das letzte Zimmer erreichte, das hinaus auf den oberen Treppenabsatz führte, rannte er. Für den Augenblick gab es nichts Dringenderes, als aus diesem Haus zu fliehen.
    Halb die Treppe hinunter wurde er einer der Dienstmägde gewahr, die erschrocken zu ihm hochsah und sich dann zur Seite drückte. Wenzel riss sich zusammen.
    »Wo… wo finde ich den Hausherrn?«, fragte er.
    »In dem großen Raum im Erdgeschoss. Wo früher einmal das Kontor gewesen sein muss …«
    »Gut!« Wenzel nickte und stapfte an ihr vorbei. Beinahe zu spät fiel ihm ein, wer er war. Er blieb stehen und wandte sich zu ihr um. »Der Herr segne dich, meine Tochter.«
    Die Magd bekreuzigte sich und schlug die Augen nieder. »Dank sei Jesus Christus.«
    »Amen.«
    Wenzel hörte die Stimmen in dem großen, kahlen Raum, aber er war so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass er, ohne zu zögern, eintrat. Das Gespräch verstummte, und er erkannte, dass er gestört hatte. Andreas und Melchior Khlesl standen sich gegenüber, näher, als man es bei einer gewöhnlichen Unterhaltung zu tun pflegte. Nach und nach wurde ihm klar, dass das Lächeln, das beide aufsetzten, als sie ihn erkannten, falsch war und dass Andreas’ Gesicht rot und geschwollen und Melchiors ganze Haltung verspannt wirkte. Auf den ersten Blick erweckte es den Anschein, als wären sie so erhitzt, weil sie den großen Haufen vermodernder Schreibpulte und Flechtwände in der hinteren Hälfte des Raums zusammengetragenhatten, aber Wenzel ahnte, dass die Hitze von etwas anderem kam. Röte kroch in seine Wangen.
    »Oh«, sagte er verlegen, »oh … entschuldigt. Ich wollte mich nur …«
    Andreas schritt um seinen jüngeren Bruder herum und streckte die Hand aus. Seine Stimme schepperte vor Leutseligkeit. »Ehrwürdiger Vater, es tut mir leid, dass du schon abreisen willst.«
    »Nur die Mönche nennen mich ehrwürdiger Vater«, seufzte Wenzel.
    »Entschuldige, Vetter – das ist der Respekt vor dem Habit.«
    »Das ist das Beharrungsvermögen eines Zugochsen«, murmelte Melchior.
    Andreas fuhr herum, dann klopfte er seinem Bruder mit fahrigen Bewegungen auf die Schulter. »Hahaha! Bruderherz! So was darfst nur du ungestraft zu mir sagen!« Er grinste, als gäbe es Geld dafür.
    Wenzel trat vor und umarmte ihn, und es brachte Andreas so aus dem Gleichgewicht, dass selbst die Röte aus seinem Gesicht wich.
    »Pass auf dich und die deinen auf, Andreas. Alexandra hat Lýdie gerettet – bring sie und alle anderen gut nach Hause.«
    »Das brauchst du mir nicht zu sagen, Vetter. Hahaha!« Es klang noch aggressiver als Melchiors Gemurmel. »Gott weiß, dass du es gut damit gemeint hast, hierherzukommen. Ich bedauere, dass du nicht wirklich etwas tun konntest. Ich hoffe, du nimmst es uns nicht übel.«
    »Hab ich gern getan«, sagte Wenzel und wusste, dass sein eigenes Lächeln plötzlich hölzern geworden war.
    Melchior umarmte ihn, bevor Wenzel es tun konnte. »Ich sehe dich in Raigern«, sagte er leise.
    »Aber du begleitest Andreas und seine Familie doch nach Prag, oder?«
    »Natürlich. Ich dachte nur … dass wir uns dann irgendwann in Raigern sehen.«
    »Sicher«,

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