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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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sagte Wenzel.
    Andreas sah ihn erwartungsvoll an, faltete die Hände und senkte den Kopf. Für den älteren Sohn des Hauses Khlesl war es eine fast subtile Aufforderung, endlich Abschied zu nehmen.
    »Der Herr segne dieses Haus und alle, die darin wohnen. Herr, sieh voller Wohlwollen auf sie herab. Es sind gute Menschen«, murmelte Wenzel. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass Melchior die Fäuste ballte, anstatt die Hände so wie sein Bruder zu falten.
    »Danke«, sagte Andreas. »Leb wohl, Vetterherz. Ich freue mich auf ein Wiedersehen.«
    Wenzel nickte und lächelte. Er ging hinaus, zog die Tür hinter sich zu, marschierte mit knallenden Stiefeln zum Hausportal, dann schlich er auf Zehenspitzen wieder zurück und drückte sich neben der Tür zum Kontor an die Mauer. Er konnte jedes Wort verstehen, das darin gesprochen wurde.

2.
    »Du bist ein Arschloch«, sagte Melchior.
    »Aus dem Mund von so jemandem wie dir betrachte ich das als Kompliment«, erwiderte Andreas.
    Melchior schnaubte. »Gerade eben sah es noch so aus, als wolltest du mir wegen dieses Kompliments an den Kragen. Wenn Wenzel nicht reingekommen wäre …«
    »Du verwechselst mich mit dir. Du bist doch derjenige, der immer zuerst handelt und dann nachdenkt. Wenn ich gewollt hätte, dass du und unser Kutten tragender Vetter nach Würzburg kommt, dann hätte ich euch schon herbefohlen.«
    »Oh«, machte Melchior. »›Herbefohlen‹. Eine einfache Bitte hätt’s auch getan.«
    »Und hab ich drum gebeten, verdammt noch mal? Drei Wochen lang hab ich jetzt sieben Mönche durchgefüttert, und die Kerle haben gefressen wie die Heuschrecken.«
    »Vergiss nicht, dass du auch noch ganz unbefohlenerweise deinen kleinen Bruder mit durchgefüttert hast.«
    »Man könnte es fast vergessen, zumal es ja etwas ganz Alltägliches ist.«
    »Was ist ganz alltäglich?«
    »Dass ich dir den Hintern auswischen muss!«
    »Na prima«, sagte Melchior. »Jetzt geht das wieder los.«
    »Hab ich vielleicht nicht recht? Wo warst du denn, als Adam Augustýn mitten in dem Chaos um unseren Handelsvertreter in Amsterdam starb, der Firmenurkunden fälschte, damit er sich am Spekulationswahn um die verdammten Tulpenzwiebeln beteiligen konnte? Und wer hatte die Nase, davon abzuraten, sich an den Spekulationen zu beteiligen, als der alte Vilém selbst davon angesteckt wurde und Vater und Onkel Andrej verzweifelt bat, sich einzukaufen? Drei Jahre später – PUFF! –, die Blase platzte, und wir wären alle ohne Hosen dagestanden, wenn wir da mitgemacht hätten. Hast du dir die Nächte mit den Berichten über den Wahnsinn um die Ohren geschlagen und dir wochenlang anhören müssen, du hättest leichtfertig ein ganzes Vermögen abgelehnt, als die Preise sich kurzfristig verfünfzigfachten und man ein ganzes Haus in Amsterdam für drei Zwiebeln kaufen konnte? Und als wir uns ein paar Jahre zuvor fast damit ruinierten, unseren Handelsagenten hier in Würzburg samt seiner Familie zu retten, während die Wahnsinnigen jede Woche ein halbes Dutzend Menschen auf die Scheiterhaufen zerrten? Wer hat da mit dem Bistum über die Bestechungssumme verhandelt, obwohl er fast gekotzt hätte beim Gedanken, dem Teufel von Fürstbischof damit seinen Kreuzzug weiter zu finanzieren?«
    »Du brauchst mich nicht daran zu erinnern; ich war derjenige, der die Leute bei Nacht und Nebel aus Würzburg rausgebracht und nach Prag eskortiert hat.«
    Sie starrten sich an, plötzlich bereit, den Konflikt dort wieder aufzunehmen, wo er vor Wenzels Abschied gewesen war, nämlich kurz vor Tätlichkeiten. Andreas räusperte sich.
    »Ja, du hast sie rausgebracht. Hätte es was genützt, wenn ich nicht zuvor verhandelt hätte wie verrückt? Oh ja, ich weiß schon – Papa hat gegrinst wie ein Schaukelpferd, als du mit den Flüchtlingen in Prag eingetroffen bist, Alexandra hat dir Rotz und Wasser aufs Hemd geheult vor Freude, dass du nicht mal einen Kratzer abbekommen hattest, und Mama hat öffentlich gesagt, dass sie dich bei der nächsten Gelegenheit begleiten würde, weil man außer mit Papa nur mit dir ganz sichere Abenteuer erleben könnte!«
    »Sie haben alle gesagt, dass es nur deinen Bemühungen zu verdanken war, dass ich Erfolg hatte.«
    »Ja, verdammt. Aber auf die Schulter geklopft und vollgeheult vor Freude haben sie dich!«
    »Jetzt hör mal, Andreas …«
    »Nein, du hörst zu, Melchior. Glaubst du, ich hatte eine Wahl? Hätte ich zu Papa sagen sollen: ›Steck dir die Firma irgendwohin, ich habe keine Lust, mein

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